Gründerstolz zahlt sich aus: Wenn eine Firma so heißt wie ihr Gründer, macht sie mehr Gewinn. Warum ist das so?
Die ersten Fahrzeuge des japanischen Autobauers Toyota trugen nicht den Namen Toyota. Sie hießen nach der Gründerfamilie Toyoda. Das Firmenlogo und auch der Name wurden aber schon 1937 geändert. Der offiziellen Unternehmensgeschichte folgend, geschah das, weil der Name Toyota im Japanischen mit acht Strichen geschrieben wird, was Glück und Wohlstand verheißt. Mindestens ebenso wichtig war wohl, dass Toyota für japanische Ohren angenehmer und klarer klingt als das originäre Toyoda.
Im Jahr 2008 gab ein anderes berühmtes japanisches Unternehmen den Namen des Gründers, Konosuke Matsushita, auf. Aus Matsushita Electric wurde Panasonic. Das Unternehmen erklärte die Umbenennung damit, dass man unter dem schon eingeführten Markennamen Panasonic den globalen Markt besser bearbeiten könne. Den in Japan sehr bekannten Namen Matsushita aber kannte im Ausland so gut wie niemand. Die Aufgabe des Gründernamens hat beiden Unternehmen nicht geschadet. International gehören sie zu den erfolgreichen japanischen Exporten.
Unternehmen, die nach ihrem Eigentümer oder Gründer benannt sind, gibt es überall. Porsche, Siemens & Halske, Procter & Gamble, Dow Chemical, Hewlett-Packard, Hilton oder Bloomberg fallen einem sofort ein – und nicht zuletzt das Immobilienimperium von Donald Trump. Doch sind solche Unternehmen relativ selten. Drei amerikanische Ökonomen haben eine Datenbank von mehr als 1,8 Millionen europäischen Unternehmen in den Jahren von 2001 bis 2012 untersucht. Gerade mal 19 Prozent davon waren nach dem Unternehmer benannt, der Rest hatte Kunstnamen.
Das überrascht. Denn der Familienname als Firmenname kann einen Wert besitzen, der sich als höherer Gewinn niederschlägt. Die Wirtschaftswissenschaftler Sharon Belenzon, Aarin Chatterji und Brendan Daley zeigen in ihrer Untersuchung, dass Unternehmen, die nach dem Besitzer benannt sind, erfolgreicher sind als Unternehmen mit Kunstnamen. Im Durchschnitt erwirtschaften sie einen Ertrag auf das Vermögen, der 3 Prozentpunkte höher ist als bei den Kunstnamenunternehmen. Die breite Datenbasis lässt vermuten, dass es nicht ganz falsch ist, einen Ertragsbonus für Unternehmen mit Unternehmernamen zu vermuten.
Wie lässt sich das erklären? Ein Unternehmen auf den Namen des Gründers oder Eigentümers zu taufen bedeutet, dass Unternehmer und Unternehmen eine besonders enge Beziehung eingehen. Das kann eine Belastung sein, die nicht jeder wünscht. „Ich wollte nicht, dass irgendjemand mir vorschreiben kann, wie ich meine Zeit verbringe. Ich wollte meine Freiheit“, begründete der erfolgreiche Unternehmensberater Marvin Bower, warum er nach dem Tod von James McKinsey den Firmennamen McKinsey & Co. beibehielt und seinen eigenen Namen nicht zum Firmennamen machte.
Die enge Verbindung von Namen und Unternehmen hat auch direkte wirtschaftliche Auswirkungen. Ein Erfolg des Unternehmens fällt positiv auf den Gründer zurück, ebenso wie ein Misserfolg seine berufliche Karriere dauerhaft schädigen kann. Für manche Unternehmer kann das Grund genug sein, um für ihre Unternehmen Kunstnamen zu wählen. „Es gab einige Sorgen, dass wir versagen könnten, vielleicht spektakulär, und wir dachten, dass leichter damit zu leben wäre, falls unsere Namen nicht auf dem Unternehmensschild stünden“, wird Aubrey McClendon zitiert, ein Mitbegründer des erfolgreichen amerikanischen Öl- und Gasunternehmens Chesapeake Energy.
Solche Überlegungen legen für Ökonomen nahe, dass selbstbewusste Unternehmer mit besonderen Qualitäten den familiären Firmennamen nutzen, um sich und ihre Künste zu vermarkten. Eher schüchterne Unternehmer mit durchschnittlichen Qualitäten verstecken sich dagegen öfter hinter den Kunstnamen, die sie ihren Unternehmen geben. Der Firmenname wirkt so als Signal für Qualität, die sich mutmaßlich in unternehmerischem Erfolg und in höheren Erträgen niederschlägt, vermuten die drei Ökonomen. Spieltheoretisch lässt sich das in Formeln zeigen, und die Zahlen der Datenbank scheinen den Forschern recht zu geben.
Auffällig ist, dass Unternehmer mit seltenen Namen ihren Unternehmen seltener den Familiennamen geben und häufiger Kunstnamen wählen. Auch das stützt die theoretische Vermutung: Versagt das Unternehmen Müller, bleibt der Malus weniger an Herrn Müller hängen, als es Herrn Hotzenplotz betrifft, wenn das Unternehmen Hotzenplotz versagt. Damit hat Hotzenplotz einen starken Anreiz, für sein Unternehmen einen Kunstnamen zu wählen. Im Umkehrschluss gilt: Weiß Gründer Hotzenplotz, dass er besonders gut ist, dann zahlt sich das für die Firma Hotzenplotz stärker aus als für ein Unternehmen mit einem Allerweltsnamen.
Der Gründername wirkt als Signal, um den Kunden Vertrauen in die Qualität der gebotenen Leistung zu geben. Wer seinen eigenen Namen aufs Spiel setzt, der muss sich seiner Sache besonders sicher sein. Wird er sich deshalb besonders anstrengen, wie es andere Untersuchungen zu Gründernamen vermuten lassen? Die drei Ökonomen von der Duke-Universität finden keine Hinweise, dass Unternehmer, die ihren Unternehmen ihre eigenen Namen geben, mehr arbeiten oder anders managen als andere.
Der Reputationseffekt des Gründernamens ist gerade für junge Unternehmer wichtig, die noch einen Kundenstamm aufbauen müssen. Je älter ein Unternehmen ist, desto mehr kann es durch tatsächlich gebotene Qualität überzeugen, desto weniger bedarf es der Signalwirkung des Gründernamens. Auch das deutet sich in der Datenauswertung an. Der Reputationseffekt des Gründernamens wird demnach im Zeitlauf schwächer. Das mag erklären, warum Matsushita Electric nach 90 Jahren keine Schwierigkeiten darin sah, zum neuen Namen Panasonic zu wechseln – zumal nur noch ein Gründerenkel im Vorstand saß.
Die Kehrseite eines Gründernamens zeigt sich für ein Unternehmen, wenn der Gründer in persönliche Schwierigkeiten gerät. Dann wird es zum Vorteil, wenn der Gründer einen Kunstnamen gewählt hat. Der zitierte Aubrey McClendon von Chesapeake Energy war einer der erfolgreichsten Unternehmer des Fracking-Booms in den Vereinigten Staaten, zugleich einer der umstrittensten. 2016 starb er am Tag nach einer kartellrechtlichen Anklage wegen vermuteter Preisabsprachen bei einem Verkehrsunfall. Möglicherweise fuhr er in den Freitod. Das Unternehmen, das mit dem Mitgründer ohnehin schon gebrochen hatte, durfte sich glücklich schätzen, dass ihr Gründer 1989 einen Kunstnamen für sein Unternehmen gewählt hatte.
Dieser Text erschien am 25. Juni als „Sonntagsökonom” in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
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