Schwarzmaler sagen den Untergang der Banken als Folge der aktuellen Geldpolitik voraus. Doch in Dänemark und in Schweden, wo es schon länger Negativzinsen gibt als in der Eurozone, sind die Banken bisher sehr gut damit zurecht gekommen – auch wenn Risiken bestehen.
In der kommenden Woche werden die Deutsche Bundesbank und die Aufsichtsbehörde Bafin eine Analyse der deutschen Banken und Sparkassen vorstellen, in der unter anderem die “Widerstandsfähigkeit im Niedrigzinsumfeld” behandelt wird. Kurz zuvor hat die Europäische Zentralbank (EZB) eine Studie zur Entwicklung der Banken in Schweden und Dänemark vorgestellt – zwei Länder, in denen es länger als in Deutschland negative Zinsen gibt und in denen die Negativzinsen ausgeprägter sind als in der Eurozone. Das Ergebnis lautet: Die Negativzinsen gehen mit Risiken einher – aber zumindest bisher haben die Banken in den beiden nordeuropäischen Ländern weitaus besser abgeschnitten als befürchtet. So ist es ihnen gelungen, ihre Gewinne in dem schwierigen Zinsumfeld zu steigern.
Dänemark war das erste Land, in dem eine Notenbank zum Instrument des Negativzinses griff. Dies geschah bereits im Jahre 2012, und vorübergehend erreichte der Leitzins einen Stand von minus 0,75 Prozent. Derzeit beträgt er minus 0,65 Prozent. Anlass für die Negativzinsen war eine Schwäche des Euros gegenüber der dänischen Krone, denn das vorrangige Ziel der dänischen Geldpolitik ist seit vielen Jahren die Stabilisierung des Wechselkurses.
In Schweden hatte die dortige Notenbank einen negativen Leitzins im Februar 2015 eingeführt. Seit längerer Zeit beträgt er minus 0,60 Prozent, und obgleich die schwedische Wirtschaft gut läuft, dürfte die Notenbank ihren Zins so bald nicht erhöhen, da sie fürchtet, ihr Ziel einer Inflationsrate von nachhaltig 2 Prozent mit einer vorzeitigen Straffung der Geldpolitik aus den Augen zu verlieren. In den beiden nordeuropäischen Ländern werden daher die Banken noch länger mit einem negativen Leitzins leben müssen. Interessant ist, dass es bis heute keinen Versuch der Banken gegeben hat, flächendeckend den Negativzins der Notenbank an ihre Kunden weiterzugeben. Diese Erfahrung ist ein Grund, warum auch in der deutschen Kreditwirtschaft ein flächendeckender Negativzins für Privatkunden als unwahrscheinlich gilt.
Die Rentabilität der Banken in Schweden und Dänemark hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Nimmt man den Vorsteuergewinn aus dem laufenden Geschäft im Verhältnis zur Bilanzsumme als Maßstab ergibt sich für den Zeitraum von 2008 bis 2016 in Schweden ein Anstieg von 0,6 auf 0,9 Prozent. In Dänemark wurden aus minus 0,2 Prozent im gleichen Zeitraum 0,7 Prozent. Die Ursachen der Verbesserung sind allerdings unterschiedlich: In Schweden ist es den Banken vor allem gelungen, ihre Erträge zu steigern, während die Verbesserung der Rentabilität in Dänemark vor allem auf einen Rückgang der Kosten zurückgeht.
Die Ertragskraft der schwedischen Banken hat in den vergangenen Jahren sowohl von einer Stabilisierung der Zinsmarge trotz des schwierigen Umfelds sowie von Kursgewinnen auf Anleihen profitiert, zu deren Entstehung das Anleihekaufprogramm der Notenbank fraglos beigetragen hat. In Dänemark reduzierten die Banken ihre Betriebsausgaben; gleichzeitig profitierten sie von einem Rückgang der Wertberichtigungen auf Immobilienkredite.
Auch wenn in beiden Ländern die Gebühreneinnahmen spürbar zugelegt haben, bleibt das Zinsgeschäft dominierend. Es trug mehr als 70 Prozent zum Gewinn der dänischen Banken und rund 60 Prozent zum Gewinn der Banken in Schweden bei. In beiden Ländern haben sich die Zinsmargen – das ist die Differenz zwischen Kredit- und Einlagenzinsen – in den vergangenen Jahren kaum verändert, während der Umfang des Geschäfts als Folge des Wachstums der Wirtschaft zugelegt hat. Manche Befürchtungen, sehr niedrige Zinsen würden die Banken in der Kreditvergabe hemmen, haben sich nicht bestätigt. Im Unterschied zu Deutschland spielen die Kundeneinlagen eine geringere Rolle für die Refinanzierung der Banken, die in Nordeuropa dafür einen größeren Teil ihrer Mittel durch die Ausgabe eigener Wertpapiere und durch Kredite von anderen Banken beschaffen. Die im internationalen Vergleich sehr gute Ausstattung der nordischen Banken mit Eigenkapital gestattet es ihnen, sich die benötigten Gelder zu günstigen Konditionen zu beschaffen.
Negativzinsen bringen Banken offenbar nicht um, aber ohne Nebenwirkungen sind sie nicht zu haben. Dies gilt erst recht, wenn ein beachtlicher Teil der von den Banken zu niedrigen Zinsen vergebenen Kredite in den Immobilienmarkt fließt. In Schweden warnte die Notenbank vor einiger Zeit vor der mit 180 Prozent der Wirtschaftsleistung sehr hohen privaten Verschuldung, die mit längerfristigen Risiken für das Wirtschaftswachstum und die Rentabilität der Banken einhergehe. Den Banken wurde vorgeschrieben, ihre Eigenkapitalausstattung zu verbessern. In Dänemark warnt die Notenbank vor der Gefahr einer Spekulationsblase am Immobilienmarkt. Ab dem Jahre 2018 werden auch hier die Banken stärker unter Kontrolle genommen.
Die Studie aus der EZB ist nicht die erste Arbeit, die sich mit den Folgen der Negativzinsen in Nordeuropa befasst. Wir hatten vor ein paar Monaten in der F.A.Z. eine andere Arbeit über die Erfahrungen aus Dänemark vorgestellt, die zu ähnlichen Schlussfolgerungen gelangte. Eine weitere Studie wurde von der Oesterreichischen Nationalbank veröffentlicht.