“Das wirtschaftliche Wachstumspotential in den Industrienationen wird gedämpft bleiben”, heißt es in einer neuen Arbeit des britischen Analysehauses Oxford Economics. Warum? “Eine Rückkehr zu den hohen Zuwachsraten der Investitionen vor der Krise erscheint in den Industrienationen aus strukturellen Gründen unwahrscheinlich.” Daher werde auch die Produktivität in absehbarer Zeit nicht spürbar zunehmen.
Wir bieten heute zwei Grafiken mit kurzen Erläuterungen.
Die erste Grafik zeigt den Anteil der Unternehmensinvestitionen (ohne Wohnungsbau) am Bruttoinlandsprodukt in fünf großen Volkswirtschaften. Der Anteil der Investitionen am BIP ist zwar so hoch wie zuletzt im Jahre 1999. Das ist schön. Weniger schön ist, dass derzeit trotz eines Konjunkturaufschwungs dieser Anteil kaum wächst.
Hierfür spielen offenbar säkulare Trends wie die digitale Revolution, der Wandel von Industrie- zu Dienstleistungsgesellschaften sowie die Demografie eine Rolle. Die Globalisierung dürfte zudem die Verlagerung von Sachinvestitionen aus den Industrienationen in die Schwellenländer begünstigt haben. Diese Trends schlagen sich in zwei gegenläufigen Bewegungen nieder:
- Erstens ist der Preis für Investitionsgüter in den vergangenen 25 Jahren deutlich gefallen. Das heißt, die Unternehmen müssen für eine Sachinvestition heute erheblich weniger Geld ausgeben als vor 25 Jahren. Insofern würden sich, wenn man nur diesen Effekt betrachtet, hinter konstanten Ausgaben für Investitionen heute sehr viel mehr Sachgüter verbergen als vor 25 Jahren. Das ist ein Vorteil des technischen Wandels.
- Aber es gibt auch einen gegenläufigen Effekt: Der technische Wandel macht viele alte Produktionsverfahren obsolet. Das führt dazu, dass ein immer größerer Teil der Sachinvestitionen auf die Unterhaltung/Modernisierung (In der Grafik: “Maintenance”) der vorhandenen Investitionsgüter entfällt – mit anderen Worten: Die Abschreibungen sind gewaltig. Darüber hinaus gehende Erweiterungen des Kapitalbestands durch Nettoinvestitionen sind im langfristigen Trend rückläufig: Nach Schätzungen von Oxford Economics betrugen die Nettoinvestitionen im Vergleich zum BIP in den neunziger Jahre rund 6 Prozent. Bis 2007 fiel der Anteil auf 3,6 Prozent und nach 2008 kommt man auf einen Anteil von 1,6 Prozent.
In alten Lehrbüchern steht, dass Unternehmen netto investieren und private Haushalte netto sparen. Die Aussage ist für die Unternehmen insgesamt schon seit Jahren nicht mehr wahr: Auch sie sparen insgesamt netto, auch wenn dies nicht für jedes einzelne Land gilt.
- Offensichtlich ziehen es viele Unternehmen vor, einbehaltene Gewinne in Form von Geld oder Wertpapieren zu halten, anstatt in Sachkapital zu investieren.
- Und ist es ein Zufall, dass ausgerechnet in den Ländern mit der stärksten Alterung der Gesellschaften, in Deutschland und in Japan, die Unternehmen überdurchschnittlich viel sparen und wenig investieren?
Wer wissen will, warum seit Jahren das Zinsniveau in den Industrienationen ungewöhnlich niedrig ist, findet im Spar- und Investitionsverhalten der Unternehmen eine Antwort.