Die Fondsgesellschaft DWS äußert sich seit ihrem Börsengang prononcierter als früher. In ihren Fokus geraten aktuell Zeitgenossen, die sich nach ihrer Ansicht zu undifferenziert über die Euro-Peripherie äußern. Die DWS nennt keine Namen, aber nicht zuletzt dürfte Hans-Werner Sinn gemeint sein.
Die DWS, die seit wenigen Monaten börsennotierte Tochtergesellschaft der Deutschen Bank, unterhält eine interessante, über das Internet verbreitete Rubrik: den Chart der Woche. Darin stellt die DWS einen Chart vor, den sie mit einem kurzen Text versieht.
- Am 24. Mai veröffentlichte die DWS einen Chart, der die Renditedifferenz zwischen zehnjährigen italienischen und spanischen Staatsanleihen in den vergangenen Jahren zeigt. Zunächst rentierten die spanischen Anleihen deutlich höher, weil Spanien wegen seines Immobilienmarktes stärker von der Euro-Krise erfasst wurde. Seitdem hat sich das Verhältnis umgekehrt: Spanische Renditen rentieren – mittlerweile signifikant – niedriger als italienische Papiere. Die DWS bemerkt dazu: “Ein Blick in die Statistiken des Internationalen Währungsfonds zeigt, dass das italienische Bruttoinlandsprodukt zwischen 2013 und 2017 um 3,4 Prozent gewachsen ist, also um 0,8 Prozent pro Jahr. In Spanien hingegen um 11,6 Prozent, was einer Jahresrate von 2,8 Prozent entspricht. Im selben Zeitraum konnte Spanien sein Budgetdefizit um 4,5 Prozent reduzieren, im Falle Italiens waren es 1,4 Prozent. Spanische Renditen, die seit dem Jahr 2017 unterhalb ihrer italienischen Pendants handeln, zeigen, wie die Finanzmärkte die bessere Entwicklung in Spanien honorieren.” Diese Schilderung garniert die DWS mit einem heftigen Seitenhieb: “Noch vor fünf Jahren pflegte man alle Länder der europäischen Peripherie in einen Topf zu werfen. Zynische Kommentatoren ließen sich sogar eine wenig schmeichelhafte Abkürzung einfallen, wenn sie über Portugal, Italien, Irland, Griechenland und Spanien sprachen. Am Verlauf der Renditen kann man seither schön beobachten, dass Märkte sehr wohl differenzieren und positive wirtschaftliche Entwicklung belohnen.” Die “zynischen Kommentatoren” werden nicht namentlich benannt, aber es ist kein Geheimnis, dass Hans-Werner Sinn zur Verbreitung der Bezeichnungen “GIPS” und “GIIPS” wesentlich beigetragen hat. So findet sich die über den Kamm scherende Bezeichnung “GIPS” bereits in einem der allerersten Beiträge Sinns über das Thema Target 2 aus dem Frühjahr 2011. “GIPS” bezeichnete Griechenland, Irland, Portugal und Spanien – später kam Italien hinzu und so entstand “GIIPS”.
- Am 8. Juni legte die DWS nach mit einem Beitrag unter der Überschrift “Um Italiens Wettbewerbsfähigkeit ist es gar nicht schlecht bestellt. Italien ist spitze, in mancher Hinsicht”. Hierin betrachtet die DWS die Wettbewerbsfähigkeit Italiens anhand des bekannten “Doing Business-Reports” der Weltbank, in dem Italien aktuell auf Rang 46 von 190 Ländern liegt. “Kein besonders guter Wert, aber auch kein Grund zur Panik”, kommentiert die DWS, die anschließend Stärken und Schwächen der italienischen Wirtschaft einzeln benennt. Dann folgt der nächste Seitenhieb. Mit Verweis auf die Stärken der italienischen Wirtschaft findet es die DWS “auch nicht verwunderlich, dass Italien in den vergangenen zwölf Monaten einen Leistungsbilanzüberschuss von über 45 Milliarden Euro erzielen konnte.” Daran schließt sich die Spitze an: “Die diversen Schwarzseher, die gerne auf Italiens mangelnder externer Wettbewerbsfähigkeit herumhacken, sollten vielleicht mal wieder die F9-Taste am Computer betätigen, um ihre Berechnungen zu aktualisieren.”Die “diversen Schwarzseher” werden nicht benannt, aber es ist vielleicht mehr als eine Koinzidenz, dass dieser Seitenhieb kurz nach einer neuen Arbeit Sinns erschien, in der dieser zwar die südeuropäischen Länder nicht mehr über einen Kamm schert, sich aber sehr negativ über die Wettbewerbsfähigkeit Italiens äußert. Kurz danach erklärte er einen Euro-Ausstieg Italiens für eine realistische Option.
Wir nutzen die Gelegenheit und verweisen auf zwei FAZIT-Beiträge in den vergangenen Wochen, in denen wir versucht haben, uns differenziert mit der wirtschaftlichen Situation Italiens zu befassen: “Der Norden wird zu Italiens Problem” und “Deutschland und Italien: Das Wirtschaftswachstum”. ” Wir würden ergänzen, dass sich konträre Debatten über die Wettbewerbsfähigkeit von Ländern zum Teil mit der Verwendung unterschiedlicher Indikatoren erklären lassen. Und zum Dritten sei daran erinnert, dass der Nobelpreisträger Paul Krugman schon vor einem Vierteljahrhundert davor gewarnt hat, den Begriff Wettbewerbsfähigkeit auf Länder anzuwenden – in der Regel konkurrieren auf Märkten Unternehmen miteinander und nicht Staaten.