Ende Mai betrugen die Forderungen der Deutschen Bundesbank im Target-2-Zahlungsystem 956 Milliarden Euro. Wahrscheinlich wird dieser Bestand in den kommenden Monaten weiter steigen und die Marke von 1000 Milliarden Euro übersteigen. Dafür dürfte das Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) sorgen, das seit mehr als drei Jahren ein wesentlicher Grund für den Anstieg der Forderungen der Bundesbank bildet.
Target ist ein elektronisches System, mit dem die Zentralbanken aus dem Eurosystem, darunter die EZB, die Deutsche Bundesbank, die Banca d’Italia oder die Nederlandsche Bank grenzüberschreitende Überweisungen in der Eurozone abwickeln. Damit sorgen sie dafür, dass Banken, Unternehmen und Privatpersonen Güter-, Kredit- und Wertpapiergeschäfte schnell und zuverlässig in der gesamten Eurozone abwickeln können. Nach Angaben der Bundesbank werden im Laufe eines Jahres über Target 2 annähernd 90 Millionen Zahlungen im Gegenwert von 450 Billionen Euro abgewickelt. Verrechnet werden diese Zahlungen über Konten, die von den nationalen Zentralbanken bei der EZB geführt werden.
Bis zur Finanzkrise waren die Konten der nationalen Zentralbanken bei der EZB nahezu ausgeglichen. Mit der expansiven Geldpolitik nach der Finanzkrise und der damit verbundenen Schaffung neuen Geldes entstanden in den Jahren 2008 bis 2012 hohe Salden – erheblichen Forderungen der Deutschen Bundesbank sowie der Nederlandsche Bank und der Zentralbank von Luxemburg standen hohe Defizite vor allem der Banca d’Italia und der Banca D’España entgegen. Allgemein ausgedrückt, entstehen solche Salden, wenn die Schaffung und die Verwendung von bei der Zentralbank gehaltenem Geld regional auseinanderfallen.
Diese hohen Salden führten zu einer lebhaften Diskussion in Deutschland über ihre Entstehung und ihre Dauerhaftigkeit. Im Nachhinein zeigen empirische Arbeiten, dass seinerzeit mit dem Ausbruch der Euro-Krise vor allem, wenn auch nicht ausschließlich, erhebliche Kapitalflucht aus Südeuropa in den Norden der Währungsunion die Salden im Target-2-System getrieben hatte. So war es nicht erstaunlich, dass nach Mario Draghis berühmter Londoner Rede im Jahr 2012, in der er ankündigte, die EZB werde alles in ihrem Mandat Stehende tun, um den Euro zu erhalten (“whatever it takes”), die Target-2-Salden mit der nachfolgenden Beruhigung an den Finanzmärkten ein Stück weit zurückgingen.
Seit Anfang 2015 steigen die Salden wieder, und es dürfte kein Zufall sein, dass dieser Anstieg mit dem im März 2015 initiierten Anleihekaufprogramm der EZB zusammenfällt. Ein ähnlicher Zusammenhang ist seit Jahren aus Amerika bekannt. Auch dort existiert ein nationales, von den regionalen Distriktbanken der Federal Reserve (Fed) getragenes Zahlungssystem. Die wichtigste Distriktbank ist die Federal Reserve Bank of New York. Ihr Saldo zeigt zwischen 2008 und 2014, als die Fed drei Anleihekaufprogramme durchführte, in der Tendenz einen spürbaren Anstieg ihres Saldos. Die amerikanischen Salden sind nicht so hoch wie die Eurosalden, da einmal jährlich ein Ausgleich zwischen den regionalen Distriktbanken stattfindet, für den es in der Eurozone kein Pendant gibt. Aber der Ausgleich verhindert nicht, dass sich seit Beginn der expansiven Geldpolitik auch in den Vereinigten Staaten immer wieder beachtliche Salden gebildet haben.
Damit ist nicht gesagt, dass die Target-2-Salden in der Eurozone alleine von Anleihekäufen bestimmt werden. Es kursieren Gerüchte über Kapitalflucht aus Italien seit der Installierung der neuen Regierung. Unter Kapitalflucht wird üblicherweise die Verlagerung von Bankguthaben ins Ausland verstanden. Aber die Statistiken der Banca d’Italia über Bankeinlagen von Unternehmen und Privatpersonen können derzeit keine Hinweise auf eine eventuelle aktuelle Kapitalflucht liefern, da die neuesten Daten aus dem April stammen. In Notenbankkreisen ist zu hören, man habe aktuell keine Informationen über eine bedeutende Kapitalflucht aus Italien und in einer aktuellen Analyse gelangt auch die französische Investmentbank Natixis zu diesem Schluss. Was man seit Beginn des Anleihekaufprogramms beobachten kann, ist eine stärkere Internationalisierung in der Anlagepolitik von Großanlegern. So haben italienische Großanleger, die im Rahmen des Anleihekaufprogramms Papiere an die Banca d’Italia verkauft haben, einen Teil ihres Geldes in anderen europäischen Ländern investiert. Aber erstens läuft dieser Prozess seit mehr als zwei Jahren und zweitens wird auf ihn üblicherweise nicht der Begriff Kapitalflucht angewendet.
Für die Eurozone lässt sich seit 2015 ein bemerkenswert stabiler Zusammenhang feststellen: Mit jeder Milliarde Euro Anleihekäufe im Rahmen des EZB-Programms steigen die Salden im Target-2-System um rund 300 Millionen Euro, von denen rund 200 Millionen Euro auf die Bundesbank entfallen. Dies erklärt sich aus der traditionell führenden Rolle Frankfurts als kontinentaleuropäischem Finanzplatz für Finanzgeschäfte aus anderen Teilen der Welt. Im Rahmen des Anleihekaufprogramms werden Anleihen aus allen Eurostaaten mit Ausnahme Griechenlands erworben.
Alle italienischen Anleihen werden von der Banca d’Italia erworben. Die Bundesbank kauft ausschließlich Bundesanleihen, aber viele aus der Eurozone stammenden Banken, die der Banca d’Italia Anleihen verkaufen, haben in der Eurozone ein Bankkonto in Frankfurt. Das heißt, in Italien entsteht durch den Anleihekauf neues Geld, das aber von den Anleihe verkaufenden Banken in Frankfurt auf Konten bei der Bundesbank gehalten wird. Verrechnet wird dies durch das Zahlungsverkehrssystem Target 2, in dem die Forderungen der Bundesbank und die Verbindlichkeiten der Banca d’Italia gegenüber der EZB zunehmen.
Seit Jahren finden Diskussionen über die Werthaltigkeit von Target-2-Forderungen statt. Mit Debatten über einen Austritt Italiens haben sie Nahrung erhalten. Nach einem populären Irrtum müssten die Forderungen der Bundesbank nach einem Euroaustritt Italiens um mehrere hundert Milliarden Euro wertberichtigt werden. Dies ist unzutreffend; die Bundesbank hat aus Target-2 keine direkte Forderung gegen Italien. Es gilt das Prinzip: Target-2-Forderungen bestehen gegenüber der EZB und sind für die Höhe der potentiellen Risiken aus Target-2-Verbindlichkeiten anderer Länder unerheblich. Da die Bundesbank die Forderungen gegen die EZB hält, setzte eine Wertberichtigung den Untergang der EZB voraus.1)
Das finanzielle Risiko der Bundesbank (und damit Deutschlands) ist ein indirektes. Die EZB hält aus einem alten Kaufprogramm italienische Anleihen über 50 Milliarden Euro, und sie besitzt eine Forderung aus Target-2 über zuletzt 465 Milliarden Euro gegenüber der Banca d’Italia. Nach einer interessanten Studie des Analysehauses Oxford Economics hätte die EZB selbst im Falle eines Austritts Italiens aus dem Euro keine Notwendigkeit, eine Wertberichtigung auf ihre Forderung gegenüber der Banca d’Italia vorzunehmen, denn diese Forderung ist zeitlich unbefristet – es existiert keine Tilgungspflicht – und sie ist unverzinst. Eine Target-2-Verbindlichkeit ähnelt einer Nullkuponanleihe mit ewiger Laufzeit.
Andere Target-Übrschussländer
Deutschland ist ja nicht das einzige Land, das übermäßige Targetsalden hat. Auch andere Zentralbanken haben hohe Forderungen gegenüber der EZB. In Finnland sind dies 67 Milliarden Euro, in den Niederlanden 135 Milliarden (Stand: April 2018).
Luxemburg hat sogar einen Target-Überschuss von 207 Milliarden Euro. Gemessen an Bevölkerungszahl und Wirtschaftsleistung ist der Saldo ungefähr 30 Mal so hoch wie in Deutschland.
Doch in diesen drei Ländern tobt, soweit ich sehe, keine so aufgeregte Diskussion wie hierzulande. Niemand prognostiziert dort die Apokalypse. Ist die Bundesrepublik das einzige Land in der Eurozone, das hyperventilierende Target-Kritiker hat?
Der Fall Luxemburg zeigt übrigens, dass die Target-Salden verhältnismäßig wenig mit Leistungsbilanzüberschüssen zu tun haben können. Das kleine Großherzogtum hat seit dem Beitritt zur Eurozone gewiss keine Waren und Dienstleistungen im Wert von 207 Milliarden Dollar exportiert, geschweige denn Überschüsse in dieser Höhe erzielt.
Die Gegenüberstellung der Anleihekäufe
und der Targetsalden verdeutlicht, daß Deutschlands Konjunktur überproportional von den Stützungskäufen der EZB profitiert haben könnte. Die Mittel der EZB, um eine regionale Wirtschaftsförderung zu betreiben, sind sehr begrenzt und wesentlich auf die Stützung der Stabilität der lokalen Bankensysteme beschränkt. Die lokal von der EZB generierte Liquidität fließt auch mit dem Targetsystem in die wirtschaftlich dynamischen Regionen. Demnach ist es eigentlich ein Grund zur Freude, daß das Targetsystem für Deutschland erhebliche Überschüsse ausweist. Leider gibt es zur Zeit keine renomierte deutsche Bank (kleine und! großes d) bei der sich der Mittelstand aus Südeuropa in Deutschland kompetent betreut refinanzieren kann. Dies würde, leider zu Lasten der deutschen Konjunktur, auf einen Abbau der Targetsalden hinwirken.
Haftet der Bund für die Targetsalden?
In den Forenbeiträgen ist immer wieder zu lesen, dass der Bund als Eigentümer für die Bundesbank haftet. Nach meinem Kenntnisstand besteht aber für die deutschen Steuerzahler keinerlei Pflicht, für die Target-Salden einzustehen. Es gibt schlicht keine Nachschusspflicht.
1. Im Gesetz über die Deutsche Bundesbank wird mit keinem Wort eine Haftung oder Nachschusspflicht des Bundes erwähnt. Wenn eine solche bestehen würde, müsste sie doch wohl ausdrücklich geregelt sein.
2. Es gibt meines Wissens auch kein höchstrichterliches Urteil, mit dem explizit eine Nachschusspflicht des Bundes festgestellt worden wäre.
3. Auch der Bundestag und der Bundesregierung haben, soweit ich sehen kann, eine solche Pflicht niemals anerkannt.
Im Übrigen widerspräche meinem Verständnis nach eine Nachschusspflicht einem Grundgedanken der Haftung: Der Haftende muss das Verhalten der Person oder Institution, für die er bürgt, beeinflussen können, damit er das Ausmaß seiner Haftung begrenzen kann.
Genau dies ist ja bei der Bundesbank nicht der Fall. Die deutsche Zentralbank ist dem Gesetz nach unabhängig. Der Bund hat keinerlei Möglichkeit, die Geschäftspolitik zu beeinflussen oder den Anstieg der Target-Salden zu begrenzen. Dann kann er logischerweise dafür auch nicht in Haftung genommen werden.
Nach meiner Erinnerung gab es bei (manchen) akademischen Target-Kritikern eine Zwei-Stufen-Argumentation:
– In der ersten Stufe wurde argumentiert, der Bund müsse die Bundesbank im Verlustfalle rekapitalisieren und daher müsse der Steuerzahler mit höheren Steuern eintreten. Das fand auch seinen Weg in Medien. Diese Argumentation wurde leiser, nachdem sich herumgesprochen hatte, dass Zentralbanken auch mit negativem Eigenkapital einwandfrei funktionieren können. (https://blogs.faz.net/fazit/2015/04/05/zwoelf-jahre-lang-insolvent-und-trotzdem-quietschfidel-was-bedeuten-verluste-fuer-zentralbanken-1-5501/ und https://blogs.faz.net/fazit/2017/06/13/als-die-bundesbank-einmal-pleite-war-8833/)
– In der zweiten Stufe wurde das Rekapitalisierungsthema stillschweigend begraben und nun die These vertreten, dass sich Verluste bei der Bundesbank in – vielleicht über Jahre erstreckenden – Verzichten auf Gewinnausschüttungen an den Bund äußern würden und der Steuerzahler dadurch indirekt einen Nachteil hätte.
Gruß
gb
Dann haftet eben der Gläubiger, und das ist auch der Steuerzahler.
Klar, es gibt den Prezidenzfall, schön, aber keiner kann heute abschätzen, wie gut eine über Jahre hinaus hoffnungslos überschuldete Bundesbank funktionieren würde. Es mehr oder weniger “planlos” darauf ankommen zu lassen, ist grob fahrlässig.
Man muss unterscheiden zwischen zahlungsfähig ( und das ist die Bundesbank auch nur in eigenen Zahlungsversprechen, in denen ist jeder Schuldner der Welt auch immer zahlungsfähig ) und vertrauenswürdig.
Eine Bundesbank mit 100 Mrd. Aktiva und 1000 Mrd. Passiva ist es – vertrauenswürdig und werthaltig – definitv nicht mehr. Da nützt dann auch nichts mehr, dass Bargeld “gesetzliches Zahlungsmittel” ist. Beim Kaufmann mit Verstand gibt es für Bargeld dann nichts mehr.
Und aus diesem Grund hält sich auch der Haftungsgedanke durch den Staat. Für die Bürger als Gläubiger ist es eben nicht denkbar, dass man haftet, also wird wieder gerettet, wobei man auch dann wieder sagen würde, der Staat hätte die Bank gerettet wo er doch letztendlich die Gläubiger rettet, aber das hat bei den Geschäftsbanken nach 2008 auch keiner verstanden.
Ein offensichtlich schlampig recherchierter und redigierter Blogbeitrag
Beispiele: von 2018 bis 2012
gemeint war wohl eher von 2008 bis….
Die Graphik Target 2 enthält Italien und Luxemburg in gleicher Farbkodierung.
Soweit es im Mandat der EZB steht mag ja noch als gelungene? Formulierung durchgehen, richtig wäre in der Macht der EZB steht.
Zum Inhalt kann man getrost eine andere Meinung haben, wie so viele andere Ökonomen auch, aber die Idee eine nicht eintreibbare, zinslose Nullkouponanleihe als unproblematisch zu beschreiben muss man erst einmal kommen. Ich lade den Autor herzlich ein mir einen entsprechend gestalteten Kredit einzuräumen.
“Beispiele: von 2018 bis 2012 gemeint war wohl eher von 2008 bis….”
Korrigiert. Danke für den Hinweis.
“Soweit es im Mandat der EZB steht mag ja noch als gelungene? Formulierung durchgehen, richtig wäre in der Macht der EZB steht.”
Mario Draghi in London 2012: “Within our mandate, the ECB is ready to do whatever it takes to preserve the euro. And believe me, it will be enough.”
Gruß
gb
Wirklich
Die Target 2 Salden sind so lange keine Gefahr, solange der Euro hält, weil es sich dann nur um Verrechnungssalden im System handelt, ähnlich wie früher bei der Bundesbank und den Landeszentralbanken. Sollte der Euro auseinanderfallen, stellt sich die Frage, in welcher Währung die Forderungen gehalten werden. Die Positionen sind dann mit Devisenreserven im Zentralbanksystem vergleichbar.Beim einseitigen Ausscheiden eines Landes wird das aber der Euro sein, Da davon auszugehen ist, dass die neue Währung des Landes stark abwertet, werden die Schulden langsam untragbar und es wird zu Ausfällen kommen. Bei einem kompletten Auseinanderfallen ist es zunächst fraglich, welche Denomination die Foderungen und Verbindlichkeiten bekommen. Bis das geklärt ist, wird komplettes Chaos herrschen, danach ist aber auch zu erwarten, dass es zu Verlusten der Gläubiger kommt, bei Denomination in der schwächeren Währung durch Kursverluste, bei Denomination in der stärkeren Währung oder einem Währungskorb durch Kreditausfälle.
Wenn der Autor davon ausgeht, dass solche Verbindlichkeiten auch bei Austritt oder Auseinanderfallen des Euros ewige Zeros sind, müsste Deutschland aufhören zu exportieren. Als Gegenposition gibt es aber in einer Volkswirschaft Verbindlichkeiten in EUR aus Käufen (Leistungsbilanzdefizite) , die im Gegensatz verzinst und zurückzahlbar sind. Wenn diese Kredite in EUR fällig werden, wird der EUR aufwerten und die Schulden werden nicht zurückgezahlt. Das Spektakel werden wir demnächst in der Türkei erleben
"Die Risiken werden häufig überschätzt."
Nein, abgesehen von einer kleinen Community an Finanzthemen interessierter Leute wird das Thema komplett unter dem Teppich gehalten. Insbesondere von der EZB, der deutschen, aber auch südeuropäischen Politik.
Zum Federal Reserve System:
“Die amerikanischen Salden sind nicht so hoch wie die Eurosalden, da einmal jährlich ein Ausgleich zwischen den regionalen Distriktbanken stattfindet, für den es in der Eurozone kein Pendant gibt. Aber der Ausgleich verhindert nicht, dass sich seit Beginn der expansiven Geldpolitik auch in den Vereinigten Staaten immer wieder beachtliche Salden gebildet haben.”
Der fundamentale Unterschied wird im Nebensatz genannt. Jedes Jahr zum 31. Dezember sind alle Salden auf 0 zu stellen.
Ein alles entscheidender Unterschied zur €-Zone, wo Salden Ewigkeitscharakter haben, was nebenbei auch die mehr oder weniger Wertlosigkeit der “Forderungen” impliziert. Erklär-Beispiel Griechenland: Die Differenz zwischen offizieller Verschuldung (ca. 180% des BIP) und der abgezinsten, die langen Tilgunsfristen bzw. den späten Tilgungsbeginn berücksichtigenden Verschuldung (ca. 70 % des BIP) illustiriert das perfekt.
“Die EZB hält aus einem alten Kaufprogramm italienische Anleihen über 50 Milliarden Euro, und sie besitzt eine Forderung aus Target-2 über zuletzt 465 Milliarden Euro gegenüber der Banca d’Italia.”
Die Bd´I, die Banque de France und die Banca d´Espagna sind seit 1992/94 sämtlich private Insitute im Eigentum nationaler privater Institute und sind als GmbH´s gegründet. Ohne Staatshaftung. Im Gegensatz zur BuBa. Es besteht keine Nachschußpflicht. Sie können an einem Tag als insolvent geschlossen werden und am nächsten in den gleichen Räumen mit neuer Bezeichnung wieder gegründet werden. Ein Notar wird sich finden. Und wie lang das Gedächtnis der sog. “Märkte” ist, hat in der Vergangenheit (und aktuell wieder) Argentinien zu Genüge bewiesen.
Die Forderung der EZB kann also sehr wohl nichts als heiße Luft sein. Die BUBa wäre im besten Fall nur mit 27% der Gesamtsumme unter Wasser. Immer noch genug, oder nicht?
“Die Bundesbank kauft ausschließlich Bundesanleihen, aber viele aus der Eurozone stammenden Banken, die der Banca d’Italia Anleihen verkaufen, haben in der Eurozone ein Bankkonto in Frankfurt. Das heißt, in Italien entsteht durch den Anleihekauf neues Geld, das aber von den Anleihe verkaufenden Banken in Frankfurt auf Konten bei der Bundesbank gehalten wird. Verrechnet wird dies durch das Zahlungsverkehrssystem Target 2, in dem die Forderungen der Bundesbank und die Verbindlichkeiten der Banca d’Italia gegenüber der EZB zunehmen.”
Also Entwarnung, Kapitalflucht findet nicht statt, das sind nur die zufällig in FFM angesiedelten Konten italienischer Banken. Woher stammt deren Geld, nicht eventuell auch aus Enlagen italienischer Kunden ?
Und die Berliner Makler, die von ganzen Häuserzeilen berichten, die von griechischen und italienischen Käufern erworden werden, die erzählen auch nur Märchen, weil sie sich anders nicht die Zeit vertreiben können.
Last but not least.
Die EZB hat eine höchst merkwürdige Bilanz. Es gibt ernstzunehmende Zeitgenossen, die dieses Institut für virtuell halten und die drei ZB´s, die das Targetsystem bilden für die eigentlichen Player. Die Rückstellungen der EZB betragen aktuell rund 7,7 Milliarden €. Was soll damit im Falle eines Falles abgepuffert werden?
“Der fundamentale Unterschied wird im Nebensatz genannt. Jedes Jahr zum 31. Dezember sind alle Salden auf 0 zu stellen.”
Das stimmt so nicht. Ich habe kürzlich einen Beitrag über das amerikanische Modell geschrieben, in dem der richtige Mechanismus beschrieben ist. Wenn Sie sich den Chart über den Saldo der NY Fed anschauen, werden Sie sehen, dass der Saldo keineswegs jedes Jahr bei Null war.
“Die Bd´I, die Banque de France und die Banca d´Espagna sind seit 1992/94 sämtlich private Insitute im Eigentum nationaler privater Institute und sind als GmbH´s gegründet. Ohne Staatshaftung.”
Aha. Aus dem Statut der Banque de France von 1993: “La Banque de France est une institution dont le capital appartient à l’État.” In deutscher Sprache: Das Kapital der BdF wird vom Staat gehalten. (https://www.banque-france.fr/sites/default/files/arrete.pdf#page=402)
“Also Entwarnung, Kapitalflucht findet nicht statt, das sind nur die zufällig in FFM angesiedelten Konten italienischer Banken.”
Die Rede ist von Banken, die außerhalb der Eurozone beheimatet sind, und Geschäfte innerhalb der Eurozone über Frankfurt abwickeln. Die Rede ist nicht von italienischen Banken.
“Es gibt ernstzunehmende Zeitgenossen, die dieses Institut für virtuell halten und die drei ZB´s, die das Targetsystem bilden für die eigentlichen Player.”
Da schon ansonsten nichts stimmt, steht am Ende wenigstens noch eine Verschwörungstheorie. Warum wundert mich das nicht?
Gruß
gb
@ GB
“Da schon ansonsten nichts stimmt, steht am Ende wenigstens noch eine Verschwörungstheorie. Warum wundert mich das nicht?”
Eine recht steile Schlussfolgerung, verehrter Blogautor.
Die Verschwörungstheoretiker heißen übrigens Gunnar Heinsohn und Otto Steiger.
Und nun? Wird durch bloßes Name-dropping aus einer Verschwörtungstheorie Realität?
Gruß
gb
Targetexperten
@ Caire
Zu ihren Spekulationen über die romanischen Zentralbanken: Die Banque de France wurde im Dezember 1945 verstaatlicht. Desgleichen die spanische Notenbank im Jahre 1962.
Die Banca d’Italia gehört zwar privaten Eigentümern. Doch haben diese keinerlei Möglichkeit, die Geld- und die Geschäftspolitik des Instituts zu beeinflussen. Wie der Oberste Gerichtshof Italiens festgestellt hat, ist die Banca d’Italia eine öffentlich-rechtliche Anstalt.
Ferner behaupten Sie, dass die angeblich privaten Banken in Südeuropa einfach “als insolvent geschlossen” und einen Tag später unter neuen Namen wieder eröffnet werden könnten.
Sie haben, glaube ich, keine Ahnung, welche Konsequenzen eine Insolvenz der Banca d’Italia hätte. In ganz Italien würde der Zahlungsverkehr zusammenbrechen. Millionen von Angestellten und Arbeitern erhielten keine Löhne und Gehälter mehr. Auch der Staat könnte seine Beamten nicht mehr bezahlen.
Es gäbe vermutlich einen landesweiten Volksaufstand. Das würden nicht einmal die dümmsten Politiker riskieren, die in Rom an die Macht kommen.
Man könnte noch ergänzen: Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahre 2006 beruft sich auf ein Gesetz aus dem Jahre 1936, mit dem die Banca d’Italia als öffentlich-rechtliche Anstalt installiert wurde, auch wenn sie private Aktionäre hat.
Einen privat-öffentlichen Zwitterstatus findet man auch in den Vereinigten Staaten.
Gruß
gb
@ GB
Auch die SNB hat durch die Rechtsform einer AG einen Zwitterstatus. Der größte Aktionär war bis vor kurzem der deutsche Theo Siegert: https://www.snb.ch/de/mmr/reference/shares_structure/source/shares_structure.de.pdf. Ein Mitspracherecht besteht allerdings nicht: https://www.tagesanzeiger.ch/wirtschaft/geld/Grossaktionaer-bei-der-SNB-ist-ein-Deutscher/story/24333233
LG Michael Stöcker
Apokalypse = Enthüllung
“Ich habe nie verstanden, warum Debatten über Target 2 apokalyptische Züge tragen müssen.”
Apokalypse bedeutet Enthüllung. Zur “Katastrophe” wird sie nur für diejenigen, die zuviele Vorurteile im Kopf haben.
Ansonsten verbleiben genau zwei Möglichkeiten:
1. Schnellstmögliche Durchführung einer freiwirtschaftlichen Geld- und Bodenreform, wie beschrieben in “Die Natürliche Wirtschaftsordnung durch Freiland und Freigeld” (Silvio Gesell, 1916).
2. Rückfall in die Steinzeit.
Wer aber die Marktwirtschaft für einen “Obstgarten” hält, wo leistungslose Kapitaleinkommen auf “Apfelbäumchen” wachsen und nicht durch die Mehrarbeit anderer, dem fällt es schwer, etwas zu verstehen, was im Grunde “ja doch nur aus einer Reihe banalster Selbstverständlichkeiten besteht.”
Target2 hebt die Schwierigkeiten des Interbankenmarktes hervor
Warum gab es trotz der riesigen Kapitalströme bis 2008 kein Target2-Ungleichgewicht?
Weil diese Kapitalströme über den Interbankenmarkt abgewickelt wurden; jetzt gilt nur noch die EZB als zuverlässig.
NO BANK BALANCE kann als zuverlässig angesehen werden.
Laut “Neustart der Eurozone: Schritt 1 – Ein Krisenreport vereinbaren”
Seit Beginn des Euro bis zur Krise gab es große Kapitalströme aus den Kernentwicklungsländern wie Deutschland, Frankreich und den Niederlanden in die Entwicklungszusammenarbeit. … Wenn die EZ-Krise beginnt, hört die grenzüberschreitende Kreditvergabe plötzlich auf. Die Anleger zögerten, Kredite zu vergeben – insbesondere an Banken und Regierungen in anderen Ländern.
Die Bank von Italien bestreitet die Kapitalflucht ... ist es "Finanztourismus"
Gemäß den Zahlungsbilanzdaten bestehen die Hauptgegenposten der Ausweitung des Sollsaldos von TARGET2 aus den von den Gebietsansässigen getätigten Übersee-Portfolioinvestitionen und dem Rückgang der Auslandseinlagen der Banken; … Diese Neuzusammensetzung des Portfolios scheint nicht auf eine Präferenz für als sicher erachtete Finanzanlagen zurückzuführen zu sein (die Gebietsansässigen haben im Bezugszeitraum auch Nettoumsätze aus deutschen Staatspapieren erzielt), hängt jedoch mit der Suche nach ausgewogeneren Portfolios und Renditen zusammen höher als die von öffentlichen Wertpapieren angeboten. … Dies spiegelt die Schwierigkeiten der Anleger wider, angesichts eines nationalen Finanzmarktes, der durch ein relativ begrenztes Angebot an alternativen Vermögenswerten für Bankanleihen und öffentliche Wertpapiere gekennzeichnet ist, eine größere Diversifizierung zu erreichen.
Ich sehe das folgendermaßen...:
Was die sachlichen Zusammenhänge betrifft, wiederholt dieser Text das, was Sinn bereits in seinen Büchern, zuletzt im Buch Der Schwarze Juni und auch in seiner Autobiographie, präzise beschrieben hat. Sinn hat dort insbesondere die Rolle der Aufkaufprogramme der EZB für die Target-Salden herausgearbeitet und gezeigt, dass die Salden zuletzt durch eine Umschuldungsaktion gigantischen Ausmaßes getrieben wurden, die die EZB unter dem Namen “QE” betreibt. Die südlichen Notenbanken holen aus aller Welt ihre Papiere zurück. Dafür kriegen die ausländischen Vermögensbesitzer deutsche Geldkonten oder deutsche Vermögensobjekte, weil die Bundesbank diese Geschäfte kreditiert und die nötigen Euro, die Forderungen gegen sie selbst sind, herstellt. Deutschland wird für diese Dienstleistung mit bloßen Target-Forderungen der Bundesbank kompensiert. Aus der Sicht der Südländer ist das Ganze eine gute Sache, denn die verbriefte und mit Zins und Fälligkeit ausgestattete Schuld bei privaten Investoren wird durch eine Verbindlichkeit beim Eurosystem ersetzt, die nicht fällig gestellt werden kann und einen Zins von Null trägt. Für Deutschland stellt sich der Sachverhalt aber weniger günstig dar. denn es gibt marktfähige Vermögenstitel (die ausländischen Staatspapiere oder andere Vermögenstitel, die zum Ausgleich an ausländische Verkäufer der Staatspapiere der Südländer fließen) und kriegt eine bloße Buchforderung, die es nicht fällig stellen kann, gegen das Eurosystem. Die Bundesbank entschuldet also die Staaten Südeuropas, indem sie die Position der bisherigen Gläubiger übernimmt.