Seit ungefähr 20 Jahren nimmt in den Industrienationen die Bereitschaft ab, neue Unternehmen zu gründen. Hierfür werden viele Gründe genannt. Die Bedeutung der Demographie wird bisher unterschätzt.
Der Befund ist unumstritten, die Begründungen sind es nicht: Seit mehreren Jahrzehnten nimmt in den Industrienationen die Bereitschaft zur Gründung neuer Unternehmen ab; umgekehrt verlangsamt sich auch das Tempo, in dem ältere Unternehmen aus dem Markt ausscheiden.
Da neue Unternehmen, die sich im Markt bewähren, häufig produktiver arbeiten als ältere Unternehmen, gilt dieser Trend als ein Grund für die unbefriedigende Entwicklung der Produktivität in den Industrienationen. Dieses Thema ist nicht zuletzt für die Vereinigten Staaten gut dokumentiert und dort wird es von zahlreichen Ökonomen auch seit Jahren diskutiert.
Hier sind ein paar geläufige Begründungen:
- Zu hohe Regulierungen erschweren die Gründungen neuer Unternehmen. Diese These wird unter anderem von dem Harvard-Ökonomen Edward Glaeser vertreten.
- Eine zunehmende Marktmacht etablierter Konzerne erschwert neuen Unternehmen den Markteintritt. Zum Modethema Marktmacht in den Vereinigten Staaten sind in jüngerer Zeit interessante Arbeiten (zum Beispiel hier) erschienen.
- Die niedrigen Zinsen halten schwache Unternehmen (“Zombies”) künstlich am Leben und benachteiligen damit Neueinsteiger.
Wahrscheinlich existieren mehrere Ursachen für den Rückgang von Unternehmensgründungen. Aber eine vermutlich sehr wichtige Ursache ist in den oben angeführten Erklärungen nicht aufgeführt: Die Demographie. In der jüngeren Zeit wurden mehrere Arbeiten (hier und hier und hier) zu diesem Thema vorgelegt.
So lässt sich nach der Arbeit von Karahan & Co. die nachlassende Bedeutung junger Unternehmen zu zwei Drittel durch die Demographie erklären: Angesichts der durch die Demographie bedingten rückläufigen Zahl junger Menschen in den Arbeitsmarkt gibt es weniger Gründer. Als Indikator für diese Berechnungen dient der Anteil der jungen Unternehmen an allen Unternehmen in den Vereinigten Staaten, der von 13 Prozent im Jahre 1979 auf 10 Prozent (2007) gefallen. Der Prozess hat somit schon vor der Finanzkrise und damit vor der Zeit sehr niedriger Zinsen begonnen. Umgekehrt hat der Anteil älterer Unternehmen zugenommen, was die geringere Wechselbereitschaft und Mitarbeitern und das rückläufige Produktivitätswachstum zumindest zum Teil erkläre dürfte.
Auch Hopenhayn & Co. beobachten diese Trends. Sie verweisen darauf, dass der durchschnittliche Alterungsprozess der Unternehmen erklärt, warum auch die durchschnittliche Größe von Unternehmen beeinflusst hat: Ältere Unternehmen beschäftigen im Durchschnitt mehr Menschen als junge Unternehmen. Zudem scheiden große und alte Unternehmen langsamer aus dem Markt aus als kleinere Unternehmen: Der “Zombie-Effekt” hat auch nach dieser Analyse eine wichtige Ursache in der Demographie.