Fazit – das Wirtschaftsblog

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Für alle, die’s genau wissen wollen: In diesem Blog blicken wir tiefer in Börsen und andere Märkte - meist mit wissenschaftlicher Hilfe

Die Gefahren des Mindestlohns

| 28 Lesermeinungen

Der Mindestlohn hat keine Arbeitsplätze gekostet, heißt es. Jetzt soll er erhöht werden. Ist das wirklich so ungefährlich?

© dpaFriseure im Osten bekommen oft den Mindestlohn.

Deutschland befindet sich in der größten Rezession seit dem Krieg, und was macht der Mindestlohn? Er steigt. Das haben Arbeitgeber und Gewerkschaften in der vergangenen Woche beschlossen, und sie sind dabei vom eigentlich gedachten Prinzip abgewichen: Der Mindestlohn soll eigentlich so schnell steigen wie die übrigen Löhne in Deutschland. Nun geht es in den kommenden zwölf Monaten nicht so schnell nach oben. Danach aber zieht der Betrag plötzlich deutlich an – in zwei Jahren um fast zwölf Prozent, auf 10,45 Euro in der Stunde. Das Ziel ist politisch. Schon lange läuft die Kampagne dafür, dass der Mindestlohn kräftig angehoben werden soll, nämlich auf 12 Euro. Der Mindestlohn soll sozial aufgewertet werden, Arbeitsminister Hubertus Heil ist Teil der Bewegung: 12 Euro seien „eine gute Orientierung“, sagte er zuletzt.

Ob das eine gute Idee ist, wird seltener diskutiert. Ökonomen sind in dieser Debatte ein wenig in die Defensive geraten. Oft wird ihnen ein Zitat von Hans-Werner Sinn vorgehalten: Der Mindestlohn gefährde 900.000 Stellen, hatte der ehemalige Ifo-Präsident vor der Einführung gesagt. Dabei ging schnell unter, dass Sinn nicht die Arbeitslosenzahl vorhersagen wollte, sondern meinte, dass es ohne den Mindestlohn noch 900.000 Arbeitsplätze mehr geben könnte. 2015 jedenfalls wurde der Mindestlohn eingeführt, und Deutschlands Arbeitsmarkt sah danach immer noch gut aus. Dutzende von Studien belegten auf den unterschiedlichsten Wegen, dass die Einführung des Mindestlohns keine Arbeitsplätze gekostet habe. Eher seien Minijobs in ordentliche Stellen verwandelt worden.

Doch damit ist die Debatte nicht am Ende. Denn eine Erhöhung auf 12 Euro beträfe je nach Rechnung bis zu einem Drittel der Arbeitnehmer, da sollte man also noch mal genau hingucken: Wird es zu viel, wenn der Mindestlohn so hoch steigt? Gehen dann doch Arbeitsplätze verloren? Das könnte auf vielfältigen Wegen passieren: Vielleicht automatisiert der Arbeitgeber dann viele Aufgaben, weil der Arbeitnehmer zu teuer wird. Vielleicht tut er das nicht, aber erhöht seine Preise und verscherzt es sich dabei mit manchem Kunden. Kann das passieren, wenn der Mindestlohn so weit steigt?

Jobverluste durch den Mindestlohn sind schwer zu bemerken

Vielleicht sogar früher, wie eine ältere Studie der amerikanischen Ökonomen Jonathan Meer und Jeremy West argumentiert. Zu Beginn des Jahrzehnts versuchten die beiden, sich einen Reim auf die vielen unterschiedlichen Mindestlohn-Studien zu machen, die durch die Welt schwirrten. Sie kamen zu einem relativ simplen Fazit. Frei zusammengefasst kommen Mindestlöhne meist dann ins Spiel, wenn es dem Arbeitsmarkt gutgeht. In anderen Zeiten machen sich die Menschen vor allem Sorgen um Arbeitsplätze. Erst wenn die Angst vor der Arbeitslosigkeit klein ist, denken sie über ihre Entlohnung nach. Typischerweise sind das die Zeiten, in denen Mindestlöhne eingeführt oder erhöht werden. In so einem Aufschwung, wenn die Löhne sowieso steigen, schadet der Mindestlohn nicht so sehr. Aber er nimmt schleichend immer ein bisschen von der Dynamik am Arbeitsmarkt weg. Im nächsten Abschwung beißt er richtig zu. Aber dann haben viele schon vergessen, dass das am Mindestlohn liegt.

Meer und West haben ihre Studie geschrieben, wenige Monate bevor der allgemeine Mindestlohn in Deutschland kam. Sie liest sich wie das Drehbuch zur Entscheidung. Und was geschah dann? Zusammen mit ihrer Empfehlung zur Mindestlohn-Erhöhung hat die Mindestlohnkommission aus Arbeitgebern und Gewerkschaften einen neuen Bericht zu seinen Auswirkungen veröffentlicht. Und auch der weckt Erinnerungen an Jonathan Meer und Jeremy West.

Kostet der Mindestlohn seit Mitte 2018 Arbeitsplätze?


Um die Auswirkungen des Mindestlohns zu verstehen, teilt die deutsche Mindestlohnkommission die Arbeitsplätze in zwei Gruppen ein: in Branchen, die vom Mindestlohn stark betroffen sind und in Branchen, in denen der Mindestlohn kaum wirkt, weil die meisten Löhne sowieso höher sind. Wieder zeigt sich, dass direkt nach der Einführung Minijobs in ordentliche Arbeitsplätze umgewandelt wurden, und zwar vor allem in den betroffenen Branchen. Doch um Mitte 2018 drehte sich das Bild. Als es auf dem Arbeitsmarkt langsam schwieriger wurde, traf das besonders die Branchen mit dem Mindestlohn. Plötzlich wuchs die Stellenzahl deutlich langsamer als in den anderen Branchen – vor allem in Ostdeutschland, wo häufiger Mindestlohn gezahlt wird als im Westen.

Noch ist die Beobachtung statistisch wahrscheinlich nicht signifikant. Aber wer das Drehbuch kennt, bekommt leicht den Eindruck: Nun kostet der Mindestlohn Arbeitsplätze. In der Corona-Krise könnte der Mindestlohn-Schaden noch einmal größer werden. Und bei einer Erhöhung des Mindestlohnes sowieso.

Eine junge Mindestlohn-Studie aus dem Februar vermittelt eine Idee davon, wie das gehen kann. Sie zeigte: Nach der Einführung des Mindestlohns gab es zwar immer noch viele Arbeitsplätze, aber nicht unbedingt in den gleichen Unternehmen. Viele Mindestlohnempfänger wollten oder mussten die Stelle wechseln, und zwar in ein Unternehmen, das grundsätzlich mehr zahlt als ihr altes. Wenn es aber schlecht läuft, nehmen vielleicht auch diese Unternehmen weniger Arbeitnehmer auf.

Lieber kein Job als ein schlecht bezahlter?

Nun sagt so mancher Freund des Mindestlohns: lieber kein Job als ein schlechtbezahlter. Das aber entspricht nicht der Realität. Wer die Stelle verliert, wird mit seinem Leben viel unzufriedener. Der Schlag ist vergleichbar mit einer Scheidung oder einer schweren Krankheit. Zumal man sich jahrelang nicht mehr vollständig davon erholt.

Ob am Ende ein höherer Mindestlohn zu höherer Arbeitslosigkeit führt, ist unklar – selbst wenn Arbeitsplätze verschwinden. Die demographische Lage in Deutschland kann dazu führen, dass die Menschen schneller in Rente gehen als die Arbeitsplätze verschwinden. Doch ungefährlich ist die Mindestlohn-Erhöhung nicht. Und Deutschland kann jeden Arbeitsplatz brauchen: Irgendjemand muss ja die Beiträge auch zahlen, mit denen die Renten der nächsten Jahrzehnte zu finanzieren sind.

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28 Lesermeinungen

  1. bodo3000 sagt:

    RICHTIG: Christian Borgelt, grau ist alle Theorie, die neoklassische :-))
    “Alle Nachfragekurven sind fallend” (C.Borgelt)

    … und hier:

    “vollkommen unelastischen Nachfrage” bei Erhöhung der Kraftstoffpreise?

    “Grundsätzlich müssen Verbraucher diesen erwerben um beispielsweise ihrer beruflichen Tätigkeit nachzukommen. Ein Substitutionsgut existiert nicht.”

    Wie bei allen beflissentlichen Vertretern dieser wissenschaftlichen fata morgana, sie beherrschen ihr Fach nicht. Aber dafür gibt es ja Lehrstühle ;-))

  2. borgelt sagt:

    Alle Nachfragekurven sind fallend. Auch die für Arbeit.
    Ein Grundprinzip der Wirtschaftswissenschaften lautet: Alle Nachfragekurven sind fallend. D.h., je höher der Preis eines Gutes oder einer Dienstleistung, desto geringer díe Nachfrage nach diesem Gut oder dieser Dienstleistung.¹ Arbeit, welcher konkreten Art auch immer, bildet keine Ausnahme von diesem Prinzip.² Ich kenne nur zwei Ausnahmen von diesem Prinzip, nämlich den Giffen-Effekt (benannt nach Robert Giffen) und den Veblen-Effekt (benannt nach Thorstein Veblen). Beide scheinen mir auf den allgemeinen Arbeitsmarkt nicht anwendbar (weswegen auch nie mit diesen Effekten argumentiert wird).

    Folglich ergibt sich unmittelbar: Eine Verteuerung von Arbeit durch eine Erhöhung des Mindestlohns muß ceteris paribus (d.h., wenn alle anderen Einflußfaktoren konstant bleiben) gegenüber einer Situation ohne oder mit unverändertem Mindestlohn Arbeitsplätze kosten. Um das zu erkennen, braucht man keine aufwendigen Studien, sondern nur gesunden Menschenverstand. Es ist mir, ehrlich gesagt, völlig schleierhaft, wieso über diese offensichtliche Wahrheit überhaupt (noch) diskutiert wird.

    ¹ Fußnote: Dies wird erstaunlicherweise für andere Güter auch von denen anerkannt, die einen Mindestlohn fordern. So werden z.B. Tabakwaren u.a. deshalb mit hohen Steuern belegt, damit Menschen weniger davon konsumieren (zum Schutz ihrer Gesundheit). Auch Treibstoffe (Benzin, Diesel) werden mit hohen Steuern belegt, damit Menschen weniger davon konsumieren (zum Schutz der Umwelt).

    ² Fußnote: Es wird aber behauptet, daß bei Arbeit das Prinzip der fallenden Nachfragekurven auf einmal nicht mehr gilt. Stattdessen soll ein Mindestlohn, obwohl er Arbeit verteuert, angeblich keine (oder kaum) Arbeitsplätze kosten (obwohl eine Arbeitsverteuerung eine Verringerung der Nachfrage nach Arbeit bewirken muß) sondern vielmehr Armut beseitigen.

  3. bodo3000 sagt:

    Es war einmal : FAZ 03.11.2013
    … so wurde das thema früher beäugt:

    https://m.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/die-wichtigsten-argumente-mindestlohn-im-faktencheck-12645638.html

    amüsiert
    b.b.

    • borgelt sagt:

      @Bodo Behrendt: Meine Antwort auf die Argumente des Artikels aus 2013
      1. Die Arbeitgeber diktieren die Löhne.
      Dies nimmt an, daß Arbeitgeber ein Monopol haben, durch das sie einen geringeren Lohn zahlen und dadurch einen Gewinn erwirtschaften können, der über dem durchschnittlich in einer Wirtschaft erzielbaren liegt. Eine solche Möglichkeit sollte aber Unternehmer anziehen, die eine Konkurrenzproduktion aufbauen (wegen des überdurchschnittlichen Gewinns bestehen Spielräume sowohl für geringere Preise als auch für höhere Löhne). Dadurch sinkt die Gewinnmarge langfristig auf den Durchschnitt. Liegt der Gewinn (von Anfang an oder nach der Gewinnmargensenkung) in der Nähe des durchschnittlich erzielbaren Gewinns, so besteht kein Spielraum mehr für höhere Löhne. Diese würden die Gewinnmarge unter die durchschnittlich erzielbare drücken, was zur Folge hätte, daß Kapital umgewidmet, Unternehmen aufgelassen und Arbeitnehmer entlassen würden. Ein Arbeitgebermonopol kann langfristig nur durch staatliche Eingriffe erhalten werden, die es anderen Unternehmern erschweren oder sogar unmöglich machen, in den Wettbewerb einzutreten. Auf einem freien Markt verschwindet es sehr schnell.

      2. Die Arbeitnehmer haben keine andere Wahl.
      Dies ist das “Eherne Lohngesetz” von Ferdinand Lassalle. Es behauptet, daß die Arbeiter ihren Lebensunterhalt nur erwirtschaften können, indem sie ihre Arbeitskraft verkaufen, da sie keine Produktionsmittel besitzen, und daher nicht selbst produzieren können (schon diese Annahme ist zweifelhaft). Lassalle (und auch Marx) gingen daher davon aus, daß die Unternehmer (Eigentümer der Produktionsmittel) die Löhne auf Subsistenzniveau drücken könnten, also auf ein Niveau, das gerade ausreicht, um den Arbeiter und seine Familie zu ernähren, so daß die Arbeitskraft gerade erhalten bleibt und über Kinder die nächste Generation aufgezogen wird. Diese Theorie ist gescheitert. Unternehmer konkurrieren um die Arbeitnehmer, so lange der Arbeitsertrag die Lohn- und anderen Kosten deckt und einen Profit übrig läßt, der in der Nähe des durchschnittlich erzielbaren Gewinns liegt. Dadurch steigen auf einem freien Markt Löhne stets bis an die Produktivitätsgrenze. Auch haben Arbeiter eine Wahl. Selbst wenn man eine Einschränkung durch Ausbildung annimmt, können sie auch in anderen Berufen arbeiten. Löhne können daher nicht unter den Wert fallen, der in Alternativberufen erzielbar ist. Nur so haben Dienstleistungsberufe (Beispiel: Friseur) eine Lohnsteigerung erfahren können, obwohl es nur geringe bis gar keine Produktivitätssteigerungen gab: Die Möglichkeit der Abwanderung in andere Berufe erzwingt vergleichbare Löhne.

      3. Höhere Löhne bedeuten zusätzliche Motivation.
      Höhere Löhne bedeuten zusätzliche Motivation nur, solange man sie noch nicht bekommt (z.B. vor einer Beförderung), oder man befürchten muß, sie bei Minderleistung zu verlieren (z.B. Verlust des Arbeitsplatzes). Ist der Lohn festgeschrieben und eine Änderung unabhängig vom Verhalten unwahrscheinlich, stellt die Lohnhöhe keinerlei Motivation dar. Es stellt sich vielmehr mit der Zeit eine Anspruchshaltung ein. Dies ist besonders bei Staatsbetrieben sehr deutlich zu beobachten.

      4. Die Kunden zahlen die höheren Löhne.
      Selbst wenn sie dies tun, was bei einigen Produkten und Dienstleistungen der Fall sein mag (obwohl diese Annahme meist nur einen Mangel an Vorstellungskraft zeigt, wie diese ersetzbar sind), ist damit nichts gewonnen. Die zur Zahlung der erhöhten Preise benötigten Geldmengen entstehen ja nicht aus dem Nichts, sondern müssen von anderen Stellen abgezogen werden. Zahlen die Kunden die höheren Preise, bleibt ihnen weniger Geld für andere Güter und Dienstleistungen. Bei den Produzenten dieser Güter und den Anbietern dieser Dienstleistungen kommt es dann zu den Entlassungen, die ein (höherer) Mindestlohn ceteris paribus immer irgendwo bewirkt. Man kann also höchstens wählen, wo die Arbeitsplätze verlorengehen, nicht, ob sie verlorengehen oder nicht.

      5. Wer mehr verdient, kann auch mehr ausgeben.
      Auch hier gilt (wie bei 4): Die zusätzlichen Einnahmen der Mindestlohnempfänger entstehen nicht aus dem Nichts, sondern müssen von anderen Stellen abgezogen werden. Entweder vom anderweitigen Konsum der Kunden, die nun höhere Preise zahlen müssen, oder vom Unternehmergewinn, der zu einem verringerten Konsum des Unternehmers führt (was Neider vielleicht begrüßen werden) oder zu verringerten Investitionen in Produktionsverbesserungen oder neue Produkte. In allen Fällen entsteht kein Netto-Gewinn, sondern wegen der durch einen Mindestlohn insgesamt verringerten Zahl an Beschäftigten, die zu weniger geleisteter Arbeit und folglich geringerer Produktion führt, stets ein Netto-Wohlstandsverlust.

      6. Ein Mindestlohn spart dem Staat Geld.
      Ein Mindestlohn vernichtet ceteris paribus stets Arbeitsplätze, weil alle Nachfragekurven, auch die für Arbeit, fallend sind. Er bedeutet daher höchstens eine Umschichtung der Ausgaben: Denen, die einen höheren Mindestlohn bekommen, muß der Staat vielleicht weniger zahlen. Denen, die dann keine Arbeitsstelle mehr haben (oder nie eine bekommen), dagegen mehr. Ein Spareffekt zeigt sich in der Summe nicht.

      7. Grau ist alle Theorie.
      Empirische Untersuchungen können die theoretische Ableitung nicht widerlegen, da das reale Geschehen stets komplex ist, stets eine Vielzahl von Einflüssen gleichzeitig wirkt. In der Wirtschaftswissenschaft ist es nicht möglich, kontrollierte Experimente zu machen, in denen alle Einflußfaktoren bis auf den zu untersuchenden konstant gehalten werden. Dadurch kann es passieren, daß in bestimmten historischen Situationen trotz Einführung oder Erhöhung eines Mindestlohns die Beschäftigung nicht sinkt. Das zeigt aber nur, daß die Ceteris-Paribus-Bedingung nicht galt, also gleichzeitig andere Einflüsse am Werk waren, die in die entgegengesetzte Richtung wirkten und so den zwangsläufig eintretenden (relativen) Beschäftigungsverlust verdeckt ha

  4. kittyy sagt:

    Im Wirtschaftsleben gibt es kein schwarz weiß, sondern viele Abstufungen
    Der Mindestlohn geht gegen den Tariflohn.Warum sollte ein Betrieb noch Tariflohn zahlen wenn der Mindestlohn Gesetz ist? Das ist besonders im Dienstleistungsgewerben ein Anreiz. In bestimmten Gewerben sind die Margen sehr klein. Der Mindestlohn führt zur Reduzierung der Anzahl der Betriebe und zur Konzentration, siehe auch Fleischproduktion. Er wird auch von großen Unternehmen gern umgangen. Selbst der Bund verfolgt diese Strategie und dann gibt es Ausnahmen für SPD Betriebe(z.B. Zusteller).Bestimmte Tätigkeiten werden an “Selbstständige” ausgelagert. Die Wirtschaft ist ein komplexes Gebilde und zeitigt andere Ergebnisse als gewollt, das musste immer die Staatswirtschaft der DDR erfahren und die war durchgeplant. Trotzdem waren die Ergebnisse immer anders als gewünscht. Der Staat sollte sich raushalten, Bürokraten und Parteisoldaten richten nur Schaden an. Im schlimmsten Fall gehen die Betriebe insolvent oder verlassen den Standort,verlagern was zu verlagern geht oder gehen gleich ins Ausland außerhalb der EU. Ein gutes Beispiel für die Wirkung des Mindestlohnes ist die Tomatenproduktion in Californien. Da wurden Zehntausende von Mexikaner beschäftigt. Die haben dann einen hohen Mindestlohn erstritten. Heute wird alles maschinell geerntet und verarbeitet. Mexikaner werden keine mehr gebraucht und tausende Amerikaner haben in der Weiterverarbeitung ihre Jobs gleich mit verloren.Im größten Betrieb erledigten heute rund 30 Beschäftigte was früher 3.000 erledigt haben.Muss nicht so kommen kann aber.

  5. Naseweis22 sagt:

    Die größte Gefahr sitzt ganz woanders:
    Nämlich da wo die Tarifautonomie abgeschafft und die Gewerkschaften überflüssig werden – aber die sitzen ja bräsig daneben und bejubeln ihre eigene Abschaffung.

  6. GebhardGrimm sagt:

    Mindestlohn muss sich an der Rente orientieren
    Der Mindestlohn muss so hoch sein, dass nach 35 Berufsjahre eine ausreichende Rente herausspringt. Renten aufstocken aus Steuermitteln heißt letztendlich, dass unsere Steuern oder die Staatsverschuldung erhöht werden. Bezahlen muss es immer der Bürger.

    • borgelt sagt:

      @Gerhard Grimm: Bedürfnis ist kein Argument.
      Natürlich möchte man am Ende seines Arbeitslebens eine auskömmliche Rente haben und während des Arbeitslebens einen guten Lebensstandard.

      Nur sind diese Wünsche nicht, wonach sich Lohn bemißt. Lohn wird nicht nach den Bedürfnissen des Arbeitnehmers bezahlt (weswegen Bedürfnissen kein Argument sind), sondern nach dem, was seine Arbeit dem Arbeitgeber einbringt. Liegt das, was diese Arbeit einbringt, unter dem, was es den Arbeitgeber kostet, den Arbeitnehmer zu beschäftigten, und das ist nicht nur das Arbeitnehmerbrutto, sondern umfaßt auch die (irreführend) sogenannten Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung (also insgesamt das sogenannte Arbeit*geber*brutto), zuzüglich der Kosten für die Arbeitsplatzausstattung, Versicherungen (z.B. gegen Arbeitsunfälle) etc. und einen gewissen Profit für den Arbeitgeber, so lohnt es sich für den Arbeitgeber nicht, den Arbeitsplatz anzubieten und er wird es folglich auch nicht tun. Ein Unternehmen ist keine Wohltätigkeitsorganisation, und selbst die kann nur verteilen, was vorher erwirtschaftet und gespendet wurde.

      Außerdem gilt: Eine Erhöhung des Mindestlohns führt zu einer Verringerung der Arbeitsnachfrage, denn alle Nachfragekurven sind fallend. Ohne Arbeitsplatz hat man es noch schwerer, eine auskömmliche Rente zu erwirtschaften.

      Der tatsächliche Grund für die Schwierigkeiten speziell von Geringverdienern ist der Staat, der die Wirtschaft mit Steuern, Abgaben und Regulierungen erheblich belastet und dadurch nicht nur die Unternehmer, sondern *alle* ärmer macht.

  7. tonix sagt:

    Soziale Gerechtigkeit
    Wenn es Arbeit gibt, die schlecht entlohnt wird, dann liegt es nicht nur am Arbeitgeber. Es liegt an den Kunden, die über den Preis der Lohne finanzieren. Wir dürfen nicht vergessen, dass der Mindestlöhner auch Kunde, auch Steuerzahler ist. Wenn die Pflegekräfte mehr verdienen, wird auch der Krankenkassenbeitrag steigen. Wenn Kleidung und Nahrung teurer werden, dann fällt es schwer sich über ein paar Euro mehr zu freuen. Ich finde es sinnvoller, wenn der soziale Ausgleich über Renten und Krankenkasse erfolgt.Diejenigen die gesündere und besser bezahlte Jobs haben, sollten nicht nur daran denken wie man Migranten mit Sozialhilfe glücklicher machen kann, sondern auch darüber, wie man die Prekär Beschäftigten entschädigt. Die Gutverdiener, alle die einen Bürojob machen, sollten zum Ausgleich dafür, dass sie sich nicht die Hände schmutzig machen, sich nicht krank arbeiten und früher sterben, die Rente und Gesundheitskosten der “Arbeiter” übernehmen. Was sind 10 Jahre wert, die so ein Arbeiter früher stirbt? Was würdet ihr verlangen,wenn ihr einen Job machen müsstet, bei dem klar ist, dass er euch 10 Jahre kostet? Selbst rauchen ist gesünder, als arbeiten als Koch oder als Putzfrau.

    • borgelt sagt:

      @Anton Gutwein: Hat man Anspruch auf etwas von anderen Erwirtschaftetes?
      Zu Ihrem Beitrag fällt mir das folgende bekannte Zitat von Thomas Sowell ein: “Since this is an era when many people are concerned about ‘fairness’ and ‘social justice,’ what is your ‘fair share’ of what someone else has worked for?” (deutsch: “Da dies eine Zeit ist, in der viele Menschen sich über ‘Fairness’ und ‘soziale Gerechtigkeit’ beunruhigen: Was ist ihr ‘fairer Anteil’ an dem, wofür ein anderer gearbeitet hat?”).

      Denn darauf läuft ihr Vorschlag doch wohl hinaus: Was die einen erwirtschaftet haben, wird ihnen vom Staat über Zwangsmaßnahmen (Steuern und Abgaben) genommen (eigentlich: geraubt, aber der Staat mag dieses Wort verständlicherweise nicht), um es anderen zu geben, die es nicht erwirtschaftet haben. Was soll daran gerecht sein?

      Wenn man es genau nimmt, ist dies eine abgeschwächte Form der Sklaverei. Denn Sklaverei ist ein Zustand, in dem der eigene Körper, and damit natürlich auch die Arbeitsprodukte dieses Körpers, nicht einem selbst gehören, sondern einem anderen, dem Sklavenhalter. Bei der klassischen Sklaverei wird dem Sklaven i.a. nur gelassen, was zur Subsistenz nötig ist. Heute erlaubt der Staat produktiven Menschen einen größeren Teil des von ihnen Erwirtschafteten zu behalten. Aber auch hier gilt: Mindestens die produktiven Menschen arbeiten nicht nur für sich selbst, sondern zu einem erheblichen Grade für andere, und zwar wegen der Steuerprogression sogar um so mehr, je produktiver sie sind. Diese Ausbeutungssituation wird lediglich durch das Dazwischentreten des Staates etwas verschleiert (siehe dazu Claude Frederic Bastiat: “Der Staat”, 1848).

  8. KaiserI sagt:

    Die FAZ..
    ..sollte mal Peter Bofinger und Heiner Flassbeck hierzu interviewen. Ich bin der Meinung, dass ein höherer Mindestlohn die Nachfrage erhöht und so den Konsum stimuliert. Und deutlich höhere Löhne in D sind nur gut für die EWU…aber das wird ja im merkantilisitischen D nur sehr langsam verstanden, von den Spitzenpolitikern am allerwenigsten…

    • borgelt sagt:

      @Stefan Gerhardt: "...ein höherer Mindestlohn die Nachfrage erhöht und so den Konsum stimuliert"
      Diese Sichtweise ist falsch. Denn der zusätzlich zu zahlende Lohn entsteht ja nicht einfach aus dem Nichts, sondern muß von anderen Stellen abgezogen werden.

      So könnte ein höherer Mindestlohn z.B. finanziert werden, indem der beschäftigende Unternehmer die Preise für die von ihm produzierten Güter oder Dienstleistungen erhöht. Dann kosten diese Güter oder Dienstleistungen die Kunden mehr, so daß sie, wenn sie die Güter oder Dienstleistungen trotz der höheren Preise weiterhin erwerben, weniger Geld für andere Güter und Dienstleistungen haben. Die Nachfrage und der Konsum dieser Kunden sinkt also, was den von ihnen erhofften erhöhten Konsum ausgleicht. Insgesamt entsteht so keine Stimulation des Konsums.

      Erwerben wegen der erhöhten Preise weniger Kunden die Güter oder Dienstleistungen dieses Unternehmers, so muß der Unternehmer die Produktion einschränken (weil er wegen der höheren Preise weniger verkauft) und entsprechend Angestellte entlassen. Auch so entsteht am Ende kein höherer Konsum, da zwar die verbleibenden Angestellten mehr Geld bekommen, aber es sind eben auch weniger Angestellte (und zusätzlich bekommen einige Kunden nicht mehr alles, was sie gerne hätten). In der Summe ändert sich kaum etwas. Man kann sogar gut dafür argumentieren, daß effektiv ein Verlust entsteht.

      Der Unternehmer könnte auch den höheren Lohn zahlen, ohne die Preise zu erhöhen. Dann muß das aber auf Kosten des Unternehmergewinns gehen, vorausgesetzt, dieser ist überhaupt hoch genug, um die erhöhten Kosten zu decken. Denn wo soll das Geld für die erhöhten Lohnzahlungen sonst herkommen? Dadurch muß dann entweder der Unternehmer seinen Konsum einschränken (was Neider vielleicht sogar begrüßen werden), was wieder den von Ihnen erhofften erhöhten Konsum der Mindestlohnempfänger ausgleicht. Oder, und das ist sogar schlimmer, der Unternehmer muß auf Investitionen in Produktionsverbesserungen oder neue Produkte und Dienstleistungen verzichten, wodurch Produkte teurer bleiben, als sie es sonst sein könnten, und neue Produkte und Dienstleistungen kommen nicht auf den Markt. Wieder steht dem von Ihnen erhofften erhöhten Konsum ein Verlust (höhere Preise, dadurch weniger Konsum als möglich, und weniger Produkte) gegenüber.

      Es gibt keine Möglichkeit, wie sich durch eine Erhöhung des Mindestlohns ein Netto-Gewinn erzielen ließe. Es wird bestenfalls eine Umverteilung bewirkt, aber auch das ist normalerweise eine Illusion. Tatsächlich wird dadurch, daß eine Verteuerung von Arbeit zu einer Verringerung der Nachfrage nach Arbeit führen muß (alle Nachfragekurven sind fallend), insgesamt weniger Arbeit geleistet und damit weniger an Gütern und Dienstleistungen produziert. So entsteht am Ende zwangsläufig ein Netto-Wohlstandsverlust.

      Die von Ihnen vertretene Sichtweise ist übrigens ein bekannter Fehlschluß, der analog ist zu dem in der “Parabel vom zerbrochenen Fenster” aus dem bekannten Aufsatz von Claude Frederic Bastiat: “Was man sieht und was man nicht sieht” (1850). Die Lektüre dieses Aufsatzes sei wärmstens empfohlen.

  9. HL.Keizer sagt:

    wenn grob gesagt AN mehr einbringen, als sie kosten,
    werden Unternehmen sie einstellen, falls Bedarf besteht, sonst nicht. Dann wird rationalisiert oder die Produktion eingestellt. Wir werden im Herbst und Winter massiven Anstieg der Insolvenzen erleben. Dadurch bedingt und wegen Wegfall der Kurzarbeit wird auch die Arbeitslosigkeit steigen. Aber unsere Regierung wirft mit dem Geld nur so um sich und erhöht die Belastungen für Unternehmen, denen es wegen der Corona-Krise sowieso schon schlecht geht. Große Unternehmen haben doch schon Arbeitsplatzabbau angekündigt und kleine Unternehmen werden sang- und klanglos vom Markt verschwinden.

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