Am Ende wird’s dann wieder auf die armen Kakerlaken geschoben. Als könnten sich die Bewohner des RTL-Dschungelcamps mehr zum Deppen machen als mit den lächerlichen Posen, die sie – ganz ohne das Zutun von Krabbeltieren – gleich im Vorspann eingenommen haben:
Man möchte sich gar nicht ausmalen, ob es grausame Produzenten sind, die dem Eisläufer Norbert Schramm dann vom Regieplatz zurufen: „Herr Schramm? Können Sie nicht mal die Schlittschuhe so seitlich hochhalten und dabei ganz… äh… offensiv in die Kamera gucken?“ – oder ob Norbert Schramm die Schlittschuhe gleich selbst mitgebracht hat, um vorzuschlagen, dass das doch eine tolle Idee wäre, wenn er sie für die Film- und Fotoproduktion so lustig hochhalten könnte.
Man kann sie in den Augen der Kandidaten sehen, die verzweifelte Hoffnung, dass sich die Teilnahme an dieser Sendung lohnen möge, finanziell, aber vor allem in Form von Aufmerksamkeit, dass es hinterher wieder Kameraleute und Produzenten gebe, für die man sich in alberne Posen werfen darf, für die sie alles tun würden, nur um nicht vergessen zu werden. Was für ein abwegiger Gedanke, dass es ekliger ist, dafür in den Dschungel zu gehen und noch lebendes Getier zu essen, als der geifernden Meute von „Bunte“ & Co. abwegige Privatgeschichten zu liefern oder sich vor den Augen der Weltöffentlichkeit die Kopfschmerzen von den Augen wegoperieren zu lassen. Das Schöne an dieser Show ist aber auch, dass man den Teilnehmern, wenn die Zeit doch lang wird im Dschungel und die Zumutungen härter, dann anders als bei ihren sonstigen PR-Bemühungen dann ansehen kann, wie sie an ihrer eigenen Rechnung zweifeln und sich fragen, ob es das wert war.
Irgendwie schaffen es die Produzenten von „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“, dass die Teilnehmer, die sonst auch nicht zögern, sich in irgendeiner Hinsicht öffentlich auszuziehen, jetzt schon nackter dastehen als je zuvor – dafür braucht es weder einen Paul Sahner noch Kakerlaken: Noch im Luxushotel verlor Giulia Siegel die Fassung, weil ihr Papi ihr einen riesengroßen Blumenstrauß geschickt hatte. Ihr Papi! Einen riesengroßen! Blumenstrauß! Später fügte sie den ganz anders, aber genauso entlarvenden Satz hinzu: „Auch wenn ich einen Müllsack anhabe, ist es irgendwo sexy“, während Peter Bond seiner Frau eine einmalige Liebeserklärung machte:
„Ich bin ja verliebt. Und für mich ist meine Frau momentan die Schönste. Das heißt aber nicht, dass es nicht zu einer Situation kommen könnte im Camp, wenn jemand dabei ist, der einem gefällt, gar keine Frage, das kann durchaus passieren.“
Norbert Schramm übte sich in der Kunst der Selbstanalyse: „Normalerweise bin ich Einzelkämpfer. Auch als Eiskunstläufer war ich Einzelläufer.“ Der Preis für die rührendste Realitätsverleugnung aber ging in der ersten Folge an Günther Kaufmann, der nach überraschend frühen erste Zickereien zwischen den Kandidaten scheinbar ehrlich besorgt in die Kamera sprach: Lästern? „Dafür haben wir im Dschungel keine Zeit!“
Was die Produzenten auch schaffen: dass der Qualitätsabstand der Sendung selbst und der Berichterstattung über sie immer größer wird. Während sich ungefähr alle anderen an einem gewaltigen Feldversuch beteiligen, ob es irgendwann einen Punkt gibt, an dem niemand mehr kichert, wenn jemand einen naheliegenden Witz über den Nachnamen des Models Nico Schwanz macht, haben die Gagschreiber der Sendung die, jawohl, Latte gleich höher gelegt und Dirk Bach mit einem Schlechten-Wortspiel-Straf-Sparschwein ausgestattet. (Was seine Moderationspartnerin Sonja Zietlow natürlich mit den Worten kommentierte: „Hätten wir doch lieber Hans Eichel mitnehmen sollen.“)
Die Werbekunden meiden die Show offenkundig noch immer, aber Presse und Online-Medien haben die Empörungsberichterstattung der vergangenen Jahre längst durch eine hemmungslose flächendeckende Dokumentation der Ereignisse im Haus ersetzt, mit Bildergalerien, schlichtesten Nacherzählungen des Geschehens und plumpsten Kandidatenbeschimpfungen, was die kommenden zwei Wochen vermutlich für viele Dschungelmuffel hier im Land zu einer größeren Tortur machen wird als für die im australischen Urwald bei Reis und Bohnen ausharrenden Kandidaten.
Aber der Gedanke, dass das Eklige an dieser Show die Kakerlaken seien, ist nun wirklich abwegig.
Herr Niggemeier? Kritisieren...
Herr Niggemeier? Kritisieren Sie sich im vorletzten Absatz selbst?
geld macht blöd - als...
geld macht blöd – als temporärer claim, von dittsche am dschungel-tresen verkündet. image-bömbchen gäb genug..
anregung für werbekunden als...
anregung für werbekunden als website? bin anscheinend schon etwas verdschungelt..
Campus Australis...
Campus Australis DirrrkyBachiensis, im niedlichen Outbäckchen, reakkreditiert – verflixt, irgendwie gleicht das Dschungel-Camp (4. Aufl. 2009) dem bunten Treiben an universitären Einrichtungen, jenem Urwald des praktizierten „Laßt tausend Blumen blühen“ und Abertausende Tierchen krabbeln – noch mehr Studiengänge, Evaluationen, Prüfungen, ohne jede Aussicht auf eine Kulturrevolution. Stattdessen Qualitätsmanagement, verkündet in Blondies zynischem Oberton: The Ziet is low, but I’m holding on – auf schwankender Lernplattform, versteht sich. Allerlei ekles neuweltliches Ungetier wird beschworen – triebhafte Exen passen ja auch zur FAZ: Um jede morsche Bildungslaube faucht der forsche Lindwurm Kaube. Aber sieh – der Wurm, der getreten, krümmt sich. „Überall habe ich auf den ewigen Einfluß hingewiesen, welchen die physische Natur auf die moralische Stimmung der Menschheit und auf ihre Schicksale ausübt“ (A. v. Humboldt, Ansichten der Natur, 1. Aufl. 1807).
Mitten drin die Campiones, bezahlte LohnkämpferInnen von (nur scheinbar) minderer Ehre und Ansehen, denen der BA schon anhängt – fragt sich aber: „Brat of Animation“ oder „Bratt of Angelinazation“. Schäferkordtische AbsolventInnen, zum MA getrieben von der Mistress of Apocalypse. Alte Profile: Säbelzahneichhörnchen N.S., als Never Scrat fitgemacht für Ice Age 5,9. Neue Ziele: BimBamBina G.Z. wird Mutter Fourage. Ressourcen, reloaded: Calamity Jane I.v.B. überreicht als Lissy Flemming Rosen für den Presseanwalt. Kompetenzen, wahrgenommen: Standhafter Drehkreuzler G.K. stillt endlich die Sehnsucht der V.V. (oder M.M. oder L.L.?). Berufsfeldorientierung, geschüttelt und gerührt: Bondage gefällig – hier fesselt Sie P.B. Optional: Ob obskur(ril), ob Opernball – M.L. g’fallt mir überall.
Ein entgeisterter Bildungsbürger möge sich aber angesichts der Transenterie küblböckianischen Ausmaßes trösten mit dem Hyperironiker – Heinrich Heine, Unstern (ital. Disastro): „Der Stern erstrahlte so munter, da fiel er vom Himmel herunter. Du fragst mich, Kind, was Liebe ist? Ein Stern in einem Haufen Mist“.
hab ich gestern ein wenig...
hab ich gestern ein wenig geschaut, moderation und prüfungen nähren niedrigste instinkte, sind demütigend und blöd – promi oder nicht, das will ich nicht sehen. die aussagen der rtl-chefin im ZEIT-interview von vorletzter woche sind von ähnlicher qualität..
Unglaublich, die Lugners sind...
Unglaublich, die Lugners sind immer für Schlagzeilen gut.
Eines haben sie gemeinsam, sie müssen sich vermutlich mit Ungeziefer herumschlagen. Der eine derschlagt sie, der andere verfüttert sie.
s’Mausi krebst gerade im Dschungelcamp herum. Das bietet sich gerade als Pflichttermin an, diese Sendung anzusehen. Gestern habe ich sie nur vor Freude japsen gehört und gesehen, als sie neben ihrem Partner (ich merke mir keine Namen und kenne den Typen auch nicht. Alles was nach Humphrey Bogart war, kann ich nicht richtig schreiben und weiß auch nicht, wo die mitspielen) sich damisch g’freut hat. Gequiekt hat sie: “Du bist ja richtig gut!”, als ihr Robin Hood mit einem Blasröhrl eine Wassermelone getroffen hat. Wachsen die dort überhaupt? Und wer ist eigentlich die verwitterte blonde Frau in dieser Runde? Ich finde es ja gut, sich nicht wie s’Mauserl an allen Ecken und Enden liften, heben und aufspritzen zu lassen, aber muss man sich dann mit so einem Faltenwurf im Gesicht die Haare noch blond färben?
Was die deutschen Zuseher vermutlich nicht wissen:
Richie, the best macht heute in seiner Lugner City in Wien ein Kakerlaken-Wettessen. Also wer noch nichts zu essen gehabt hat, wirft sich in die U6 und purzelt über den Gürtel direkt in eine Kakerlaken Schüssel. Und der Gag an dieser Aktion ist wohl, dass der Österreichische Tierschutzverein Anzeige erstattet hat. Vielleicht nehmen die in einer Nacht- und Nebelaktion die armen Viecherln bei sich auf, damit sie nicht krachend und knacksend zwischen Zahnplomben zerquetscht werden?