Wenn am Samstagabend bei Pro Sieben die angeheizten Woks die Bobbahn in Winterberg runter sausen, steht bei der Übertragung im Fernsehen oben in der linken Ecke zum ersten Mal „Werbesendung“. (Warum? Das steht hier.) Das Fernsehblog hat mal bei bei „Wok-WM“-Erfinder Stefan Raab nachgefragt, was er davon hält.
Das Fernsehblog: Herr Raab, das Berliner Verwaltungsgericht hat Pro Sieben untersagt, die „TV total Wok-WM“ in ihrer bisherigen Form zu senden, weil darin ständig die Logos der Sponsoren zu sehen sind. Macht Ihnen das was aus?
Stefan Raab: Das Urteil des Gerichts ist aufgrund der momentan existierenden Bestimmungen wohl korrekt – aber ich finde: nicht zeitgemäß.
Einerseits wollen Sie Programm für die Zuschauer machen, sich aber andererseits nicht an die Regeln halten, die ja auch im Sinne der Zuschauer wirken sollen?
Moment mal. Da kann man ja unterschiedlicher Meinung sein. Man muss aber auch mal schauen, wie das in anderen Fällen gehandhabt wird. Ohne Sponsoring würde in der Formel 1 auch keiner seine Runden drehen – und beim Fußball akzeptieren alle, wenn der Fußballtrainer mit dem Taxofit-Aufnäher auf dem Hemd zum Interview kommt. Dem könnte man genauso sagen: Pass mal auf, zieh das Ding aus, und dann kommste hier rein. Wir können die „Wok-WM“ nur in dieser Qualität machen, wenn wir Sponsoren dabei haben. Da wird glaube ich mit unterschiedlichen Maßstäben gemessen. Die Leute kommentieren hier im Blog doch auch, dass sie diesen Unterschied nicht verstehen.
Es geht doch bloß darum, dem Publikum zu signalisieren: Dafür kriegen wir Geld, das kann der Sponsor womöglich beeinflussen – sonst gibt es vielleicht bald auch Fälle, in denen es nicht mehr so offensichtlich zu erkennen ist wie bei der „Wok-WM“.
Ich bin ja dafür, dass es klare Regeln gibt. Aber deswegen muss man ja nicht jede Regel als bedingungslos richtig akzeptieren. Man kann vielleicht auch darauf hinwirken, dass sich das mal ändert. Ich behaupte ja weiterhin: Wok-Fahren ist Sport. Es hat sich ja auch irgendwann mal einer ein Brett unter die Füße geklemmt und ist damit den Hang runter gesaust, bis es so viele gemacht haben, dass Snowboarden inzwischen vom Olympischen Komitee anerkannt ist. Also: Ich akzeptier das alles. Aber ich bin der Meinung, dass man sich mit solchen Regeln auch nach der Zeit richten muss. Und man darf die Leute auch nicht für zu doof halten. Das Argument ist ja: Der Zuschauer kann das nicht unterscheiden.
Vielleicht nicht jeder.
Glauben Sie, die Leute sitzen zuhause und verstehen: dass auf dem Wok „Frosta“ drauf steht, ist Werbung? Aber der Wok selber ist Programm? Das macht doch keiner! Der Gedanke hinter dieser Regel ist ja nur, dass man den Zuschauer für so unmündig hält, dass er nicht unterscheiden kann, was Programm, und was Werbung ist. Und gerade bei uns ist das sehr deutlich zu erkennen. Wenn Andrea Kiewel bei Johannes B. Kerner sagt, wie toll sie Weight Watchers findet, ist das vielleicht was anderes. Aber bei uns steht’s ja auf den Rennanzügen drauf! Mit Schleichwerbung hat das nichts zu tun, da schleicht doch gar nix. Ich find’s schleichender, wenn bei „Wetten dass…?“ wieder einer mit ’nem Audi reingefahren kommt.
Aber an der „Wok-WM“ ändert sich nichts?
Wir müssen bloß pünktlich fertig werden und haben oben „Werbesendung“ im Bild stehen. Für den Zuschauer macht das eigentlich keinen Unterschied. Es fehlt bloß noch, dass sich einer beschwert, dass man das nicht Werbesendung nennen darf, weil vielleicht zu wenig Werbung drin ist. Ich glaube, es wird Zeit, diese Regeln mal zu entzerren und zu vereinfachen.
Wer mehr von Stefan Raab lesen will, der sollte (rechtzeitig zur „TV total“-Jubiläumswoche) am Sonntag mal einen Blick in die F.A.S. werfen.
Und für den Programmhinweis leihen wir uns an dieser Stelle mal die Tafel von N24:
Screenshots (auch Foto oben): N24 / Pressekonferenz zur „TV total Wok-WM 2009“ (die Raab übrigens mit dem Satz anmoderierte: „Herzlich willkommen den Millionen Zuschauern an den TV-Geräten bei N24“).
Ich kann der Argumentation von...
Ich kann der Argumentation von Herrn Raab folgen, auch wenn er natürlich nicht vollends der Subjektivität entsagt haben dürfte. Und auch wenn ich vielleicht nicht den durchschnittlichen TV-Konsumenten repräsentiere, so denke ich doch: Diese pervide Form der Werbung in Kinofilmen (die auch noch Geld kosten), die locker dahin geklatschten Hinweise in Samstagabendshows für Serien, Alben, Bücher und Filme… diese verkappte und ja schon intensiv (aus)diskutierte Positionierung von Mistelgewächsen in schnulzigen Vorabendserien: Dagegen ist eine klare, offensichtliche Werbung auf Trikots, Woks oder Crashcars doch ein wirklich ein Scherz. Wenn ich sehe, dass da Menschen in einer handgedengelten Halbkugel einen Eiskanal runtersausen, dann ist das für mich eine sportliche Spaßveranstaltung, deren Umsetzung mit Sicherheit nicht aus der Kaffeekasse für Mettbrötchen zu bezahlen ist. Und wenn dort Werbung im Spiel ist, dann erkenne ich diese auch an – immerhin (ob man Herrn Raab nun mag oder nicht) wird im Vergleich zu sonstigen Formaten ein nicht unerheblicher Aufwand betrieben uns vor den TV-Kisten zu unterhalten. Wenn jetzt da oben Dauerwerbesendung steht, dann werden sich die vielleicht weniger mündigen Zuschauer denken: „Häää? Und wo kann ich so einen Wok jetzt bestellen?“
Darian, wokweltmeister nach 1975.
Bitte, bitte sagt, dass das...
Bitte, bitte sagt, dass das nicht wahr ist: N24 hat nicht wirklich (und schon gar nicht live) die Pressekonferenz zu der Programmankündigung eines befreundeten Senders übertragen…
"Nicht zeitgemäss" ist ein...
„Nicht zeitgemäss“ ist ein netter Euphemismus, mir will nur noch nicht so recht einfallen wofür genau. In jedem Fall symptomatisch dafür, dass er nicht verstanden hat, und vermutlich auch garnicht verstehen will. Das sei ihm zugestanden, irgendwo ist das auch verständlich – wer lässt sich schon gerne Knüppel zwischen die Bein schmeissen? Dass er den Unterschied zwischen Sport-Sponsoring und seiner künstlich aus dem Boden gestampften Fun-Veranstaltung zu Geldvermehrungszwecken zumindest vorgibt nicht zu verstehen, ist auch nachvollziehbar. Aber was will der interviewte Apologet damit sagen? „Alle machen es doch, also ist es in Ordnung“ … oder etwas in der Art? Das wäre natürlich lustig, und mit solchen abstrusen Begründungen liessen sich ja ganz hervorragend viele lästige Gesetze und Regeln angreifen, die der böse böse Staat den armen armen Bürgern natürlich völlig grundlos aufbürdet. Und wer käme schon auf die Idee, dass Schleichwerbung oder Sponsoring missbräuchlich oder ausufernd sein können? Raab sicher nicht, neiiiin.
Womöglich wäre es aber...
Womöglich wäre es aber wirklich Zeit, die Regeln zu modernisieren. (Das muss ja nicht gleich heißen: abzuschwächen.)
<p>Kann ich mein eigenes Wok...
Kann ich mein eigenes Wok Team gründen, auch wenn das Raab nicht passt? Kann ich mich für die „WM“ qualifizieren, auch wenn dies Raab nicht passt? Kann ich für den Wettbewerb meine eigenen Sponsoren mitbringen, auch wenn die Raab nicht passen? Kann ich meine eigene Wok Serie starten, zum Beispiel unter der Ägide einer Wok Kommission? Also, was soll der F1- und sonstige „nicht zeitgemässe“ Quatsch? Raab soll sagen, er hätte ein lustiges Samstagabend Spektakel erfunden und sähe in der Schleichwerbung ein einträgliches Zusatzeinkommen und dann hat es sich. Aber er bringt’s ja immer wieder fertig, sich trotz aller Qualitäten wieder auf sein Durchschnittsniveau herunter zu hangeln. Irgendwann hält er sich für Ecclestone. Seinen Elton Mosley hat er ja schon. Also, Wok ist kein Sportereigniss, sondern eine durch Werbung finanzierte Amüsiersendung. Und auf dem Ast ja auch lustig. Den Rest soll er sich einmachen. Schönes Wok-enende*!
* Den hier und jetzt zuerst erwähnten Kalauer darf er natürlich benutzen, aber nur wenn er ein einziges Mal sagt von wem er den hat. Sonst muss er natürlich zahlen. Ist ja schliesslich Bezahlfernsehen!)
Bitte sorgt doch beim...
Bitte sorgt doch beim nächsten Interview-Abdruck hier dafür, dass die Argumentation zumindest halbwegs erkennbar und kohärent abgedruckt wird. Nach mehrmaliger Lektüre bleibt völlig rätselhaft, wie das hier irgendeinen Sinn ergeben soll, der nicht eklatant widersprüchlich ist:
>>Das Argument ist ja: Der Zuschauer kann das nicht unterscheiden. | Vielleicht nicht jeder. | Glauben Sie, die Leute sitzen zuhause und verstehen: dass auf dem Wok „Frosta“ drauf steht, ist Werbung? Aber der Wok selber ist Programm? Das macht doch keiner! Der Gedanke hinter dieser Regel ist ja nur, dass man den Zuschauer für so unmündig hält, dass er nicht unterscheiden kann, was Programm, und was Werbung ist. Und gerade bei uns ist das sehr deutlich zu erkennen.<< Stefan Raab weist also die Annahme zurück, dass der Wok-WM-Zuschauer so doof sei, zwischen der Werbung und dem Programminhalt nicht unterscheiden könne - aber gleichzeitig behauptet er mit rhetorischem Nachdruck, genau diesen Unterschied verstünden die Leute NICHT, ja, "diesen Unterschied macht doch keiner!" Oh Mann, Leute...
<p>@körbchengröße: Ich...
@körbchengröße: Ich glaube, er meint, die Zuschauer verstehen sehr wohl, dass sowas wie die „Wok-WM“ eine Sendung ist, die halt Sponsoren hat – aber dass es ihnen egal ist, weil sie nicht sagen: der Teil ist Programm, der Teil ist Werbung.
@Arnulf: Nicht zum ersten Mal....
@Arnulf: Nicht zum ersten Mal. Und das Lustigste daran ist: dass N24 einen Reporter hinschickt, der dann ein Raab-Interview simuliert, und in der Fragerunde nachher sich nur ein Pro-Sieben-Mitarbeiter mit einer Frage meldet.
<p>Das Urteil sollte nicht das...
Das Urteil sollte nicht das letzte Wort sein. Könnte mir vorstellen, daß eine Berufungsinstanz eine Nachbesserung fordert, sodaß auch bei anderen Sendungen „Werbung“ eingeblendet wird. Z.B. wenn bei Wetten…daß ?! das Auto hereingefahren wird. Bzw: Beachvolleyball ist auch nur eine konstruierte Veranstaltung ohne sportlichen Charakter.
Der Spruch wundert mich allerdings nicht. Amt schützt Behörde
<p>Ja, das sind Probleme die...
Ja, das sind Probleme die WIRKLICH Wichtig sind.
Das ein Sender wie N24 Live berichtet ist einfach nur Traurig und zeigt wie weit es in der Deutschen Nachrichtenlandschft gekommen ist.
Gute Nacht DE, ….