Das Fernsehblog

Das große Klauen (4): Der Maklerdoku-Kuppelshow-Kopiercheck

Manchmal reicht schon ein Blick in die Fernsehzeitschrift, um festzustellen, dass sich wieder ein Sender von einem Programm hat inspirieren lassen, das schon mal anderswo gelaufen ist. Damit ist die verdächtigte Sendung aber nicht automatisch geklaut. Machen wir doch mal die Probe mit zwei aktuellen Beispielen.

 

„Papa gesucht“ (RTL) vs. „Kleine Familie sucht große Liebe“ (ZDF)


Screenshots: RTL/ZDF

Seit dem vergangenen Samstag zeigt das ZDF die Sendung „Kleine Familie sucht große Liebe“, in der alleinerziehende Mütter und Väter mit ihren Kindern bei der Partnersuche unterstützt werden. Im Interview auf ZDF.de wird Autorin Iris Bettray gefragt:

„Warum ein neues Doku-Format mit Alleinerziehenden auf Partnersuche?“

Äh. Moment mal? Was heißt denn hier neu? RTL macht das schon seit längerem. Dort heißt die Sendung „Papa gesucht“, moderiert von Inka Bause (Folgen kostenpflichtig bei RTL Now!). Die neueste Staffel ist gerade erst (mit mäßigem Erfolg) zu Ende gegangen, fünf Tage vor dem Start der ZDF-Reihe.

In der ersten Folge von „Kleine Familie sucht große Liebe“ (Video ansehen) durfte sich der 41-jährige Fahrlehrer Frank mit seinen Kindern drei Verehrerinnen aussuchen, die ihm nach einem Aufruf in der ZDF-Allzwecksendung „Volle Kanne“ Briefe geschrieben hatten. Jede der drei Frauen bekam nachher von ihm und seinen Söhnen Besuch, es gab Kaffee und Kuchen und einen Ausflug zum Bowling oder auf die Kartbahn, damit die Kinder auch einen guten Eindruck bekommen. Später durfte Frank seine Favoritinnen noch einmal für ein romantisches Treffen alleine besuchen. Dann tagte der Familienrat, um zu entscheiden, welche Frau in die eigene Wohnung eingeladen wird. Nächste Woche versucht Rebecka aus Waiblingen mit Hilfe des Fernsehens, einen Mann zu finden.

Bei „Papa gesucht“ braucht das Glück etwas länger – und alleinerziehende Männer dürfen gar nicht erst mitmachen. Stattdessen werden die sechs Kandidatinnen alle gleich in der ersten Folge vorgestellt, schauen sich statt Briefen Videobotschaften von potenziellen Partnern an, die sich beim Sender beworben haben, und treffen sich dann alleine mit ihren Favoriten zum Kaffee. Später entscheiden die Frauen, welcher Mann den Kindern vorgestellt wird. Die Folgen sind nicht in sich abgeschlossen.

Und weil wir inzwischen ja (zumindest in Ansätzen) wissen, was ein echtes Fernsehformat ausmacht, lässt sich hier eigentlich ziemlich schnell sagen: Obwohl die Idee der beiden Sendungen dieselbe ist, sind „Papa gesucht“ und „Kleine Familie sucht große Liebe“ unterschiedlich aufgebaut. Die ZDF-Kuppelshowvariante verzichtet zudem auf eine Moderation.

Also: kein Klau. (Ob das ZDF eine solche als „Dokumentation“ getarnte Dokusoap senden muss, ist allerdings eine andere Frage.)

 

„Unser neues Zuhause“ (RTL) vs. „Dein neues Haus“ (Kabel 1)


Screenshots: RTL/Kabel 1

Vor anderthalb Wochen startete Kabel 1 seine Dokusoap „Dein neues Haus“, laut Sender „die neue Makler-Doku rund um das neue Zuhause“.

Äh. Moment mal? Was heißt denn hier neu? RTL macht das schon seit 2006. Dort heißt die Sendung „Unser neues Zuhause“, moderiert von Inka Bause (hier klappt das jetzt endlich auch mit dem Reim). Die letzte Staffel ist schon ein Weilchen her, aber was Kabel 1 da macht, erinnert doch sehr an das gruselig-kitschige RTL-Vorbild.

In dem suchten Liebespaare oder Familien eine neue Behausung, weil die alte zu laut, zu teuer oder zu unluxuriös war. Freundliche Makler machten sich auf die Suche nach einer Alternative und empfahlen drei besonders geeignete Objekte zur Besichtigung. Nachher durfte das Fernsehen bei der Entscheidung dabei sein, wenn der Vertrag unterschrieben wurde.

Bei Kabel 1 suchen jetzt Liebespaare oder Familien eine neue Behausung, weil die alte zu laut, zu teuer oder zu unluxuriös ist. Freundliche Makler machen sich sofort auf die Suche nach einer Alternative und empfehlen besonders geeignete Objekte zur Besichtigung. Nachher darf das Fernsehen bei der Entscheidung dabei sein, wenn der Vertrag unterschrieben wird, und manchmal auch noch beim Einzug.

„Unser neues Zuhause“ und „Mein neues Haus“ ähneln sich nicht nur wegen des Titels. Auch die Präsentation der besichtigten Immobilien ist dieselbe – selbst wenn in der Kabel-1-Version die Off-Texte nicht ganz so schlimm geraten sind wie damals bei RTL, wo es in schönstem Katalogdeutsch hieß:

„Die exklusive Villa befriedigt allerhöchste Wohnansprüche. Das lichtdurchflutete Wohnzimmer verfügt über einen offenen Kamin. Und auch die anderen Räume bestechen durch ein gehobenes Ambiente.“


Screenshots: RTL/Kabel 1

Also: schon eher ein Klau. Obwohl Kabel 1 sich natürlich jederzeit darauf berufen könnte, dass „Dein neues Haus“ doch ein vollständig anderes Format ist, weil darin ebenfalls keine Moderatorin vorkommt.

Denn manchmal reichen schon kleinste Änderungen, um aus einem Format, das als schützenswert gelten würde, ein neues zu machen. Unter anderem deshalb ist Formatschutz auch so schwer vor Gericht durchzusetzen. Was passiert, wenn sich der Produzent eines „Originals“ trotzdem zu wehren versucht, steht im nächsten Teil unserer kleinen Serie, demnächst im Fernsehblog.

(Ach so: Dass beide RTL-Versionen der Sendungen, die oben verglichen wurden, von Inka Bause moderiert wurden, ist sicher Zufall. Dass sich sowohl das ZDF als auch Kabel 1 dafür entschieden haben, in ihren Adaptionen die Moderatorin wegzulassen, vielleicht eher nicht.)

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