Das Fernsehblog

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Von wegen sterbendes Medium: 225 Minuten sieht jeder von uns im Schnitt täglich fern. In diesem Blog stehen die Gründe dafür. Und die dagegen.

Was sich alles nicht vom Privatfernsehen auf ARD und ZDF übertragen lässt

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ZDF-Programmchef Thomas Bellut macht den Produktionsfirmen wenig Hoffnung, dass sie mit ihren Ideen, die sie wegen der Werbekrise nicht mehr bei den Privatsendern unterbringen, bei den öffentlich-rechtlichen landen können. Die wenigsten Formate ließen sich einfach so übertragen, sagt er. Offenbar gibt es aber eine winzige Zahl von Ausnahmen von dieser Regel...

Der „Spiegel“ berichtet in seiner aktuellen Ausgabe darüber, wie die einbrechenden Werbeerlöse dazu führen, dass die privaten Fernsehsender ihre Ausgaben zurückfahren müssen. Für ARD und ZDF seien das gute Zeiten, heißt es:

Weil sie sichere Gebührenmilliarden einnehmen, sind sie für Produzenten so attraktiv wie selten. Die würden ihm fast die Türen einrennen, sagt ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut. Aber manche Hoffnung, bei den Privaten abgelehnte Formate bei den Öffentlich-Rechtlichen unterzubringen, dürfte sich zerschlagen. Das wenigste lasse sich einfach von einem Privatsender auf öffentlich-rechtliches Fernsehen übertragen, meint Bellut.

Recht hat er. Welche Formate lassen sich schon einfach so vom privaten aufs öffentlich-rechtliche Fernsehen übertragen?

Die Daily Soap ist eine Ausnahme, wie „Marienhof“ und „Verbotene Liebe“ in der ARD beweisen (und der ZDF-Versuch, mit „Jede Menge Leben“ eine eigene Variante von „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ im Programm zu etablieren, brachte es auch immerhin auf 313 Folgen).

Ach ja, und die Telenovela ist im Grund natürlich auch ein privates Format, macht sich aber gerade als „Sturm der Liebe“ (ARD), „Rote Rosen“ (ARD) und „Alisa – Folge deinem Herzen“ (ZDF) im öffentlich-rechtlichen Nachmittagsprogramm breit.

Sicher, die tägliche Quizshow wäre noch ein Gegenbeispiel, ein gewisser Jörg Pilawa hatte sie vor ein paar Jahren bei Sat.1 etabliert, kam aber dann damit ins Erste.

Logisch, die große Prime-Time-Quizshow mit Riesengewinnen muss man auch ausnehmen, wenn man die Show „CA$H – Das eine Million Mark Quiz“ kennt, mit der das ZDF 2001 auf den Erfolg von „Wer wird Millionär“ im ZDF reagierte.

Klar, das Konzept eines Boulevardmagazins ließ sich auch relativ mühelos von „Explosiv“ (RTL) auf „Brisant“ (ARD) und „Hallo Deutschland“ (ZDF) übertragen.

Und Castingshows natürlich, aus „Deutschland sucht den Superstar“ (RTL, 2002) wurde ruckzuck „Die deutsche Stimme“ (ZDF, 2003).

Okay, und Doku-Soaps sind auch eine Ausnahme: Die RTL-Reihe „Papa gesucht“ läuft im ZDF unter dem Titel „Kleine Familie sucht große Liebe“, die RTL-Reihe „Unser neues Zuhause“ heißt in den Dritten Programmen von WDR und NDR „Frau Dr. Haus“ und das Konzept der RTL-Reihe „Rach der Restauranttester“ findet sich im NDR-Fernsehen unter dem Namen „Retten Sie unser Hotel!“

Richtig, Test-Shows müsste man noch nennen: Nachdem bei RTL von 2001 an „Der große IQ-Test“ lief, machte die ARD 2003 aus der Idee unter anderem „Pisa“ mit Jörg Pilawa und das ZDF 2007 „Wie schlau ist Deutschland“ mit Johannes B. Kerner.

Hach, und die Familientauschformate sind natürlich auch Ausnahmen, wie die ZDF-Sendung „Gottschalk zieht ein“ und die ARD-Variante „Hausbesuch“ bewiesen.

Und die Idee, im Talk am Sonntagabend so gegen zehn mit Politikern Woche für Woche die gleichen Themen durchzunudeln, die ließ sich auch ganz leicht vom privaten („Talk im Turm“, Sat.1, ab 1990) ins öffentlich-rechtliche („Sabine Christiansen“, ARD, ab 1998) Fernsehen übertragen.

Gut, und das Format der B-Promi-vor-Filmausschnitt-Shows, in denen unbekannte Menschen Dinge und Ereignisse kommentieren, möglichst verbunden mit irgendeinem Ranking, musste von den Vorbildern wie der „Ultimativen Chart-Show“ oder der „80er Show“ (beide RTL) auch nicht verändert werden, um endlos vervielfacht in den Dritten Programmen wie dem HR-Fernsehen Platz zu finden.

Aber von diesen wenigen Ausnahmen abgesehen, da hat Herr Bellut schon Recht, lassen sich wirklich die wenigsten Formate einfach vom Privatfernsehen auf öffentlich-rechtliches Fernsehen übertragen.


43 Lesermeinungen

  1. SamaX sagt:

    So einfach ist das ja nun auch...
    So einfach ist das ja nun auch nicht 😉 Man bedenke, dass es immerhin noch die große Herausforderung gibt, solche Formate ohne Werbung (Werbeblöcke sind gemeint 😉 ) zu produzieren. Diese zusätzlichen Minuten muss man ja erstmal mit Inhalt füllen…

  2. Paule sagt:

    Tja... Herr Bellut. Eigentor....
    Tja… Herr Bellut. Eigentor. Besonders wo das ZDF bei der Unterhaltung ein fieses Defizit bei Zuschauern ohne graue Haare hat.
    Umgekehrt käme er besser weg. Anständige Nachrichten bei den Privaten? Ernsthafte Dokumentationen? Anspruchsvolle Filme? Kulturmagazine? Politsatire?
    Wenn man sich überlegt, dass Nano mal ein Me-to-Produkt nach Galileo war und wie sich Galileo sehr zum Schlechteren verändert hat, während Nano immer noch hochwertig daherkommt…
    Und Stefan: Jede noch so inhaltsübersichtliche Telenovela ist ehrlicher als Scripted Reality wie Mitten im Leben.

  3. So langsam scheint mir als...
    So langsam scheint mir als habe Herr Peer sowohl als auch Herr Niggemeier aktuell langeweile und müssen sich irgendwelche wirklich unwichtigen Themen raussuchen um daraus binnen kürzester Zeit eine wahre Blogflut loszutreten. Dabei sei angemerkt: Die Idee, in Form eines Blogs das TV- und Mediengeschehen kritisch zu hinterfragen: Von wem eigentlich ist diese Idee geklaut? Und werte Autoren: Wenn Sie einmal tief in der Vergangenheit von ARD, ZDF und WDR buddeln möchten: Da wurden schon Quizsendungen veranstaltet, Talkshows abgehalten und anderweitige Formate erfolgreich etabliert: Da wusste man noch nicht einmal, was Privatfernsehen bedeutet und das so etwas jemals kommen würde…. also eigentlich haben die Diebe von den Dieben geklaut was die Diebe einst von den Dieben klauten. Oder so?
    Darian, diebisch seit 1975.

  4. Martman sagt:

    Stefan bist du dir sicher,...
    Stefan bist du dir sicher, dass jedes Format vorher schon auf den privaten TV-Sendern gelaufen ist? z.B. Raus aus den Schulden kommt von der ARD.

  5. @Darian: Ja, Quizshows gab es...
    @Darian: Ja, Quizshows gab es schon, als es das Privatfernsehen noch nicht gab. Aber eine Show wie „CA$H“ war, wie man unschwer erkennen konnte, die unmittelbare Reaktion auf „Wer wird Millionär“.
    Es geht doch hier gar nicht ums Klauen. Es geht um die lustige Aussage von Herrn Bellut, dass sich Formate der Privatsender nicht ins öffentlich-rechtliche Fernsehen übertragen lassen.
    @Martman: Nein, ich bin mir nicht sicher, dass jedes Format vorher schon auf den privaten TV-Sendern gelaufen ist. Ich hab das aber auch nicht behauptet.

  6. Martman sagt:

    @ Darian, ich wünsche mir...
    @ Darian, ich wünsche mir auch mal wieder andere Themen – der klaut von dem und der von dem…. langsam wird das anstrengend zu lesen.
    @ Stefan, z.B: Ich würde mir wünschen du würdest mal über die Mainzer Medientage schreiben, die habe ich in der ZDF.Mediathek gesehen, oder hast du darüber schon woanders geschrieben? Dein Vortrag über äähm „public value“ fand ich interessant.
    P.S. das war, glaube ich, das erste Mal, dass ich Darian zustimme 🙂

  7. Michael sagt:

    Sehr schön.

    Allerdings...
    Sehr schön.
    Allerdings würde bei „CA$H“ und „Die deutsche Stimme“ schon stimmen, dass sich das nicht „einfach so“ übertragen lässt. Hat ja nicht geklappt, die RTL-Vorbilder laufen deutlich besser. Falls das ZDF aus solchen Fehlern gelernt haben sollte, darf Bellut das auch so sagen. Also falls. Naja.
    Trotzdem, da sind ja noch die anderen Beispiele und es bleibt auch so ein schöner Text.

  8. Martman sagt:

    P.S. ich habe mal ein paar...
    P.S. ich habe mal ein paar stichproben gemacht und bei denen hast du immer richtig gelegen stefan. 🙂

  9. J. S. sagt:

    @Stefan:
    Telenovelas gab es...

    @Stefan:
    Telenovelas gab es aber schon in den 80ern in der ARD, also bevor die Privaten auf diesem Zug aufgesprungen sind. Ich erinnere nur an „Die Sklavin Isaura“. Ich musste manchmal mitschauen, weil meine Eltern sich dies angetan haben.
    Irgendwann war das Interesse so gering, dass man auf keinem Sender eine Telenovela vorfinden konnte.
    Mit „Verliebt in Berlin“ kam es zur Renaissance der Telenovelas.
    Ein Punkt fehlt.
    Nachdem mit „Hans Meiser“ und „Ilona Christen“ RTL sehr erfolgreich war, kopierten andere Sender dieses Format des Daily-Talks. Neben Sat.1 und Pro7 gab es dann tatsächlich im ZDF einen weniger erfolgreichen Daily-Talk-Abklatsch mit Tommi Ohrner.

  10. MTSiegl sagt:

    Es kotzt einen an dieses...
    Es kotzt einen an dieses hochnäsige Gequassel Herr Niggemeier. Wenn man wieder um Werte diskutiert oder sich fragt, wie eine Gesellschaft so verkommen konnte, dann hat das etwas damit zu tun, dass man respektlos ist und respektlose Sendungen macht und keinen Respekt vor Millionen grauen Zuschauern hat und auch noch Unwahrheiten verbreitet. Wer hat die Telenovela in Deutschland eingeführt und gibt vielen Hundert Leuten Arbeit, Brot und offensichtlich Spass. Wer hat große Shows gemacht, wer hat Talkshows eingeführt. Note sechs Herr Niggemeier. Und vielelicht mal journalistisch sauber recherchieren statt zu geifern und die Privatsender hoch zu halten. Sie werden doch nicht etwa von denen bezahlt?

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