Wenn Forscher in der Zukunft die Entwicklung der deutschen Sprache ergründen wollen, werden sie sich unweigerlich mit dem Fernsehen der Nuller Jahre beschäftigen müssen. Und mit seiner Sprachbotschafterin Heidi Klum. Der Frau, die in „Germany’s Next Topmodel“ einer ganzen Generation vorlebte, was nötig ist, um Erfolg zu haben: ein eiserner Wille, eine schier unerschöpfliche Ausdauer, sich selbst zu vermarkten – und möglichst geringe Grammatikkenntnisse.
Keine Ahnung wie Ihnen das geht, wenn Sie aus Versehen mal bei „Germany’s Next Topmodel“ reinschalten, und Frau Klum reden hören. Mir läuft’s immer eiskalt den Rücken runter. Vor allem bei ihren gefürchteten „als wie“-Sätzen. (In der Folge vom Donnerstag lobte sie Kandidatinnen, die bei einer Aufgabe „mehr kreativ als wie die anderen“ waren.)
Wo ist eigentlich Wolf Schneider wenn man ihn mal braucht?
So sehr sich viele der Zuschauerinnen auch wünschen, selbst Karriere als Model zu machen: Donnerstags liefert Pro Sieben ihnen gerade Woche für Woche die besten Argumente, warum es sich doch lohnen könnte, erstmal die Schule fertig zu machen. Und wer sich mal die Mühe macht, sich mit dem Lästern zurückzuhalten und stattdessen genau hinzuhören, was inder Sendung alles geredet wird, merkt schnell, dass unfassbar oft immer die selben Standardsätze fallen und wie sehr die Kandidatinnen dieses von der Jury erlernte Neusprech für sich adaptiert haben (ohne zu merken, wie hohl das manchmal klingt).
Zugegeben: Die sprachliche Redundanz passt gut zur Sendung, mit der die Produktionsfirma Tresor TV eine Erfolgsformel für massenattraktives Privatfernsehen gefunden zu haben scheint. Sie lautet: Je langweiliger der Inhalt desto erfolgreicher die Show. Anders lässt sich das nicht erklären, dass Pro Sieben vor dem Finale am kommenden Donnerstag einen Quotenrekord nach dem nächsten meldet. Und das obwohl die Castingshow in der vierten Staffel ungefähr noch so abwechslungsreich ist wie die Ziehung der Lottozahlen.
Kann sein, dass Bruce fehlt.
Kann sein, dass man als Redakteur abstumpft, wenn man im vierten Jahr nacheinander eine Castingshow wuppen muss, bei der die Werbekunden genauso viel mitzureden haben wie der Sender.
Kann auch sein, dass es Tresor TV inzwischen einfach egal ist, was in der Sendung passiert. Die Leute gucken ja eh zu.
Vielleicht ist es weltfremd, das doof zu finden.
Wöchentlich über 4 Millionen Menschen für das Making-of eines Werbeblocks zu begeistern, das von Werbung unterbrochen wird, muss Pro Sieben aber ja auch erst mal einer nachmachen.