Das Fernsehblog

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Von wegen sterbendes Medium: 225 Minuten sieht jeder von uns im Schnitt täglich fern. In diesem Blog stehen die Gründe dafür. Und die dagegen.

Lieber schlecht allein als gut mit Raab? ARD behält Grand-Prix für sich

| 41 Lesermeinungen

Die geplante Zusammenarbeit zwischen der ARD und Pro Sieben beim Vorentscheid zum Eurovision Song Contest ist geplatzt. In einer Schaltkonferenz der Intendanten heute Nachmittag fand sich keine Mehrheit für die Pläne des NDR, auf die Kompetenz von Stefan Raab zurückzugreifen.

Die geplante Zusammenarbeit zwischen der ARD und Pro Sieben beim Vorentscheid zum Eurovision Song Contest ist nach Informationen dieses Blogs geplatzt*. In einer Schaltkonferenz der Intendanten heute Nachmittag fand sich keine Mehrheit für die Pläne des NDR. Zuvor hatten sich bereits die Programmdirektoren der ARD-Anstalten nicht einigen können und die Entscheidung an ihre Chefs delegiert.

Thomas Schreiber, der ARD-Unterhaltungschef und amtierende Grand-Prix-Beauftragte, wollte den Vorentscheid als „nationale Aufgabe“ inszenieren, die nicht nur seinen Sender betreffe. Er hatte angekündigt, neue Partner zu suchen. Offenbar sollte Stefan Raab die Veranstaltung mitorganisieren. Raab hat Deutschland nicht nur als Komponist und Interpret dreimal relativ erfolgreich bei dem Musikwettbewerb vertreten. Er hat mit seiner Alternative „Bundesvision Song Contest“ auch geschafft, was die ARD verzweifelt versucht: die Musikindustrie mit ins Boot zu holen und einen attraktiven, vielfältigen Querschnitt aktueller deutscher Popmusik auf die Bühne zu bringen (in diesem Jahr gewann Peter Fox). Zudem hat Raabs Haussender Pro Sieben das junge Publikum, das dem Ersten nicht nur für einen solchen Wettbewerb fehlt.

Ein längeres Auswahlverfahren, vielleicht mit Casting-Show-Elementen, das sowohl auf Pro Sieben als auch im Ersten stattfindet, hätte natürlich für ein gewisses Aufsehen gesorgt. Eine solche öffentlich-rechtlich-private Zusammenarbeit wäre aber, anders als die „Süddeutsche Zeitung“ und die „Welt“ in den vergangenen Tagen berichteten, keineswegs eine Premiere gewesen. Schon 2004 holte sich die ARD beim Versuch, den Wettbewerb zu modernisieren, die Unterstüzung des Kommerzfernsehens: Alle Teilnehmer wurden beim ehemaligen Musiksender Viva vorgestellt, mussten Videos produzieren und in die Single-Charts einsteigen. Der eigentliche Vorentscheid wurde von der damaligen Viva-Moderatorin Sarah Kuttner mitpräsentiert.

Für die ARD-Intendanten war es offenbar trotzdem ein gewaltiges Politikum. Ihr Nicht-Votum scheint wieder einmal die Wahrnehmung zu bestätigen, dass jede mutige Entscheidung des Senderverbundes von der Vielzahl von Entscheidungs- und Bedenkenträger zerredet wird.

Natürlich wäre es ein Offenbarungseid der ARD-Unterhaltung gewesen, größere Teile des Vorentscheids an Pro Sieben zu delegieren. Aber wie das mit Offenbarungseiden so ist: Sie sind ehrlich. Das Erste hat keine Unterhaltungskompetenz diesseits von Florian Silbereisen und den Retortenshows, die vom Fließband Jörg Pilawas kommen. Sich einen kompetenten Partner wie Stefan Raab zu holen, hätte aus dem Offenkundigen nur eine richtige Konsequenz gezogen. Raab hat es nicht nur eigenhändig geschafft, das Genre der großen Samstagabendshow wiederzubeleben. Er hat auch viele Male bewiesen, dass er eine Leidenschaft für das Thema Musik hat.

Was immer dabei am Ende für ein deutscher Vertreter herausgekommen wäre und wie immer er beim Finale in Norwegen abgeschnitten hätte: Die Zusammenarbeit wäre eine Chance gewesen, die Show zu professionalisieren. Und womöglich hätte sie auch noch einfach Spaß gemacht.

Die ARD hat kein Problem damit, Sendeformen und Formate des Privatfernsehens zu kopieren und ihr Programm damit zuzupflastern. Aber über den eigenen Schatten springen und mit Raab eine populäre, relevante Musikshow auf die Bühne stellen, dazu kann sie sich nicht durchringen? Ein merkwürdiger Verein ist das.

*) Nachtrag, 21. Mai, 13:20 Uhr. Die Befürworter einer Zusammenarbeit mit Raab in der ARD geben sich noch nicht geschlagen. Obwohl ihr Plan von der Mehrheit der Intendanten abgelehnt wurde, sehen sie ihn noch nicht gescheitert – auch weil es nicht zu einer förmlichen Abstimmung kam. Nach der Schaltkonferenz versuchten sie, einen Weg zu finden, der die Tür zu einer Kooperation offenhält. In einer sorgfältig abgestimmten Stellungnahme verbreitet die ARD deshalb heute demonstrativ Optimismus und preist Raab:

„Stefan Raab hat in den vergangenen Jahren bereits drei Mal am Eurovision Song Contest als Sänger, Komponist und Produzent teilgenommen – und dies jeweils mit einer Platzierung unter den besten Acht. Seine Musikkompetenz und seine hohe Professionalität sind unbestritten. Insofern wäre eine Kooperation zwischen der ARD und Stefan Raab sowie Pro7 reizvoll. Allerdings sind noch einige Fragen zu diskutieren, so zum Beispiel die Einbindung der Pop- und Jugendprogramme der Landesrundfunkanstalten der ARD. Wir sind zuversichtlich, die offenen Fragen zeitnah klären zu können.“ 


41 Lesermeinungen

  1. Hasenherz sagt:

    Ist die ARD denn verpflichtet,...
    Ist die ARD denn verpflichtet, am ESC teilzunehmen?

  2. erSucher sagt:

    Da fehlt ein "er"...
    Da fehlt ein „er“ in:
    „bewiesen, dass eine Leidenschaft für das Thema Musik hat.“

  3. Matthias sagt:

    NDR bzw. ARD sind wirklich nur...
    NDR bzw. ARD sind wirklich nur noch peinlich. Immer wenn man denkt, peinlicher wird’s nicht mehr, kommt noch was Schlimmeres… 2007 kündigt man eine große PK an, und jeder denkt sich, wunder wer da kommt — und dann war’s nur Heinz Rudolf Kunze. Ende 2008 streicht man die Vorentscheidung und begründet das damit, dass man Topstars locken will, „die sich nicht einer VE stellen möchten“ — und dann kommt ein unbekannter Musicalsänger bei raus. Und jetzt noch diese peinliche Nummer….
    Warum kooperiert man eigentlich nicht mit den ARD-eigenen Hörfunkprogrammen, vor allem jenen, die Musik für Jüngere spielen?

  4. Beff sagt:

    ARD ist so doof!
    Wir bekommen...

    ARD ist so doof!
    Wir bekommen niemals 12 Punkte mit den Songs was die da anschleppen! Die haben einfach keinen Musikgeschmack.
    Gebt den Eurovision Song Contest mal an ProSieben ab, dann gewinnt auch Deutschland mal wieder!
    So wird das nie was wie man sieht! Wir haben ja auch so viele Freunde in Europa.

  5. @Hasenherz:
    Meines Wissens...

    @Hasenherz:
    Meines Wissens nicht, aber die ARD nimm als Teil der EBU (European Broadcasting Union) für Deutschland daran teil.
    Ich persönlich finde es auch schade, dass die ARD-Intendaten nicht über ihren Schatten gesprungen sind – und bin gespannt, wie man nächstes Jahr wieder auf Vorjahres-Kurs (von jetzt gerechnet…) gehen wird.

  6. Mike sagt:

    Ich stelle mir die ganze Zeit...
    Ich stelle mir die ganze Zeit die Frage, ob überhaupt jemand mal den Metzger gefragt hatte? Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Stefan Raab einfach so seine Kompetenz und seine Person in den Topf schmeißt, ohne beim Format selber ganz groß mitreden zu können.

  7. Korrektur sagt:

    Im drittletzten Absatz: "ein...
    Im drittletzten Absatz: „ein Offenbarungseid“ und im letzten Satz fehlt ein „er“.

  8. Andi sagt:

    Die ARD braucht einen...
    Die ARD braucht einen aufgeklärten Monarchen an der Spitze.

  9. Neugierig sagt:

    Hallo Herr Niggemeier,

    was...
    Hallo Herr Niggemeier,
    was mich mal interessieren würde: Hat eigentlich mal jemand Herrn Raab gefragt, ob er denn für eine Kooperation mit der ARD überhaupt zur Verfügung stünde?
    herzliche Grüße,
    Ihr neugieriger Leser

  10. Ebent sagt:

    Lasst doch mal das ZDF machen....
    Lasst doch mal das ZDF machen. Die sind doch auch in der EBU, gell? Und den Vor N tscheid mit Frau Nebel! Und dann schicken wir so ein paar Volkstümel-Hansels nach Oslo. Das wäre mal authenteutsch. So kämen „wir“ 100pro in die Top5!

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