Wahrscheinlich würde das niemanden groß wundern, wenn das ZDF-Logo bald so aussähe:
Logos: ZDF / Sat.1 [M: Das Fernsehblog]
Aus irgendeinem unerfindlichen Grund bedient sich das Zweite schließlich seit einiger Zeit großzügig beim Privatfernsehen, anstatt sich die Mühe zu machen, eigene Ideen zu entwickeln. Vielleicht hat sich Programmchef Thomas Bellut (Sie wissen schon: der Mann, der erhebliche Unterschiede zwischen privatem und öffentlich-rechtlichem Fernsehen sieht) aber auch bloß gedacht: Wozu der ganze Aufwand, wenn bei Sat.1 doch noch so viele Serienideen rumliegen, die dort keiner mehr braucht, für die das Publikum aber inzwischen alt genug ist, um sie sich im ZDF noch mal anzusehen?
Im vergangenen Jahr zeigte das ZDF deshalb eine Neuverfilmung des „Bergdoktors“, der 1992 bis 1997 im Programm von Sat.1 herumdokterte, im Juli läuft die Fortsetzung zu „Kommissar Rex“ (1994 bis 2004 bei Sat.1) an, bei der man immerhin den Titel erheblich variiert hat, weshalb die Serie künftig nur noch „Rex“ heißt. Das geht jetzt immer so weiter.
Am Dienstagabend zum Beispiel war bei mir das ZDF eingeschaltet und ich dachte: Mensch, der Ingolf Lück ist aber auch dick geworden. Dabei war das gar nicht der Lück, der da in einer alte Sat.1-„Wochenshow“-Wiederholung moderierte, die Sendung war nicht mal alt (weil nämlich kein Wort über „Bundeskanzler Kohl“ oder „Bundeskanzler Schröder“ verloren wurde), es war nicht mal die „Wochenshow“, wie ich zu meinem Erstaunen feststellen musste. Sondern die „heute show“, das neueste Prestige-Projekt des ZDF . Ohne Ingolf Lück, dafür mit seinem Kumpel Oliver Welke und einer farbintensiveren Kulisse.
Aber der Rest war genauso wie vor zehn Jahren.
Fotos: Sat.1 / ZDF
Welke zeigte lustige Ausschnitte mit Politikern, nannte Wirtschaftsminister zu Guttenberg den „Gustav Gans der deutschen Politik“ und machte sich ein bisschen übers Tagesgeschehen lustig: Opel, SPD, Bundespräsidentenwahl, Jürgen Klinsmann, Opel. Statt Kurznachrichten mit „Danke, Anke“ Engelke gab es zwei okaye Trendbarometer-Parodien mit Martina Hill (von „switch reloaded“) als Demoskopin „Tina Hausten“ (eine Anspielung auf Bettina Schausten, Leiterin der Hauptredaktion Innenpolitik beim ZDF – nein, an die müssen Sie sich nicht erinnern).
Und irgendwer wird es für eine lustige Idee gehalten haben, nicht nur so zu tun als würden Korrespondenten aus fernen Orten (wie Rüsselsheim Bochum) zugeschaltet, sondern das nach dem Gespräch auch noch selbst als Fake zu entlarven und in der Studio-Totalen zu zeigen, dass sie bloß nebendran vor einer Greenscreen standen.
Screenshot: ZDF
Zwischendurch durfte Spiegel-Online-Satirist Martin Sonneborn einen lustig gemeinten Einspieler beisteuern, in dem er das machte, was er am besten kann: sich über Ossis lustig machen. Hm.
Und ich bin mir nicht ganz sicher, aber: Kamen die Lacher in der „heute show“ (wenigstens zum Teil) vom Band – so konzentriert und korrekt, wie die vermeintlichen Pointen mit kleinen Lachschüben aus dem Publikum gekrönt wurden?
Das Einzige, was die „heute show“ wirklich von der Sat.1-„Wochenshow“ unterschied, war der hohe Anspruch, mit dem das ZDF die neue Sendung vorstellte, als „monatliche Nachrichtensatire“, die nicht nur „witzig und bissig“ werden sollte, sondern auch „unterhaltsam und geistreich zugleich“, weil man schließlich „keinem Geringeren als Comedian Oliver Welke“ anvertraut habe, „hohle Politikerphrasen und dümmliche Wahlversprechen“ der Politiker zu „entlarven“. Das klingt fast aufklärerisch – wirkte aber in der ersten Ausgabe so hoffnungslos altmodisch, dass man sich am liebsten Urban Priol und „Neues aus der Anstalt“ von vorher zurückgewünscht hätte, wo schon dieselben Scherze über die „WUMS“-Europawahlplakate der Grünen gemacht wurden (nur eben früher). Und im „Entlarven“ sind definitiv die Kollegen von „Toll!“ bei „Frontal 21“ besser.
Das alles wäre aber gar nicht mal weiter schlimm, wenn das ZDF endlich öffentlich zugeben würde, was es eigentlich vorhat: so zu werden wie Sat.1 in den 90ern. Mit ein bisschen Glück kommt dann irgendwann auch Harald Schmidt.
Wiederholung der „heute show“ am Mittwochabend (heute) um 20.30 Uhr im ZDF.dokukanal und am Samstag um 23.50 Uhr bei 3sat.
Und falls Sie jetzt noch an einer zweiten Meinung interessiert sein sollten: Der Kollege Jörg Thomann hat die „heute show“ auch gesehen. Hier geht’s zum FAZ.NET-Text „Ein Schnaps aufs Grundgesetz“.