Das Fernsehblog

Zack, zack, ZDF – die EU im Schnelldurchlauf erklärt

Am schönsten ist der Schluss: Als Katrin Bauerfeind mit dem Fallschirm auf einer Wiese im hessischen Gelnhausen landet, sich den Helm abzieht und einfach weitermoderiert, als hätte sie das schon hundert Mal gemacht. „Vielleicht haben Sie jetzt ein bisschen mehr Lust, am Sonntag zur Wahl zu gehen“, hat sie gesagt und sich verabschiedet, bevor die Kamera auf die Musikkappelle nebendran schwenkte, die zum Abspann die Europahymne „Freude schöner Götterfunken“ anstimmte.

„EU von A bis Z“ heißt die kleine Sendung, die am Dienstagabend gegen 23 Uhr im ZDF gezeigt wurde, nach dem Fußball und dem ZDF.spezial zum Absturz der Airbus-Maschine aber ein bisschen unterging. Das ist schade, denn die Europaschau hätte ruhig ein paar Zuschauer mehr verdient gehabt.

In 45 Minuten erklärt Bauerfeind darin einiges von dem, was man als EU-Bürger wissen sollte, aber immer schon zu faul war, um es nachzulesen – weil es im Leben ja irgendwie auch Spannenderes zu tun gibt. Umso schöner ist, dass Bauerfeinds Erklärstück ganz ohne Langeweile auskommt, sondern in einem fürs ZDF ungewohnten Tempo von A bis Z zischt. In 26 kurzen Filmchen erfährt man dann zum Beispiel, wie die EU gegründet wurde, was es mit dem Ärger um die Verfassung auf sich hat und wie genau eigentlich die drei Säulen funktionieren („So, jetzt wird es nicht ganz leicht, aber danach hat es jeder verstanden“).

Dabei geht’s nicht bloß um nackte Fakten: Alle paar Buchstaben geht Bauerfeind selbst raus, lässt von Berlinern die Außengrenzen Europas auf ein Flipchart malen (was gar nicht so einfach ist), spielt mit Politikern in Brüssel das Quiz „Wer wird Super-Parlamentarier?“ oder testet Dolmetscher, indem sie sie die Stoiber-Verwirr-Rede über den Transrapid vom Hauptbahnhof zum Flughafen, einen Klassiker unserer Zeit, simultanübersetzen lässt.

Das Tempo macht Spaß. (Und wer gerne mehr über den interessanten Alltag des Protokollchefs der EU-Kommission, Jacques de Baenst, erfahren möchte, der die vielen Besuche ausländischer Staatschefs koordiniert, könnte sich die Reportage „Sterne, Staaten, Strippenzieher“ ansehen. Bis Sonntag besteht Gelegenheit.)

Dazu gibt’s ein paar absurde Statistiken und jede Menge lustiger Animationen (unter anderem vom Mainzer Autorenkombinat):


Screenshots: ZDF

Die Idee zu „EU von A bis Z“ hatte Markus Wenniges, Auslandsredakteur beim ZDF in Mainz. Den müsste man eigentlich mal fragen, wie’s dazu gekommen ist. Also los:

Das Fernsehblog: Herr Wenniges, was war der Anlass für Sie, die EU mal nicht mit komplizierten Infografiken zu erklären, sondern in heiter-ironischer Form?

Markus Wenniges: Das hatte ursprünglich gar nichts mit der Europawahl zu tun. Mein damaliger Chef in der Außenpolitik, Dietmar Ossenberg, ist im vergangenen Jahr vor der Fußball-EM zu mir gekommen und hat gesagt: Wir müssen einen Hintergrund zu Österreich und der Schweiz machen! Normalerweise passiert das in Reisereportagen oder klassischen Dokumentationen – aber dann ist mir unter der Dusche die Idee gekommen, dass man ja auch mal was Neues ausprobieren könnte. 24 Stunden später hatten wir das OK von der Chefredaktion. Irre schnell. Sowas ist mir hier noch nie passiert.

Die Sendungen scheinen gut funktioniert zu haben, wenn es jetzt die Fortsetzung gibt.

Ja, tatsächlich. Beide waren zwar ein bisschen in der Nacht versteckt, hatten aber gute Quoten. Daraus entstand dann die Idee für die Fortsetzung – die sich aber nur dann lohnt, wenn es einen konkreten Anlass dafür gibt.

Und da kam Ihnen die Europawahl gelegen?

Am Anfang hab ich mich ein bisschen gesträubt, weil ich dachte: Soviel Lustiges kann man über die EU nicht erzählen. Aber das war natürlich auch eine Herausforderung. Wir sind nur zu zweit in der Redaktion für die Sendung. Da ist es besonders schön, dass es geklappt ist.

Die Herangehensweise ist ja nicht unbedingt typisch für die Außenpolitikberichterstattung beim ZDF.

Mein Ansatzpunkt war schon, Informationen zu vermitteln, aber eben auf unterhaltsame Weise. Katrin Bauerfeind als Moderatorin hat da mit ihrer ironischen Art natürlich dazu beigetragen. Und es ist ja kein Geheimnis, dass das ZDF bei jüngeren Zuschauern nicht unbedingt die größten Erfolge feiern kann. Wir müssen uns anstrengen, dieses Publikum zurück zu gewinnen. Das Thema EU ist nicht gerade ein großer Einschaltimpuls, egal in welcher Altersgruppe. Wir machen da auch keine Quotenhighlight draus. Aber alle, die am Projekt beteiligt waren, sind so Anfang 30 und wir wollten etwas machen, das uns auch gefällt. Und Zuschauer dafür interessieren, die sonst eher wegschalten wenn es um Europa geht.

Mit Ironie geht das ganz gut?

Man muss auf jeden Fall dafür sorgen, dass bei jedem Buchstaben etwas Überraschendes kommt. Wenn man mit A wie Agrarpolitik anfängt, bleiben die Leute nicht lange dabei. Aber man kann das Thema später bringen, wenn man’s geschickt verpackt.

(Die Agrarpolitik kommt dann übrigens bei „Q“.)

Und weil Sie außerdem bestimmt wissen wollen, was genau es mit Bauerfeinds Fallschirmsprung auf sich hat, sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass sich „EU von A bis Z“ derzeit in der ZDF-Mediathek anschauen lässt.

Wer lieber auf die Wiederholung im Fernsehen warten mag: In der Nacht von Freitag auf Samstag zeigt der ZDF-Infokanal die Sendung um 0.30 Uhr nochmal, am Samstag dann um 15 Uhr.

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