Wir hätten da noch ein paar Fragen an Christoph Fey, der im ersten Teil unseres Gesprächs ja schon erklärt hat, wie es zum BGH-Urteil kommen konnte, das Formatschutz für Unterhaltungsshow-Reihen in Deutschland quasi unmöglich macht.
Das Fernsehblog: Sparen die Sender eigentlich soviel, wenn sie auf die Lizenz verzichten und Formate stattdessen klauen?
Christoph Fey: In der Regel versucht ein erfahrener Formatlizenzhändler, sich zwischen 5 und 10 Prozent des Produktionsbudgets pro Episode einer Unterhaltungsshow als Formatlizenzgebühr zu sichern.
Und der Produzent kann das bei seinem Angebot nicht einfach draufschlagen?
Das wird er versuchen. Aber wenn er das macht, wird die Produktion teurer – und die Sender sparen Geld, wenn sie den Auftrag einfach an einen anderen Produzenten vergeben, der ohne Formatlizenzgebühren produziert. Sender können es sich schon mal leisten, dadurch kleinere Produzenten zu vergraulen, die damit drohen, die Geschäftsbeziehungen abzubrechen und keine neuen Formate mehr anzubieten.
Es sind also vor allem die Fernsehsender, die davon profitieren, dass es in Deutschland keinen Formatschutz gibt?
Auf den ersten Blick mag man das glauben. Denn die Sender können mit dem BGH-Urteil im Rücken, die Preise nach unten drücken, indem sie den Anbieter eines neuen Formats in Lizenzverhandlungen schlicht und ergreifend vor die Wahl stellen: Entweder Du gibst mir dein Format billiger oder ich bediene mich einfach selbst und mache es nach. Am Ende leiden aber alle, auch die Sender – die zusehen müssen, wie Konkurrenten ihre Erfolge nachmachen bis sich die Zuschauer an dem Überangebot satt gesehen haben.
Könnten die Produzenten nicht in der Politik dafür werben, einen Formatschutz über entsprechende Gesetze auf den Weg zu bringen?

Christoph Fey ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Unverzagt von Have und spezialisiert auf Fragen zu Entwicklung, Herstellung und Verwertung von TV-Formaten.
Das könnten sie schon, aber bisher waren sich die deutschen Produzenten selbst nie so ganz einig -kleine Produzenten haben andere Sorgen haben als große und Dokumentarfilm-Produzenten andere als Produzenten von Fernsehunterhaltung. Außerdem ist die Aufmerksamkeitsspane der Politik für solche Anliegen recht kurz. Man wird nicht Barack Obama, weil man für Formatschutz kämpft. Damit macht kein Politiker große Karriere. Außerdem konkurrieren die Produzenten ja auch mit anderen, weitaus mächtigeren Lobbygruppen um die Aufmerksamkeit der Politiker. Verglichen mit dem, was zum Beispiel die chemische Industrie in ihre Lobbyarbeit investiert, ist das, was die Fernsehproduzenten zusammenkratzen, verschwindend gering. Wenn man dann den einen Augenblick, in dem man Aufmerksamkeit bekommt, auch noch verpatzt, weil man sich untereinander gerade wieder zerstritten hat, ist die Gelegenheit vertan – und meistens sogar für einige Jahre.
Aber die neue deutsche Produzentenallianz hat ja erst im März 2008 ihre Arbeit aufgenommen. Das Vorbild ist der englische Produzentenverband PACT („Producers Alliance for Cinema and Television“), der auf dem englischen Fernsehmarkt einiges bewegt hat. Also muss man mal abwarten.
Waren die Produzenten in Großbritannien einfach schlauer?
Naja, PACT ist ein starker Verband, der schon seit Jahrzehnten für die Rechte der Produzenten kämpft. Außerdem ist die Fernsehproduktion in England eine starke wirtschaftliche Kraft, weil viele englische Formate auf dem internationalen Markt gehandelt werden und von überall aus der Welt Formatlizenzgebühren zurück ins Land fließen – das leuchtet auch Politikern ein. Deshalb hat PACT eine Stimme, die in der Politik Gehör findet.
In den vergangenen Jahren sind einige Kämpfe zum Schutz der Produzenten vor der marktbeherrschenden Stellung der Sender gewonnen worden. Mit Hilfe der Regierung und der Medienaufsicht Ofcom sind so genannte „codes of practice“ erkämpft worden. Darin ist geregelt, dass bei einer Auftragsproduktion wesentliche Rechte beim Produzenten verbleiben, aus denen der Produzent selbst ein Geschäft machen kann, beispielsweise ein von ihm entwickeltes Format ins Ausland verkaufen. Dadurch ist es möglich, große Investitionen in Formatentwicklungen zu amortisieren. Das will die Produzentenallianz auch für den deutschen Fernsehmarkt erreichen. Aber der Weg bis dahin ist noch weit.
Das hört sich so an, als ob sich bei uns in den nächsten Jahren nicht viel ändern würde.
Doch, mit der Produzentenallianz wird sich einiges bewegen – und manche werden sich bewegen müssen. Auch in Sachen Formatschutz wird es irgendwann einen Präzedenzfall geben, der erneut durch die Instanzen geht. Aber das dauert seine Zeit. So ein Bundesgerichtshofurteil kriegt man ja auch nicht von Montag auf Mittwoch. Vor allem bräuchte es dafür die Rückendeckung vieler Produzenten. Warum sollte sich einer alleine vorwagen und einen Sender durch alle Instanzen verklagen, wenn er damit rechnen muss, derweil von Produktionsaufträgen ausgegrenzt zu werden, während alle anderen einfach abwarten können, ohne Produktionsaufträge zu verlieren? In der Regel werden Produzenten davor zurück scheuen, Sender zu verklagen. Man schlägt die Hand nicht, die einen füttert. Das wird man sich vorher schon zweimal überlegen.
Bis es soweit ist, hilft Forschung und Aufklärung – darüber, was Formatentwicklung wirklich ist. Da ist auch ein Blick in andere Länder ganz aufschlussreich. Das höchste Gericht der Niederlande hat zum Beispiel einen Urheberrechtsschutz für Formate anerkannt, sogar für Reality Shows.
Besteht denn die Chance, eine Art Zwischenlösung zu finden?
Theoretisch schon. Der Bundesgerichtshof hat zum Beispiel Modeneuheiten über das Wettbewerbsrechts einen saisonalen Innovationsschutz zugesprochen, der für eine Modesaison gilt – damit dem Unternehmer, der die Modeneuheit unter Kosten entworfen hat, nicht durch Nachahmungen der wettbewerbliche Vorsprung abgeschnitten wird. Das Urteil ist von 1973, und damals ging es bloß um ein einfaches Buntstreifendesign. Wenn schon das derart gegen Nachahmung geschützt wird, warum nicht auch ein Unterhaltungsshow-Format? Ein saisonaler Innovationsschutz könnte für das schnelllebige Unterhaltungsfernsehen die richtige Antwort sein.
Kann ein Formatschutz überhaupt verhindern, dass das Fernsehen sich ständig selbst beklaut?
Nein, ganz verhindern lässt sich das nie. Formatkopien wird es immer geben. Im Fernsehen wird einfach zu viel Geld verdient, um es nicht zwischendurch mal schnell zu versuchen. Erfolg verführt zur Nachahmung. Nur im Misserfolg bleibt man allein.
Und weil das alles jetzt doch etwas theoretisch war, schauen wir mal wieder in die Praxis. Und in die Schweiz, wo der Privatsender 3+ großen Erfolg mit einer Sendung namens „Bauer, ledig, sucht“ hat. Was der britischen Produktionsfirma Fremantle Media nicht so gut gefällt. Warum? Das steht bald im Fernsehblog.
<p>Liebe Leute,</p>
<p>da kann...
Liebe Leute,
da kann ich nur an eine hundert Jahre alte „Faust(!)regel“ aus der Welt des Entertainments erinnern „etwas gutes nachmachen heißt nicht kopieren, sondern kapieren !!“ Selbst Charly Chaplin hat sich schwarz geärgert, daß seine neuen stilbildenden Arbeitsweisen als Schauspieler und Regisseur eine Woche später im Studio nebenan von der Konkurrenz erfolgreich angewendet wurden. Der Internet Erfinder bekommt keinen Cent dafür, das wir hier hemmungslos seine Erfindung für unsere Schimpforgien verwenden.
Eine erfolgreiche Woche mit viel kapieren wünscht
ralf.hansen
@Michael Schmidt: Lieber Herr...
@Michael Schmidt: Lieber Herr Schmidt, bei allem Respekt: Ich lade Sie gerne mal zu mir zum Fernsehen ein, wir müssen uns bloß anschauen, welche Kopierleidenschaft in den Pro-Sieben-Magazinen „SAM“ und „taff“ entwickelt wird. Der Restauranttester aus der ersten Folge dieser Reihe, bei dem Aufbau und Erzählart sich kaum von der RTL-Version unterscheiden, ist da nur ein Beispiel. (Dasselbe geht auch mit Schuldenberatern.) Das zeigt es aber schon sehr schön, finde ich. Dass es bei den Sendern vielleicht ein Umdenken gegeben hat und man gemerkt hat, dass man sich international so nicht positionieren kann, ist ja etwas anderes.
Aber wenn Sie doch schon so schön mitdiskutieren: Verraten Sie uns, ob Pro Sieben Sat.1 Produktionsfirmen Gelder für die reine Formatentwicklung (nicht die Produktion) bezahlt? Es ist nicht gerade leicht, dazu eine offizielle Auskunft aus Ihrem Haus zu bekommen.
@Peer
keine Ahnung warum Sie...
@Peer
keine Ahnung warum Sie mich jetzt siezen, bei meinen anderen Kommentaren hier oder in Ihrem Blog haben Sie es auch nicht getan…
Ich beteilige mich gerne als Privatperson an dieser Diskussion, haette ich es anders gewollt, haette ich mich entsprechend mit meiner Funktion zu erkennen gegeben. Wenn Sie eine offizielle Frage haben, muessten Sie sich an die Pressestelle meines Arbeitgebers wenden.
@Michael: Ich muss gestehen,...
@Michael: Ich muss gestehen, es gibt kein Muster, nach dem hier gesiezt oder geduzt wird, und Siezen ist auch keine böse Absicht, die Wahrscheinlichkeit erhöht sich aber bei Angabe des vollen Namens eher. (In meinem Privatblog ist das was anderes.)
Ob sich jemand als Privatperson oder in seiner offiziellen Position äußert, ist für mich allerdings schwer zu unterscheiden. Und wenn die komplette Unternehmensmail im Feld über dem Kommentar mitgesendet wird (das ist eigentlich nur für Websites – ich weiß: das übersieht man leicht), dann wäre das zusammen mit der Angabe des vollen Namens für mich z.B. ein Indiz für eine nicht-private Äußerung. Wenn das falsch war: tut mir sehr leid. Es ging mir nicht ums Outen.
Herr Schrader,
verstehe ich...
Herr Schrader,
verstehe ich Ihre Ausführungen richtig, wenn ich davon ausgehen, dass Sie der Meinung sind, eine Sendung, wie „Der Schuldnerberater“ dürfte es im Fernsehen nur einmalig geben? Zumindest solange niemand „das Format“ kauft und damit das Recht, eine ähnliche Sendung zu machen?
Grüße
Anders
@Anders: Ich fürchte, Sie...
@Anders: Ich fürchte, Sie missverstehen dass. Es geht allenfalls um eine ganz konkrete Art, Schuldnerberater-Dokusoaps zu machen, nicht um das Genre im Allgemeinen. So wie ja auch in hundert Shows gesungen oder gequizzt werden kann. Es geht NUR um den Schutz einzelner VERSIONEN. Ich empfehle Ihnen gerne auch noch einmal den oben verlinkten ersten Teil dieser Serie über die Restauranttester von RTL und Pro Sieben.
Hallo Herr Schrader,
es geht...
Hallo Herr Schrader,
es geht Ihnen um die Art, wie die Sendung gemacht wird? Der Schuldnerberater wird wie jede andere Dokusoap insziniert und gedreht.
Sind sie also der Auffassung, man kopiert einfach den Stil aus anderen Sendungen, spannt davor ein anderes Thema und schon hat man eine schützenswerte VERSION geschaffen?
Dann würde ich mir gleich mal den Finanzberater sichern wollen. Man verfolgt einen erfolgreichen Finanzberater mit der Kamera und dokumentiert, wie er kleinen Leuten mit wenig Vermögen zu einer vielleicht goldenen Zukunft verhilft.
Ist jetzt zwar auch fast der Rach, aber eben nur fast.
Ist das wirklich Ihre Intention?
Grüße
Anders
@Anders: Immer noch daneben....
@Anders: Immer noch daneben.
Ok, Herr Schader,
ich nehme...
Ok, Herr Schader,
ich nehme Ihre Antwort mal als Kapitulation.
Entweder Sie wissen nicht, was Sie fordern oder Sie können es nicht erklären.
Vermutlich liegt hier auch das Problem des Herrn Fey.
Das der BGH in dem von mir beschriebenen keine schützenswertes Werk sieht, weil es eben keine unverwechselbare, eigene Leistung enthält und damit nicht die Schöpfungshöhe des Urheberrechts erreicht, liegt wohl auf der Hand.
Letztlich hat man vor der Präsentation eines Formates auch noch die Möglichkeit sich Vertraglich vor Nachahmung zu schützen.
Grüße
Anders