Das Fernsehblog

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Von wegen sterbendes Medium: 225 Minuten sieht jeder von uns im Schnitt täglich fern. In diesem Blog stehen die Gründe dafür. Und die dagegen.

"Produktionshilfen" bei ARD und ZDF: Ein Schiff wird kommen

| 18 Lesermeinungen

Wenn sein Sender sich von Unternehmen kostenlos Produkte für Drehs zur Verfügung stellen lasse, geschehe das ausschließlich zum Wohle des Zuschauers, sagt ZDF-Intendant Markus Schächter. Denn dann gibt's "mehr Programm fürs Geld". Bei der Kennzeichnung dieser Unterstützung schlampt das Zweite aber genauso wie die Privatsender.

Die Politik diskutiert gerade darüber, ob die „Produktionshilfen“ für ARD und ZDF abgeschafft werden sollen. Bisher wird geduldet, dass die öffentlich-rechtlichen Sender sich zum Beispiel die Autos, die die Kommissare im „Tatort“ fahren, teilweise von den Herstellern kostenlos zur Verfügung stellen lassen (und dann selbst ohne redaktionelle Einflussnahme ganz ansprechend in Szene setzen). Im Gespräch mit dem Fachdienst „epd medien“ erklärte ZDF-Intendant Markus Schächter neulich, warum es so wichtig ist, dass es diese so genannten „Produktionshilfen“ (bzw. „Beistellungen“) weiter gibt:

„Es geht nicht um gewaltige Summen, aber doch um die Pragmatik bestimmter Produktionsformen, die mit Hilfe von Beistellungen günstiger werden. Es gibt, wenn Sie so wollen, mehr Programm fürs Geld. Davon haben die Zuschauer etwas und auch die Produzenten.“

Bild zu: "Produktionshilfen" bei ARD und ZDF: Ein Schiff wird kommen„Mehr Programm fürs Geld“ heißt in diesem Fall, dass ARD und ZDF Produkte kostenlos bekommen, die sie andernfalls bezahlen müssten. Schächter sagt:

„Hätte irgendjemand Verständnis dafür, wenn wir Unsummen bezahlen würden, um das Traumschiff vom Reeder zu mieten?“

Also geht es doch um „gewaltige Summen“? In jedem Fall ist das „Traumschiff“ ein lustiges Beispiel. Denn im Entwurf zum 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, mit dem Product Placement im deutschen Privatfernsehen erlaubt werden soll, nicht aber bei ARD und ZDF, heißt es in der Definition des Begriffs „Produktplatzierung“:

„Die kostenlose Bereitstellung von Waren oder Dienstleistungen ist Produktplatzierung, sofern die betreffende Ware oder Dienstleistung von bedeutendem Wert ist.“
[Fettung von mir.]

Der „bedeutende Wert“ ist zwar nicht näher definiert, aber so eine Schiffsmiete wird sicher nicht besonders günstig sein, und genau aus diesem Grund wäre die „Traumschiff“-„Produktionshilfe“ nach dem derzeitigen Entwurf gar keine „Produktionshilfe“, sondern Product Placement – und das soll ARD und ZDF laut Staatsvertrag ja verboten werden. Im „epd medien“-Interview hat Schächter aber noch ein anderes Argument parat, warum die „Produktionshilfen“ für ARD und ZDF seiner Meinung nach ok sind:

„Wir haben dafür strenge Richtlinien. Eine Sendung wie ‚Das Traumschiff‘ wird mit Hinweisen versehen, die den Zuschauer auf die geleistete Unterstützung aufmerksam machen.“

Klingt gut. Schauen wir uns das doch mal gemeinsam an. Zufällig haben wir den Abspann der „Traumschiff“-Folge vom 26. Dezember 2008 parat, in dem die Zuschauer über die „Produktionshilfe“ informiert werden. Nämlich so:

Haben Sie’s gesehen? Ganz am Ende? Diese kurze Einblendung „Mit Unterstützung von Reederei Peter Dellmann“, die gerade mal eine Sekunde dauert, während im Fenster darüber bereits der Trailer zur darauffolgenden Sendung läuft? Das sind die „strengen Richtlinien“, die Schächter meint: eine Formulierung, von der kaum ein Zuschauer wissen wird, was genau sie zu bedeuten hat, was aber egal ist, weil sie sowieso kaum jemand sehen wird. Das ZDF weiß eben ganz genau, wie es sein Publikum darauf „aufmerksam macht“, dass es von einem Unternehmen unterstützt wird, das davon lebt, Kreuzfahrten mit der MS Deutschland zu veranstalten, die jeder als „Traumschiff“ aus dem Fernsehen kennt.

Screenshot: ZDF


18 Lesermeinungen

  1. Christian sagt:

    > .. Die Politik diskutiert...
    > .. Die Politik diskutiert gerade darüber, ob die „Produktionshilfen“ für ARD und ZDF abgeschafft werden sollen. ..
    Dann müssen Eigenproduktionen komplett eingestellt werden.
    Es geht ja nicht nur um den Juhuu-Dampfer (deilmannkreuzfahrten.de nutzt ja sogar die TS Musik.. wer hat die in Auftrag gegeben und bezahlt….?) , sondern um den TUI Flieger für Mann & Maus, den Hertz Leihwagen und endet beim Escada Kostümchen links und rechts beim Cäptns Dinner..
    Beistellungen machen einen ERHEBLICHEN Batzen in der Produktionskalkulation aus. Wenn das alles voll bezahlt werden sollte ..-
    Oder, Gegenrechnung: die Medialeistung von 28 Jahren (!) Dauerwerbesendung.. da könnt‘ die Reederei sich einen eigenen Sender leisten.. 😉

  2. BloodyFox sagt:

    Naja, Peer, aber ohne diese...
    Naja, Peer, aber ohne diese Produktionshilfe von der Reederei, könnte das ZDF ja nicht seinen Bildungsauftrag erfüllen, zu dem ja das Traumschiff, wie wir alle wissen, einen wichtigen Beitrag leistet. BIST DU ETWA GEGEN BILDUNG??

  3. Wie soll diese Einblendung...
    Wie soll diese Einblendung denn erkannt werden? Wenn man nicht weiß, dass da etwas kommt, übersieht es jeder.
    Die Sendung Traumschiff hat glaube ich einiges Einnahmen in die Kassen der Redereien gespült. Diese Investiotion dürfte sich also locker rendiert haben.

  4. J-M-K sagt:

    Es wird argumentiert, als...
    Es wird argumentiert, als wäre ohne PP überhaupt kein Film, keine Serie mehr möglich.
    Wo fängt das an? Bei Kreuzfahrtschiffen, bei zur Verfügung gestellten Autos, bei Kleidung ode bei der Coke-Flasche die ins Bild huscht?

  5. test sagt:

    test...
    test

  6. Chica sagt:

    Also, grundsätzlich bin ich...
    Also, grundsätzlich bin ich ja eigentlich gegen solche Produktionsbeihilfen (besonders, wenn dabei so furchtbare ergebnisse herauskommen wie das Traumschiff).
    Auf der anderen Seite: wenn sie jetzt fast ganz eingestellt würden (weil, haben nicht zum Beispiel Autos auch einen „bedeutenden Wert“ – zumindest die Limousinen, die man immer im Tatort sieht?), müssten wir uns als Zuschauer bestimmt von einigen qualitativ hochwertigen Sendungen (auch solchen in der Planung) verabschieden…
    Okay, was hab ich da geschrieben? Qualitativ hochwertige Sendungen bei den ÖR? Und dabei dachte ich an… Ja, an was eigentlich? Aber vielleicht ist es ja ganz positiv, wenn es nicht mehr so viele Eigenproduktionen gibt, dann könnte zumindest die ARD ihre Kinofilme um 20:15 ausstrahlen.

  7. Muriel sagt:

    @BloodyFox: Genau. Und wer...
    @BloodyFox: Genau. Und wer gegen Bildung ist, der ist auch für Kinderpornografie, und… Äh, vergesst es.
    Lustig finde ich natürlich, dass die öffentlich-rechtlichen Sender in solchen Fällen immer ihre eigenen Ersparnisse als große Errungenschaft im unermüdlichen Kampf für die Gebührenzahler zu verkaufen. Wenn doch nur Vattenfall auf diese Idee gekommen wäre!
    „Hätte irgendjemand Verständnis dafür, wenn wir Unsummen bezahlen würden, um all diese teuren Messgeräte und Sicherheitsmaßnahme einzubauen, damit in Krümmel endlich Ruhe ist?“

  8. pschader sagt:

    @Chica: Und ich war lange Zeit...
    @Chica: Und ich war lange Zeit sogar so naiv zu glauben, dass wir einzig und allein dafür Gebühren zahlen: um ARD und ZDF „qualitativ hochwertige Sendungen“ zu ermöglichen, die sich sonst keiner leisten kann. Jetzt wissen wir immerhin: Allein mit Gebühren kriegen wir kein qualitativ hochwertiges Fernsehen. Das geht nur, wenn ein paar Unternehmen was kostenlos springen lassen.

  9. mmh, aber was wäre denn die...
    mmh, aber was wäre denn die alternative? und was wären die folgen der alternative? stellen wir uns vor das zdf wäre bereit für die miete eines kreuzfahrtschiffes zu zahlen. und nun fangen die reedereien und reiseveranstalter zu rechnen. ob das schiff nun umsonst oder bezahlt im fernsehen auftaucht ist ja für sie im moment egal, da es im moment kein geld gibt, ist jede andere variante erstmal nicht schlechter für sie. somit beginnen sie günstig um den zuschlag des zdf zu buhlen. der alte anbieter der ms deutschland könnte ja theoretisch bis auf fast null runtergehen, hat sich für ihn ja auch vorher gerechnet. irgendein schiff wird am ende in der serie fahren, irgendeine reederei wird damit werben „..bekannt aus dem tv“ und irgendwelche senioren werden von karibikstränden und sascha hehn (gibts den noch?) träumen. nur das zdf bezahlt jetzt dafür und es ist offiziell keine werbung mehr. genauso ist es doch mit den autos für krimi-kommissare. irgendeines müssen sie fahren. gut, man kann das bmw logo, den mercedes stern oder das opel zeichen übekleben oder entfernen, aber das fachkundige publikum wirds erkennen. dann doch lieber die richtige variante: alles als werbung kennzeichnen und sich freuen/ärgern.
    off topic, aber nah genug dran: wann steigt die pharma industrie bei einem radsport team ein? „diesen etappensieg spendiert ihnen bayer“

  10. J-M-K sagt:

    also bitte....mit 7 Milliarden...
    also bitte….mit 7 Milliarden Euro zzgl. den paar Euro aus Werbung, kann man wohl kaum ein hochwertiges Programm erwarten, da kann ich den Hr. Schächtern schon verstehen. Wir sollen mal froh sein, dass die ÖR-Anstalten schon in Farbe senden.

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