Wegen der ganzen Aufregung um das neue Nachrichtenstudio des ZDF ist in der vergangenen Woche leider völlig unbeachtet geblieben, dass es beim Zweiten in einem weiteren Genre eine revolutionäre Neuerung gibt: Statt ihres Polittalks moderiert Maybrit Illner seit Dienstag die völlig neu konzipierte Gameshow „3 gegen Maybrit“, in der jeweils zwei Politiker einer Partei mit einem prominenten Sympathisanten gegen die Moderatorin antreten, die ihnen Fragen zum eigenen Parteiprogramm stellt.
Diese müssen sehr knapp beantwortet werden, sonst unterbricht Illner die Kandidaten mit Formulierungen wie „Dazu kommen wir noch“ und „Sie müssen kürzer werden“, was nahezu jedes Mal der Fall ist (so wie in ihrer früheren Talkshow.) Wie? Das glauben Sie nicht? Da sind Sie nicht allein. Zum Auftakt mit den Grünen, vertreten durch Jürgen Trittin, Ingrid Nestle sowie dem Schauspieler Volker Brandt (in der Rolle des Sympathisanten), sahen nur 1,09 Millionen Zuschauer zu, weil das ZDF „3 gegen Maybrit“ geschickt als weiteren Polittalk getarnt hatte, um das Konzept zu testen.
Screenshot: ZDF
Für die TV-Innovation, die bereits Interessenten aus dem Ausland aufmerksam werden ließ, hat das ZDF eigens eine Kulisse entworfen, die wie eine Mischung aus Spielshow und Knast aussieht. Der düstere Betoneffekt soll die Kandidaten wohl zusätzlich unter Druck setzen. Außerdem muss noch ein bisschen Geld aus dem Topf für das neue Nachrichtenstudio übrig gewesen sein, mit dem sich die Redaktion diese coolen durchsichtigen Fernseher leisten konnte, auf die jetzt Kuchendiagramme, Schriften oder aufgezeichnete Gesprächspartner projiziert werden.
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Höhepunkt der Sendung ist die Schlussrunde, in der der Sympathisant schwierige politische Fragen aus dem Umfeld der Partei beantworten muss, ohne dass die neben ihm stehenden Politiker helfen dürfen.
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In der ZDF-Mediathek lässt sich die Sendung noch einmal ansehen. Bei Erfolg plant auch die ARD, ihre Polittalks in Gameshows umzuwandeln. In der Schublade liegt bereits ein Konzept, nach dem „Anne Will“ in „Sag die Wahrheit“ umbenannt wird und Zuschauer im Studio über ein so genanntes Einschlaf-o-Meter entscheiden können, wann Diskussionsteilnehmer unterbrochen werden. An der Sendung von Frank Plasberg soll es keine wesentlichen Änderungen geben, es werden lediglich Gewinnstufen eingeführt, unter die ein Gast nicht mehr zurückfallen kann, wenn er sich argumentativ gegen den Moderator durchgesetzt hat.
Am Dienstagabend läuft erst einmal die zweite Sendung von „3 gegen Maybrit“, zu Gast ist diesmal die Linke.