Das Fernsehblog

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Von wegen sterbendes Medium: 225 Minuten sieht jeder von uns im Schnitt täglich fern. In diesem Blog stehen die Gründe dafür. Und die dagegen.

Der MDR-Wahlparty-Report: "Nicht alle feiern hier, einige tun es doch"

| 7 Lesermeinungen

Als nach dem gestrigen Wahltag die ganzen Zahlen in Balken- und Kuchendiagramme gepresst worden waren, konnten sich die Journalisten beim Mitteldeutschen Rundfunk endlich den wirklich spannenden Fragen des Abends widmen. Zum Beispiel: Wie ist eigentlich die Stimmung auf den Wahlpartys der Parteien in Sachsen?

Als nach dem gestrigen Wahltag die ganzen Zahlen in Balken- und Kuchendiagramme gepresst worden waren, konnten sich die Journalisten endlich den wirklich spannenden Fragen des Abends widmen. Zum Beispiel: Wie ist eigentlich die Stimmung auf den Wahlpartys der Parteien? Wie lange geklatscht wurde und was es zu trinken gab, gehört inziwschen zum Grundwissen eines jeden Wahlreporters. Beim Mitteldeutschen Rundfunk ist es wahrscheinlich sogar Einstellungsvoraussetzung, so intensiv, wie sich die Kollegen für ihre Berichte von den Wahlpartys in Sachsen informiert hatten.

Bild zu: Der MDR-Wahlparty-Report: "Nicht alle feiern hier, einige tun es doch"„Ausgesprochen gut“ sei die Stimmung, stellte Uta Georgi bei der FDP fest und berichtete, was sich in der Kongresshalle vor ihren Augen bereits zugetragen hatte:

„Vorhin ist mir hier eine Dame über den Weg gelaufen, die schwarz gelb gekleidet war und sie hat mir verraten, dass das ihr ganz klares Signal an eine Wunschkoalition für Sachsen in den nächsten fünf Jahren ist.“

Zur SPD hatte der MDR – ganz schön clever! – die jüngere Schwester von Angela Merkel geschickt, und dass die nix Positives zu berichten hatte, war ja klar:

„Ja, diese heitere Musik, die sie hier bei der SPD-Wahlparty hören, täuscht ein bisschen darüber hinweg, wie die Stimmung hier heute den ganzen Abend war. (…) Eine Frau sagte, sie rauche eigentlich nicht mehr, jetzt musste sie aber erst mal eine Schreckzigarette rauchen.“

Ines Lorenz auf der Wahlparty der Grünen hatte zur gleichen Zeit ganz andere Genussmittel fokussiert und ließ die Zuschauer an den Ergebnissen ihrer Recherchen teilhaben:

„Das Buffet wurde gerade eröffnet, jetzt wird hier mit Appetit gegessen, es wurde auch schon Sekt getrunken, also hier ist die Stimmung gut.“

Da mitzuhalten, war für ihren Kollegen Axel Köhn kein Problem, denn: „Hier auf der Wahlparty der CDU ist die Stimmung jetzt auf dem Höhepunkt.“ Stanislaw Tillich sei gerade aus dem Landtag „einfach herüber gelaufen, es sind nur wenige Meter“, dann habe er von Sorben ein Lied gesungen bekommen, und schließlich passierte Unglaubliches:

„Er hat sich bedankt, er hat dann angestoßen, ein Glas Sekt in die Hand genommen und sich auch noch mit Frau geküsst und schöne Bilder gemacht.“

Ein Multitalent, dieser Tillich. Stößt an, bevor er ein Glas Sekt in der Hand hat. Trübe sah’s hingegen bei den Linken aus:

„Es war hier nie eine Wahlparty, eher eine Zusammenkunft unter Gleichgesinnten“,

schilderte MDR-Reporter Florian Schaefer das traurige Bild, das sich ihm da bot mit den „wenigen, die noch hier geblieben sind“. Allerdings:

„Man muss der Ehrlichkeit halber sagen: Draußen ist auch ein Grill aufgebaut, an dem haben sich die meisten versammelt.“

Gar nicht erst reingehen wollte Gábor Halász bei der Wahlparty der NPD, da gab es ja auch „eher enttäuschte Gesichter, wenig Applaus“, und wenn man an so einem Abend schon die Arschkarte gezogen hat und vom Chef ausgerechnet zur NPD geschickt wird, während die Kollegen sich nicht schämen müssen, wenn sie auf ihrer Wahlparty mal am Sekt nippen, muss man ja nicht auch noch gut gelaunt in die Kamera gucken.

Der MDR-Moderator im Dresdner Landtag, um den man ein bisschen Angst hatte, weil er vielleicht aus Versehen eingeschlossen worden war, so leer wie es um ihn herum aussah, fasste die Lage nachher noch einmal treffend zusammen:

„Nicht alle feiern hier in Dresden, einige tun es doch.“

Screenshots: MDR


7 Lesermeinungen

  1. Sunny Peran sagt:

    Verzeihen Sie mein politisches...
    Verzeihen Sie mein politisches Hintergrundunwissen, aber wo bitte ist die jüngere Schwester von Frau Kanzlerin zu sehen? Ich finde nirgends eine Irene, auch keine Frau Kasner (so zumindest Merkels Mädchenname). Oder ist die Dame gar mit Künstlernamen aktiv?
    Neugierig erwatend….

  2. kalle sagt:

    Besonders gut gefällt mir die...
    Besonders gut gefällt mir die Stelle, an der irgendein Stanislaw eine Frau küsst. Wirklich unglaublich 🙂

  3. Muriel sagt:

    Ich bin ja noch nicht...
    Ich bin ja noch nicht überzeugt, dass die schwarz-gelbe Kleidung wirklich ein „ganz klares“ Signal ist. Gibt es dazu nähere Informationen? Ich finde das als Signal eher mittelklar bis halb-interpretationsbedürftig.
    Von wegen Einstellungsvoraussetzung, hier und da hapert es anscheinend doch noch.

  4. Jens sagt:

    @Sunny Peran
    Ich denke, der...

    @Sunny Peran
    Ich denke, der Autor hat eher auf das jugendliche Aussehen der werten Moderatorin angespielt denn auf ihren Namen …

  5. Clooney sagt:

    Genauso hab ich es auch...
    Genauso hab ich es auch gesehen. Herrlich. Mein Highlight: Gábor Halász. Irgendwie „titanic-est“…

  6. Johannes sagt:

    Lieber Herr Schader, lieber...
    Lieber Herr Schader, lieber Herr/Frau Clooney,
    wie viele Fernsehbeiträge über die NPD haben Sie denn schon zu verantworten gehabt? Es muss eine ganze Menge sein, da Sie ja genau wissen, wie gern die „Kameraden“ mit Journalisten feiern. Wenn geschrieben wird, dass Halász „gar nicht erst reingehen“ wollte, zeigt das, dass Sie von der Materie vermutlich keine Ahnung haben. Vor der Glotze sitzen und dann gegen Kolleginnen und Kollegen ätzen ist billig. Ich arrangiere gern für Sie – Herr Schrader – eine Livesituation, gern auch bei einem NPD-Parteitag. Das zeichnen wir dann auf und lachen herzlich darüber, wie Ihnen ganz souverän geschliffene Formulierungen einfallen, okay?
    Viele Grüße
    Johannes

  7. Clooney sagt:

    @Johannes
    Da haben Sie...

    @Johannes
    Da haben Sie bezüglich meiner Einlassung (und ich vermute auch im Sinne Herrn Schaders) etwas falsch verstanden: Ich mache mich bei Leibe nicht über den Kollegen Halàsz lustig. Vielmehr stellt sich im Kontext der gesamten, parteiunabhängigen Produktion die Frage, wie notwendig und sinnvoll solche inhaltsleeren Schalten in die Parteizentralen sind.

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