Heute vor zehn Jahren lief bei RTL die erste Folge „Wer wird Millionär?“. Seitdem haben über 1700 Kandidaten RTL um mehr als 60 Millionen Euro ärmer gemacht. Sechs sind als Millionäre nachhause gegangen. Und Günter Schröder musste sich mit seiner Firma Mind the Company über 22.000 Fragen ausdenken. Das Fernsehblog hat mal nachgefragt, ob in seinem Team noch ein Plätzchen frei wäre.
Das Fernsehblog: Herr Schröder, was muss denn in meiner Bewerbung drinstehen, damit Sie mich als Autor engagieren?
Sie müssten 20 Superfragen einreichen, damit ich denke: Der hat uns noch gefehlt! Das würde wahrscheinlich reichen.
Und wie muss ich mir meinen neuen Job vorstellen? Sitzen da zehn Autoren um einen Tisch, schreiben zusammen Fragen auf und danach werden die in den Safe gelegt?
Wir haben keinen Safe, sondern eine Datenbank. In der schauen wir zuerst einmal nach: Gab es die Frage schon mal? Das ist ja bei 70.000 Fragen, die wir für ‚Wer wird Millionär?‘ und andere Sendungen geschrieben haben, nicht so unwahrscheinlich. Und falls nicht, geht es los: Wir überlegen uns Antwortalternativen, sichern die Antwort mit zwei oder mehr Quellen ab, einmal in der Woche sitzen wir im Team um die Monitore herum und einer liest den anderen laut vor, was geschrieben wurde. Dann gibt es eine Abnahme beim Sender, wo der Schwierigkeitsgrad noch mal geprüft wird – weil wir uns den ganzen Tag damit beschäftigen, neigen wir in der Redaktion manchmal dazu, auch mal was als zu leicht einzuschätzen. Zum Schluss kommt die Frage zurück zu uns und wird der Lektorin vorgelegt, freigegeben und am Aufzeichnungstag ein letztes Mal überprüft: Ist die Antwort noch aktuell? Hat sich was verändert? Ist der Oscar-Gewinner aus der Frage tatsächlich noch der einzige? Gibt es neue chemische Elemente? Da sind uns schon die kuriosesten Dinge passiert.
Bis dahin hatten die Frage ja 100 Leute in den Händen!
De facto sind es nur etwa zwölf. Das hört sich viel an, weniger geht aber nicht: Bis zu zehn Autoren bei uns, ein Kollege von RTL und zwei von der Produktionsfirma.
Kann ich mich nicht einfach mit Ihrer Lektorin anfreunden, in der Sendung bewerben und reich werden?
Die ist verheiratet und hat zwei Kinder. Ich weiß nicht, ob Sie ’ne Chance haben.
Sie reagieren in den Fragen am liebsten auf aktuelle Entwicklungen, hab ich gelesen.
Nach zehn Jahren haben wir zu Kleopatra, Cäsar und Karl dem Großen schon so ziemlich alles gefragt, was man fragen kann. Deshalb gibt es jetzt öfter einen aktuellen Bezug als früher. Als Barack Obama ins Amt eingeführt wurde, wollten wir wissen: Was sagt der Präsident bei der Vereidigung? Das hätte man auch vorher fragen können. Aber zu diesem Zeitpunkt hat es eben besonders gut gepasst.
Aber hauptsächlich wälzen Sie doch bestimmt in alten Büchern? Man kann sich ja nicht nur aus dem Leben inspirieren lassen.
Eigentlich schon. Das läuft sehr assoziativ ab. Ich lese morgens zwei Zeitungen, sehe ein Wort und denke: Daraus könnte man ’ne Frage machen! Das kann was zu 2000 Jahren Schlacht im Teutoburger Wald sein. Oder ein ganz normales Verb, eine Konjugation.
Und was Sie nicht brauchen, schicken Sie als Zuschauerfrage an „Genial daneben“ und werden reich?
Nee. Wäre aber mal einen Versuch wert.
Wie legt man eigentlich fest, welche Frage 16.000 Euro wert ist und welche eine halbe Million?
Das ist natürlich subjektiv. Die ersten drei Fragen weiß jeder, das sind vielleicht 5 Prozent. Die anderen 5 Prozent sind so speziell, dass man ahnt: Das wird fast niemand wissen. Wenn Sie mitgerechnet haben, ist Ihnen nicht entgangen: Da sind noch 90 Prozent dazwischen. Da ist es dann eine Mischung aus Erfahrung und der Relevanz des Themas. Fußballfragen kommen am ehesten zwischen 8000 und 16.000 Euro – weil es sehr viele Leute gibt, die sich damit auskennen. Beim Thema Oper weiß man von vornherein, dass sich dafür nur ein kleiner Teil der Bevölkerung interessiert.
Verschätzen Sie sich denn manchmal mit dem Schwierigkeitsgrad?
Selten. Wir überlegen uns bei jeder Frage: Wie würde das Studiopublikum abstimmen? Wüsste die Mehrheit die richtige Antwort? Das ist ein ganz guter Indikator.
Und die Millionenfrage hat ihre eigene Schwierigkeitskategorie?
Genau. Aber die muss nicht unbedingt schwerer sein als die Frage für 500.000. Wesentliches Kriterium ist da, dass sie ganz besonders interessant oder überraschend sein muss. Manche Fragen sind zwar schwer, aber als letzte von 15 doch ein bisschen trocken.
Schauen Sie auch mal ins Ausland, wie’s die Kollegen dort machen?
Das bringt nicht so viel. Man kann das am besten für den eigenen Kulturkreis beurteilen. Bei den österreichischen Kollegen schau ich’s mir immer an, weil wir uns abgleichen. Aber selbst da sind die Unterschiede schon beträchtlich. Die Österreicher fragen viel mehr nach klassischer Musik, Geschichte und Literatur – zumal die Sendung dort im öffentlich-rechtlichen Fernsehen läuft.
Foto: RTL
Oha. Der letzte Satz entfaltet...
Oha. Der letzte Satz entfaltet sein Bouquet erst im Abgang.
@alberto green: was für ein...
@alberto green: was für ein kommentar – herrlich!
Die Frage, was die Autoren...
Die Frage, was die Autoren eigentlich immer rauchen, während sie sich die Fragen mit den niedrigen Gewinnsummen ausdenken, wollte er wohl nicht beantworten?
Über den Schwierigkeitsgrad...
Über den Schwierigkeitsgrad der Fragen geht er ja einigermaßen leicht weg. Vielleicht gibt’s dazu einfach nicht mehr zu sagen, aber mich hätte das am meisten interessiert. Ich glaube, es war sogar Jauch selbst, der irgendwann mal treffend sagte, dass natürlich jede Frage leicht ist, wenn man die Antwort kennt, und jede schwer, wenn nicht.
...und was Herr Peer nicht...
…und was Herr Peer nicht gefragt hat, kann man zum ansonsten nahezu gleichem Wortlaut dann hier nachlesen:
https://www.dwdl.de/story/20226/dieser_mann_lsst_jauchs_kandidaten_schwitzen/
Lieber inspiriert kopiert als mit Macht ausgedacht?
ahaha... Besser kann` man es...
ahaha… Besser kann` man es nicht formulieren, als es Alberto Green gemacht hat. 😀
Oh, Herr Peer, möchten Sie...
Oh, Herr Peer, möchten Sie mit Nichtschaltung meines Kommentars vermeiden zugeben zu müssen, dass Ihr „Artikel“ wie eine 1:1 Kopie eines Artikels bei DWDL.de wirkt?
Aber Herr Peer….
welch genialer Job - und...
welch genialer Job – und vorallem muss man sich selbst dabei doch stets wieder neu in Frage stellen bzw. sich am Niveau anderer messen.
Sehr spannend
@Alberto Green: Ja, in der...
@Alberto Green: Ja, in der österreichischen Version wird einem tatsächlich mehr „klassische“ Bildung abverlangt. Dafür ist der Moderator ein ehemaliger Skirennläufer, der seit Jahren erfolglos versucht, wie Günter Jauch zu moderieren. Ein echter „Bauer“, wie man bei uns sagt.
Kleine Anmerkung Off-Topic,...
Kleine Anmerkung Off-Topic, oder auch nicht: Die tägliche Durchschnittssehdauer liegt laut ARD/ZDF-Onlinestudie (bzw. den Basisdaten) bei mittlerweile 228 Minuten.