Das Fernsehblog

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Von wegen sterbendes Medium: 225 Minuten sieht jeder von uns im Schnitt täglich fern. In diesem Blog stehen die Gründe dafür. Und die dagegen.

Sind zwei bei "Wetten dass..?" einer zuviel?

| 23 Lesermeinungen

Wenn "Wetten dass..?" im Oktober aus der Sommerpause zurückkehrt, lässt sich Thomas Gottschalk von Michelle Hunziker als Co-Moderatorin unterstützen. Dass sie Gottschalk ausgerechnet den Teil der Show abnehmen soll, den er bisher am besten beherrschte, könnte jedoch ein fataler Fehler sein.

Manche Ankündigungen müssen erst mal ein Wochenende sacken, bis man die Sprache wiederfindet, um ein paar kurze Bemerkungen dazu zu machen.

Am Freitag hat das ZDF bestätigt, dass Michelle Hunziker Co-Moderatorin von Thomas Gottschalk bei „Wetten dass…?“ wird. Das ist eine überraschende Personalie – nicht nur, weil es bisher schwer vorstellbar schien, dass Gottschalk einen Teil seines Jobs auf der Bühne tatsächlich an jemand anderen delegieren könnte, sondern vor allem, weil überhaupt nicht klar ist, was Hunziker für ihre neue Aufgabe qualifiziert. Das ist gar nicht böse gemeint, bloß eine Feststellung. Sie ist nicht sonderlich spontan, ist zumindest im deutschen Fernsehen bisher nicht durch überragende Moderationsqualitäten aufgefallen (die Älteren werden sich an die ersten Staffeln „DSDS“ erinnern), und dass sie attraktiv ist und gerne tief ausgeschnittene Kleider trägt, kann unmöglich der einzige ausschlaggebende Punkt für ZDF-Unterhaltungschef Manfred Teubner gewesen sein, ihr gleich einen Zwei-Jahres-Vertrag zu bewilligen. Oder etwa doch? (zdf.de hat jedenfalls schon mal eine „Bilderserie“ ins Netz gezaubert.)

Bild zu: Sind zwei bei "Wetten dass..?" einer zuviel?Was Thomas Gottschalk so großartig macht, ist, dass er an diesem einen Abend, an dem ihm zehn Millionen Menschen zusehen, bereit ist, beinahe alles mit sich geschehen zu lassen, um das Publikum glücklich zu machen. Gottschalk ist der Mann, der sich von Kopf bis Fuß in Senf eintauchen lässt, um seinen Wetteinsatz einzulösen.

Als Hunziker vor zwei Monaten in der Sommer-Ausgabe von „Wetten dass..?“ zu Gast war und ihre Wette verlor, zierte sie sich minutenlang, in einen Badeanzug zu schlüpfen und mit zwei Synchronschwimmerinnen in einem Planschbecken ein paar Übungen nachzumachen, wie Gottschalk es verlangt hatte. Das waren üble Fremdschäm-Szenen, weil Hunziker so theatralisch tat, als wolle man ihr die langen Haare abschneiden und den kleinen Fußzeh noch dazu. Der Auftritt mit Badekappe schien ihr peinlich zu sein (auch wenn Sie das nachher zu überspielen versuchte). Das ist keine gute Voraussetzungen, um bei „Wetten dass…?“ zu bestehen.

Aber gut – es ist unfair, im Voraus zu urteilen, dass es ihr nicht gelingen wird. Am 3. Oktober wird sich bei der Show aus Freiburg zeigen, ob es doch geht.

Das eigentlich Verwunderliche an der ZDF-Bestätigung ist jedoch, wie Hunziker in „Wetten dass..?“ eingesetzt wird. Sie soll die Wetten präsentieren, die Gottschalk künftig erst in der Sendung erfährt, um die Show „spontaner“ zu machen. Gottschalk selbst soll sich darauf konzentrieren, seine Gäste zu empfangen, mit ihnen zu talken und die Auftritte internationaler Künstler anzusagen. Nun weiß aber jedes Kind, dass „Wetten dass..?“ an guten Tagen ganz bestimmt nicht deshalb funktioniert, weil Gottschalk so interessant mit Tom Cruise, Til Schweiger oder Anastacia geplaudert hat. Im Gegenteil: Zu Hochform läuft er meist erst dann auf, wenn er mit den Wettkandidaten ins Gespräch kommt. Gottschalk gehört zu den wenigen Moderatoren, denen es gelingt, mit den unterschiedlichsten Leuten innerhalb weniger Sekunden eine Basis zu finden, auf der man sich austauschen kann: Staplerfahrer, Hochleistungssportler, Professoren, schweigsame Teenager – alles kein Problem. Mit Kindern scherzt er ohne dabei peinlich-onkelig zu wirken. Und weiß genau, wie frech und zweideutig er werden darf, um die Erwachsenen zu erheitern und die jüngeren Zuschauer nicht zu verschrecken. Gottschalk ist im besten Sinne „volksnah“.

In der Mallorca-Sendung gab es eine Wette mit einem gläserstapelnden Griechen Zyprer, die die Redaktion ins Publikum verlegt hatte, sodass Gottschalk erst mal Platz schaffen musste und mit dem Umsortieren der Zuschauer auf den Rängen begann. Das führte innerhalb kürzester Zeit zu den lustigsten Szenen der ganzen Show, spätestens als er einer Dame ihren angebissenen Imbiss nachtrug: „Ach, das ist Ihre Frikadelle?“

Exakt das sind die Momente, die „Wetten dass..?“ oftmals zu großartiger Familienunterhaltung machen. Dass Gottschalk ausgerechnet diesen Teil der Show an Hunziker abgibt, könnte ein fataler Fehler sein.

Screenshot: ZDF


23 Lesermeinungen

  1. Muriel sagt:

    Unterschätze nicht die...
    Unterschätze nicht die Wirkung tief ausgeschnittener Kleider.

  2. Torsten sagt:

    Antwort auf die im Titel...
    Antwort auf die im Titel erwähnte Frage: Wenn Michelle Hunziker der Zweite ist, eindeutig: Ja.
    Btw. der Gläserstapler war kein Grieche, sondern Zyprer.

  3. pschader sagt:

    @Torsten: Danke....
    @Torsten: Danke.

  4. kerstin sagt:

    nachdem ich 6monate auf zypern...
    nachdem ich 6monate auf zypern gelebt habe, kann ich dazu beisteuern dass die EinwohnerInnen dort Zyprioten heißen!

  5. pschader sagt:

    @kerstin: Wikipedia!...
    @kerstin: Wikipedia!

  6. katja sagt:

    Wenn ich mich richtig...
    Wenn ich mich richtig erinnere, hat sich Frau Hunziger damals deshalb so geziert, weil sie ihre Wette eigentlich gewonnen hatte. Thomas Gottschalk und das Publikum hatten sich aber schon so sehr auf Frau Hunziger im Badeanzug gefreut, dass sie dennoch überredet/ gezwungen wurde sich umzuziehen.

  7. Wildpinkler sagt:

    Der Tittenfaktor wird auch am...
    Der Tittenfaktor wird auch am ZDF nicht vorbeiziehen. Man versucht nun den pseudojugendlichen Worten des Auslaufmodels „Gottschalk“ ein frisches Gesicht zu geben. So kommt ein wenig erotische Stimmung in so manch rheumageplagte Rentnerhand.

  8. Brendon sagt:

    Das ist eine ganz banale...
    Das ist eine ganz banale Angelegenheit, die in dieser Breite eigentlich gar nicht diskutiert werden bräuchte, denn ganz offensichtlich recycelt das ZDF hier bloß einen uralten Erzählstrang, wie er gerade letztes Jahr auch im US-amerikanischen Wahlkampf zu sehen war:
    Der als Person beliebte und geschätzte, auf eine lange Reihe von unzweifelhaften Verdiensten um Volk und Vaterland zurückblickende, trotz fortgeschrittenem Alter in seiner öffentlichen Funktion aktive Protagonist (Gottschalk / McCain) ist mit einem Vehikel (Wetten Dass..? / republikanische Präsidentschaftskandidatur) betraut, das unabwendbar dem Untergang geweiht ist (erodierende Zuschauerbasis / Obama).
    Dieser Tatsache gewahr, wird vom Beraterstab ein Ereignis geschaffen, welches in der anschliessenden historischen Rückschau leicht als Auslöser oder gar Ursache des Scheiterns gesehen werden kann und eine eingehende Beschäftigung mit den unterliegenden strukturellen Problemen und möglicherweise ohne Not ausgeschlagenen, weil riskant erscheinenden Rettungsmassnahmen nahezu vollständig verhindert.
    In beiden Fällen wird das Modell „Barbie“ gewählt, eine attraktive Frau (Hunziker / Palin) aus dem befreundeten Ausland (Schweiz / Alaska) mit unklarer Qualifikation (DSDS / Gouverneur) und breiten Katalog symbolfoto-tauglichen Bildmaterials; die Platzierung einer dieser Abbildungen im Umfeld der geschichtsschreibenden Stücke in den Medien spart Content-Produzenten wie -Konsumenten viel Arbeit in der Produktion bzw. Rezeption, da das Bild alleine bereits die Analyse liefert: „McCain wäre ganz sicher Präsident geworden, wenn er sich für einen besseren Vizepräsident hätte entscheiden dürfen“ / „´Wetten, Dass..?´ war die beste Sendung der Welt, bis sie dem Gottschalk die Hunziker aufgedrückt haben“.
    Der geschätzte Protagonist wahrt als Opfer des Systems seine Reputation, das System demonstriert subtil Stärke, und die Reichweiten der berichtenden Medien profitieren von den Fotos blonder Frauen. Das Vehikel wird entsorgt, ohne dass jemand ernstlich Schaden nimmt.
    Bitte gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen.

  9. onlime sagt:

    Damals, vor ca. 10 Jahren, als...
    Damals, vor ca. 10 Jahren, als sie noch Frau Ramazzotti war und ganz frisch im deutschen Fernsehen hin und wieder mal auftauchte, fand ich sie noch unglaublich knuffig. Inzwischen hat sie sich dahingehend weiterentwickelt, dass ihr die Knuffigkeit abhanden und stattdessen nichts anderes dazu gekommen ist.

  10. Matze sagt:

    Nun, im ZEIT-Nagazin war mal...
    Nun, im ZEIT-Nagazin war mal eine Reportage über Gottschalk drin, in der geschrieben wurde, dass Gottschalk sehr enthusiastisch ist, wenn er die Wetten kennen lernt, bei jedem Probendurchlauf aber lustloser und uninteressierter wird. Vielleicht war das der Hintergedanke, warum er die Wetten zukünftig erst während der Sendung kennen lernen soll.
    Warum Michelle Hunziker? Keine Ahnung, aber wahrscheinlich besser als Pocher …

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