Das hier links ist der Dennis, und wenn die Fernsehwelt gerecht wäre, müsste man den gar nicht mehr vorstellen.
Lassen Sie sich von dem treuherzigen Schluffi-Blick nicht täuschen: Dennis Gastmann ist vermutlich der NDR-Mitarbeiter, der nach Rolf Seelmann-Eggebert am meisten erlebt hat, dabei ist er erst 31. Er hat sich beim Versuch, den Hamburger Skandalsenator Roland Schill zu treffen, von dessen Anwalt schubsen lassen, der ihn für gemeingefährlich hielt, und verbrachte mehrere Sekunden in einem Paternoster mit dem schleswig-holsteinischen SPD-Chef Ralf Stegner. Er hat beim Stierkampf in Spanien todesmutig eine, okay, Kuh herausgefordert und in Thailand den Elefantenführerschein gemacht. In Deutschland hat er den netten Nazi von nebenan besucht und in den Vereinigten Staaten das Wohnzimmer des Ku-Klux-Klans.
Und: Er hat Franz-Josef Strauß interviewt.
Dennis Gastmann ist ein außergewöhnlicher Reporter, der uns Zuschauer nicht als Wissender, sondern als Fragender durch die Welt führt. Mit großen Augen schaut er sich alles an, fragt nach, probiert aus – und staunt. Er schildert, was er erlebt, wie eine kindliche Entdeckungsreise. Aber die Fragen sind oft nicht harmlos, sondern hintersinnig, und die Filme erzählen bei aller Leichtigkeit und scheinbaren Banalität erzählenswerte und relevante Geschichten. Es sind liebevoll komponierte Reportagen aus fremden Welten – die auch gleich nebenan liegen können.
Beim Satiremagazin extra3 hat Gastmann vergnügt den Grat zwischen Journalismus und Comedy erkundet. Seit diesem Frühjahr ist er für das NDR-Auslandsmagazin „Weltbilder“ unterwegs. „Mit 80.000 Fragen um die Welt“ heißt die Reihe, in der er versucht, vor Ort Zuschauerfragen zu beantworten wie: Führen alle Wege nach Rom? Wer hat Angst vorm schwarzen Mann? Und: Sind alle Japaner verrückt?
Er hat Europa bereist, die Vereinigten Staaten und Asien, und am Montag vergangener Woche ist er aus Afrika zurückgekommen.
Er beantwortet Fragen wie: „Wer liegt vor Madagaskar?“ und: „Wie leben die Hotten Totten heute?“, aber es sind keine filmischen Werbe- oder Witzpostkarten, die er aus Afrika mitgebracht hat. Als Antwort auf die Frage „Wo ist Afrika am Schwärzesten?“ besucht Dennis Gastmann unter anderem den Slum „Matare“. Auf seiner Facebook-Seite schrieb er von dort:
Offiziell gibt es diesen Stadteil von Nairobi gar nicht, deswegen ist er nicht an Wasser, Elektrizität oder Müllentsorgung angeschlossen. 400.000 Menschen leben hier im Dreck, 10 bis 20 Prozent sind HIV-Positiv. Viele Frauen sind zur Prostitution gezwungen, die meisten werden vergewaltigt. Und wenn sie tagsüber arbeiten gehen, vergreifen sich Besoffene an ihren Kindern. Auch das ist Afrika.
Bestimmt hat sich zumindest die Fernsehfigur Dennis mit der ihr eigenen Neugier und Unvoreingenommenheit den kenianischen Wunderheilern zugewandt. Aber es wäre falsch, diese scheinbare Naivität mit Ignoranz zu verwechseln. Auf die Frage, was er von den Heilern gelernt hat, erzählt er:
Zum Beispiel, mit welchen Mitteln man Krebs und HIV in den Griff bekommt: Bananen und Kamelmilch. Das hat mir die Chefin der kenianischen „Traditionsheiler“ vor Publikum so gesagt. Vorher waren wir übrigens auf der AIDS-Station eines Krankenhauses in Matare. Da landen die Opfer der traditionellen Medizin.
Die Afrika-Folgen waren noch nicht rechtzeitig genug fertig, um sie vorab zu sehen, aber wie ich Dennis kenne, wird auch diese Beobachtung eingebettet sein in einen Film von fast Sendung-mit-der-Maus-hafter Leichtigkeit – und gerade deshalb umso mehr wirken.
In der ersten Folge heute kümmert sich Dennis Gastmann in Äthiopien um die Frage „Kommen Adam und Eva aus Afrika?“. Er erzählt:
Drei Viertel des Films verbringe ich damit zu belegen, dass die Wiege der Menschheit in Äthiopien liegt. Dann halte ich sogar den Schädel unserer kürzlich ausgebuddelten Urmutter „Ardi“ in der Hand, Schlußfolgerung: Jeder Mensch auf der Welt stammt ursprünglich aus Afrika (Es sei denn, jemand buddelt irgendwo anders mal eine ältere Urmutter aus). Mit diesen Erkenntnissen gehe ich zur mächtigen orthodoxen Kirche in Addis Abeba – und bringe sie etwas ins Schleudern. Schließlich werden zwei Priester ausgewählt, die mir die hochoffizielle Antwort verlesen. Kernsatz: „Geologen können sagen, was sie wollen.“
„Mit 80.000 Fragen um die Welt“: die Afrika-Staffel läuft ab heute dienstags um 23.15 Uhr in „Weltbilder“ im NDR-Fernsehen.
Dennis Gastmann bloggt und hat eine Facebook-Seite. Alle Folgen der Reihe sind im Internet zu sehen.
Fotos: NDR
In der Tat eine ganz besonders...
In der Tat eine ganz besonders interessante Beobachtung, Klaus. 😉
Doch kann ich mich nur schwer erinnern, hier schon ausführliche Kritiken über Frisuren gelesen zu haben. Was Gesprächsführung hingegen anbelangt…