Das Fernsehblog

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Von wegen sterbendes Medium: 225 Minuten sieht jeder von uns im Schnitt täglich fern. In diesem Blog stehen die Gründe dafür. Und die dagegen.

Einsfestival? Das liegt hier noch so rum

| 13 Lesermeinungen

In dieser Woche tagten die Intendanten der ARD mit ihrer Hauptversammlung in Berlin, und bei der Pressekonferenz am Mittwoch wollten die Journalisten von den Senderverantwortlichen wissen, wie sie eigentlich auf den Start von ZDFneo reagieren. Die Antwort lautete zusammengefasst: gar nicht.

In dieser Woche tagten die Intendanten der ARD mit ihrer Hauptversammlung in Berlin, und bei der Pressekonferenz am Mittwochmittag wollten die Journalisten von den Senderverantwortlichen wissen, wie sie eigentlich auf den Start von ZDFneo reagieren.

Die Antwort lautete zusammengefasst: gar nicht.

RBB-Intendantin Dagmar Reim erklärte, man wolle das ZDF-Konzept ganz bestimmt nicht kopieren: „Die Imitation ist unsere Sache nicht.“ Der ARD-Vorsitzende Peter Boudgoust fand es immerhin „nachvollziehbar, was das ZDF macht“. Und Programmdirektor Volker Herres stellte klar: „Es reicht nicht, dem jüngeren Publikum Angebote zu machen, man muss es auch erreichen.“ ZDFneo aber erreiche bisher kaum junge Zuschauer. „Wenn Sie bisher auf die Wirkung schauen: Da hat sich gar nichts verändert.“

Es kann natürlich sein, dass ich das überhört habe, aber: Vom eigenen Digitalprogramm Einsfestival, als dessen Ziel im 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag explizit genannt wird, jüngere Zuschauer anzusprechen(*), wollte in Berlin niemand schwärmen. Das könnte daran liegen, dass dort momentan vor allem TV-Klassiker wie „Klimbim“ sowie Wiederholungen von „Lindenstraße“ und „Tatort“ laufen, was gar nicht mal so schlecht funktioniert. Eigene Programme leistet sich Einsfestival kaum – außer dem kürzlich zurück geholten „Nightwash“, das immer donnerstags läuft, und dem viertelstündigen Magazin „Einsweiter“, in dem die Moderatoren Anja Backhaus und Max von Malotki Filmbeiträge ankündigen, die mehrheitlich den Magazinen der Landessender entnommen sind.

Bild zu: Einsfestival? Das liegt hier noch so rum
Anja Backhaus moderiert bei Einsfestival „Einsweiter“, das „Magazin für Veränderung“. Lustig, dass das so heißt. / Screenshot: Einsfestival

Im September gab es einen Relaunch – aber nach einem großen Wurf sieht Einsfestival nicht aus. Eher so als hätte die ARD halt die Gelegenheit genutzt, auch so ein Digitaldings veranstalten zu können ohne eine Vorstellung davon zu haben, was genau sie damit anfangen soll.

Das hat einen einfachen Grund. Man muss bloß mal Helfried Spitra fragen, der beim WDR als Leiter für Einsfestival zuständig ist. Er sagt:

„Einsfestival ist ein ARD-Programm, also muss sich die ARD in toto überlegen, wie sie damit umgehen will. Ich hoffe, dass sich da etwas bewegt. Der WDR kann und wird das nicht alleine tragen, zumal er sowieso schon einen großen Teil zur Finanzierung innerhalb der ARD beisteuert. Wir sind bereit, da weiter zu marschieren – aber die anderen müssen mitmachen.“

Bild zu: Einsfestival? Das liegt hier noch so rumKonkret heißt das: Einsfestival bräuchte mehr Mittel, aber dafür müsste jede Landesanstalt ein bisschen was dazu geben – und das ist eine Forderung, die innerhalb der ARD gerade nicht durchsetzbar ist, zumal sich die einzelnen Anstalten permanent untereinander um die korrekte Verteilung der Gebührengelder zoffen. Spitra sagt, dass es in der jetzigen Form schwer sein wird, Einsfestival als Alternative fürs junge Publikum zu etablieren: „Wir müssen ein Programm wie ‚Einsweiter‘ in der Tat ausbauen, eine eigene Handschrift entwickeln, eigene Gesichter aufbauen. Das ist nur mit dem jetzigen Budget schwierig.“ Weitere Produktionen wie „Nightwash“ (das schon recht günstig ist) seien derzeit jedenfalls nicht machbar. Der Etat für Einsfestival liege bei 2,5 Millionen Euro (zum Vergleich: das ZDF investiert in ZDFneo 30 Millionen), insgesamt sind 5,5 Stellen für den Sender verplant (für ZDFneo arbeiten 35).

Natürlich ist es keine schlechte Idee, so wie Volker Herres am Mittwoch in Berlin zu erklären, man müsse junge Zuschauer wieder stärker an die Hauptprogramme binden und deshalb „über die gesamte Palette der ARD“ überlegen, wie das möglich sei. „Ich will sie wirklich haben, die jungen Menschen“, hat der Programmdirektor gesagt. Aber selbst mit viel Fantasie ist von diesem Wollen in der ARD und den Dritten gerade nicht viel zu sehen. Auch Spitra kritisiert ungewöhnlich deutlich:

„Wir haben früher in den dritten Programmen neue Formate und Gesichter aufbauen können, um sie dann wie ‚Schmidteinander‘ ins Erste zu bringen. Das geht heute so nicht mehr, weil die Dritten als Vollprogramme mit regionaler Ausrichtung voll im Wettbewerb stehen. Vieles passiert mit der angezogenen Handbremse – wenn neue Programme nicht sehr schnell funktionieren, sind sie auch in den Dritten schnell wieder verschwunden. Mit Einsfestival ließe sich das auffangen. Hier können wir jungen Talenten eine kreative Plattform geben.“

Ist das nicht lustig? Wieviele „Plattformen“ die ARD noch braucht, um dort dann doch keine Nachwuchsförderung zu betreiben?

 

*Ganz genau heißt es im Anhang zum 12. RÄStV:

„EinsFestival ist – wie in den ARD-Programmleitlinien 07/08 beschrieben – ein innovatives, kulturell orientiertes Angebot mit jüngerer Ausrichtung. Das Programmangebot ist zwar grundsätzlich an einen breiten Zuschauerkreis gerichtet, es orientiert sich strukturell und inhaltlich aber an der Alltagskultur eines jüngeren Publikums und hat insofern nicht den Anspruch eines Vollprogramms. EinsFestival leistet damit einen wichtigen Beitrag dazu, bei jüngeren Menschen mehr Aufmerksamkeit für öffentlich-rechtliche Programmangebote zu erreichen.“


13 Lesermeinungen

  1. nona sagt:

    Ja. Hmm. Ich muss sagen, ich...
    Ja. Hmm. Ich muss sagen, ich finde die Wiederholungsprogrammplanung auf EinsFestival zeitweilig ziemlich grandios. Dass sie dort Klassiker ausgraben (man möchte sagen: Legenden) passt genau in meine Nostalgie-Neigungen. Regelmässig wieder „Nonstop Nonsens“ zu sehen fand ich herrlich. Die Wiederholungen von „Bananas“ habe ich geradezu zelebriert. Hocherfreut war ich, als ich neulich „Das Rätsel der Sandbank“ und „Pogo 1104“ im EPG vorfand. Fehlt ja fast nur noch „Die Vier aus der Zwischenzeit“ und „Supi, der Supersohn“ und dergleichen mehr aus den 80ern. Tatsächlich würde ich mir noch mehr solche unvergessenen und vergessenen Sendungen wünschen. Aber: ist das jung? Ich fühle mich jenseits der 35 zwar jung und einigermassen jugendlich, aber wer 15-20 Jahre jünger ist als ich, der wird das zweifellos anders sehen. Wie ist den „jüngeres Publikum“ zu definieren?

  2. Sven sagt:

    EinsFestival? Da drück ich...
    EinsFestival? Da drück ich doch Einsweiter (auf der Fernbedienung).
    – 5 € in die Wortspielkasse!

  3. Hobelbruder sagt:

    <p>Was Sie immer so alles...
    Was Sie immer so alles lustig finden Herr Schader… oO

  4. Val sagt:

    Das traurige an der Sache ist,...
    Das traurige an der Sache ist, daß EinsFestival hier per DVB-T rund um die Uhr ankommt, zdf_neo aber erst ab 21 Uhr. Wenn EinsFestival so jugendlich sein soll, dann könnte man das doch prima mit dem Kinderkanal auf einen Kanal legen und zdf_neo dafür ganztägig ausstrahlen, damit ein paar mehr Leute was von dem $ADJEKTIVeren Programm haben

  5. trillian sagt:

    Für mich sind Einsfestival...
    Für mich sind Einsfestival und ZDF_neo wirkliche Alternativen zum Programm geworden. Zum beispiel finde ich es einen klugen Schachzug den Tatort im anschluß nochmal zu zeigen, weil ich zur normalen Sendezeit selten vorm TV sitzen kann.
    Ich hoffe, dass die Sender sich weiter durchsetzen!

  6. Bernhard sagt:

    @Val: Kann ich sehr gut...
    @Val: Kann ich sehr gut nachvollziehen. Ist bei uns im Kabelfernsehen nicht anders und über DVB-T auch.

  7. Knacki sagt:

    Das ich beide Sender mag, kann...
    Das ich beide Sender mag, kann man sicher verstehen, da ich ja auf beiden präsent bin. Ich finde, dass beide Sender ein super Programm bieten, zu guten Zeite und ohne nervige Werbung. Spannend wird es wenn die technische Reichweite steht UND die Sender durchhalten. Leider ist Fernsehen immer noch ein sehr passives Erleben und erst wenn man Sender schnell auf der Fernbedienung findet, wird es für den Erfolg eines Senders interessant. Vielleicht sollte man jedem Zuschauer 5€ zahlen, wenn er diese Sender auf einen der ersten 10 Plätze programmiert? 2 Sätze fand ich sehr interessant: „Weitere Produktionen wie „Nightwash“ (das schon recht günstig ist) seien derzeit jedenfalls nicht machbar.“ Toll, was alles so im Netz steht. UND:Wieviele „Plattformen“ die ARD noch braucht, um dort dann doch keine Nachwuchsförderung zu betreiben?“ Stimmt genau, da liegt nach wie vor ein großes Problem, aber genau dort schlummert auch ein riesiges Potential. Zu mindestens haben das die öffentlich-rechtlichen Sender verstanden, sonst würde sie nicht das Comedy Lab und NightWash machen, aber ich hoffe auch, dass sie das Potenzial diesmal nutzen. Knacki

  8. Kinkkong sagt:

    @Val, @Bernhard: Geht mal auf...
    @Val, @Bernhard: Geht mal auf Zattoo.com, kurz registrieren, und dann sind sämtliche öff. rechtl. Sender (auch Radio) zu empfangen… Übers Kabel kommen die nämlich bei mir garnicht an…

  9. Besser...
    Besser Fernsehen..
    @Knacki:
    Ich stimme Ihnen zu: erfreulich wenig Werbung; was aber auch der Grund für ein besonders mageres Programmangebot sein wird. Beispiel gefällig? Bei Printmedien gilt weitestgehend immer noch die alte Faustregel: 1 Werbeseite finanziert 1 Redaktionelle Seite. Warum sollte dies denn bei einem TV-Kanal anders sein – selbst wenn er gebührenfinanziert ist?
    Überhaupt scheint mir,
    dass viele der Leser entweder stark auf die 40 zugehen und/oder diese bereits überschritten haben.
    Vermutlich beantwortet diese These indirekt die abschließende Frage von nona (siehe erster Leserbeitrag weiter oben). Mit anderen Worten: die Programmangebote (egal ob nun bei einsfestival oder ZDFneo) lassen die Behauptung zu, das mit „jüngeren Menschen“ sicher „jung gebliebene“ gemeint war.
    Die angebliche Zielgruppe
    von 15 bis 25-jährigen wurde irgendwo zwischen den Verfolgungsjagden ala Miami Vice und Mutter Beimers Küche gezeugt. Daher muss es nicht wundern, dass angesichts des Programmangebots primär die Elterngeneration von Nostalgiegefühlen eingefangen wird.
    Und vielleicht ist ja genau das die Absicht.
    Beispiel? Meine Mutter (junggebliebene Rentnerin) hängt schon mal dem gerade sichtbaren Protagonisten auf ARD/ZDF/BR an den Lippen. Auf mich trifft dies nicht zu. Also was ist die tatsächliche Zielgruppe? Etwa die Rentner jenseits der 65?
    Wenn Sie mich fragen
    z.B. was das bessere Fernsehen ist, dann werfen Sie doch mal einen Blick in die ZDF Mediathek (erreichbar via Internet). Keine Werbung, Programm auf Abruf, jederzeit wiederholbar, an beliebigen Stellen anhalten um 20 Min. später weiter zu konsumieren.. und und und..
    SO sieht das Fernsehen der Zukunft aus!
    Wozu also noch Programm machen?
    Ach ja stimmt – für all die unglücklich Ausgebeuteten des hanseatischen Troubadix mit all seinen geistig zu Haus‘ gebliebenen Fans; natürlich anschaulich aufbereitet durch den Nero aller Glotze-Belieferer.
    Brot und Spiele..
    wusste schon der historische Nero. Allerdings brannte der auch die Stadt nieder – zugegeben – das wäre eine erwärmende Vorstellung für so manchen Sender 😉
    In diesem Sinne – eine geruhsame Nacht zusammen 🙂

  10. Fabel sagt:

    Finde die Sender der ARD und...
    Finde die Sender der ARD und des ZDF(Neo und auch Festival aber auch Theaterkanal,Info und wie sie alle heißen) wikrlich klasse,dass sind wirklich super Alternativen und wirklich schade dass fast keiner was kennt von diesen Sendern ich finde die ARD sollte auch mal mehr Geld in die Hand nehmen um die Sender noch effektiver zu gestalten!

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