In dieser Woche tagten die Intendanten der ARD mit ihrer Hauptversammlung in Berlin, und bei der Pressekonferenz am Mittwochmittag wollten die Journalisten von den Senderverantwortlichen wissen, wie sie eigentlich auf den Start von ZDFneo reagieren.
Die Antwort lautete zusammengefasst: gar nicht.
RBB-Intendantin Dagmar Reim erklärte, man wolle das ZDF-Konzept ganz bestimmt nicht kopieren: „Die Imitation ist unsere Sache nicht.“ Der ARD-Vorsitzende Peter Boudgoust fand es immerhin „nachvollziehbar, was das ZDF macht“. Und Programmdirektor Volker Herres stellte klar: „Es reicht nicht, dem jüngeren Publikum Angebote zu machen, man muss es auch erreichen.“ ZDFneo aber erreiche bisher kaum junge Zuschauer. „Wenn Sie bisher auf die Wirkung schauen: Da hat sich gar nichts verändert.“
Es kann natürlich sein, dass ich das überhört habe, aber: Vom eigenen Digitalprogramm Einsfestival, als dessen Ziel im 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag explizit genannt wird, jüngere Zuschauer anzusprechen(*), wollte in Berlin niemand schwärmen. Das könnte daran liegen, dass dort momentan vor allem TV-Klassiker wie „Klimbim“ sowie Wiederholungen von „Lindenstraße“ und „Tatort“ laufen, was gar nicht mal so schlecht funktioniert. Eigene Programme leistet sich Einsfestival kaum – außer dem kürzlich zurück geholten „Nightwash“, das immer donnerstags läuft, und dem viertelstündigen Magazin „Einsweiter“, in dem die Moderatoren Anja Backhaus und Max von Malotki Filmbeiträge ankündigen, die mehrheitlich den Magazinen der Landessender entnommen sind.
Anja Backhaus moderiert bei Einsfestival „Einsweiter“, das „Magazin für Veränderung“. Lustig, dass das so heißt. / Screenshot: Einsfestival
Im September gab es einen Relaunch – aber nach einem großen Wurf sieht Einsfestival nicht aus. Eher so als hätte die ARD halt die Gelegenheit genutzt, auch so ein Digitaldings veranstalten zu können ohne eine Vorstellung davon zu haben, was genau sie damit anfangen soll.
Das hat einen einfachen Grund. Man muss bloß mal Helfried Spitra fragen, der beim WDR als Leiter für Einsfestival zuständig ist. Er sagt:
„Einsfestival ist ein ARD-Programm, also muss sich die ARD in toto überlegen, wie sie damit umgehen will. Ich hoffe, dass sich da etwas bewegt. Der WDR kann und wird das nicht alleine tragen, zumal er sowieso schon einen großen Teil zur Finanzierung innerhalb der ARD beisteuert. Wir sind bereit, da weiter zu marschieren – aber die anderen müssen mitmachen.“
Natürlich ist es keine schlechte Idee, so wie Volker Herres am Mittwoch in Berlin zu erklären, man müsse junge Zuschauer wieder stärker an die Hauptprogramme binden und deshalb „über die gesamte Palette der ARD“ überlegen, wie das möglich sei. „Ich will sie wirklich haben, die jungen Menschen“, hat der Programmdirektor gesagt. Aber selbst mit viel Fantasie ist von diesem Wollen in der ARD und den Dritten gerade nicht viel zu sehen. Auch Spitra kritisiert ungewöhnlich deutlich:
„Wir haben früher in den dritten Programmen neue Formate und Gesichter aufbauen können, um sie dann wie ‚Schmidteinander‘ ins Erste zu bringen. Das geht heute so nicht mehr, weil die Dritten als Vollprogramme mit regionaler Ausrichtung voll im Wettbewerb stehen. Vieles passiert mit der angezogenen Handbremse – wenn neue Programme nicht sehr schnell funktionieren, sind sie auch in den Dritten schnell wieder verschwunden. Mit Einsfestival ließe sich das auffangen. Hier können wir jungen Talenten eine kreative Plattform geben.“
Ist das nicht lustig? Wieviele „Plattformen“ die ARD noch braucht, um dort dann doch keine Nachwuchsförderung zu betreiben?
*Ganz genau heißt es im Anhang zum 12. RÄStV:
„EinsFestival ist – wie in den ARD-Programmleitlinien 07/08 beschrieben – ein innovatives, kulturell orientiertes Angebot mit jüngerer Ausrichtung. Das Programmangebot ist zwar grundsätzlich an einen breiten Zuschauerkreis gerichtet, es orientiert sich strukturell und inhaltlich aber an der Alltagskultur eines jüngeren Publikums und hat insofern nicht den Anspruch eines Vollprogramms. EinsFestival leistet damit einen wichtigen Beitrag dazu, bei jüngeren Menschen mehr Aufmerksamkeit für öffentlich-rechtliche Programmangebote zu erreichen.“