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Endlich mehr Platz im Studio! Aufräumarbeiten bei der "Oliver Pocher Show"

Es ist nicht ganz ausgeschlossen, dass diese beiden sympathischen Jungtalente bald die „Oliver Pocher Show“ übernehmen:


Screenshot: Sat.1

Zumindest sind „Kalle“ und „Ralle“, wie die Plüschbabys am vergangenen Freitag getauft wurden, das Beste, was Pochers Quasi-Late-Night seit dem Sendestart passiert ist. Ihre TV-Premiere feierten die zwei, denen Puppenspieler Martin Reinl seine Stimme (und beide Hände) leiht, Ende Januar, als die komplette Show zum Schwangeren-Treff umdeklariert wurde, mit dem Pocher die Geburt der eigenen Tochter medial vorbereitete. Vor allem die Plüschbabys haben dem Publikum offensichtlich so gut gefallen, dass sie seitdem in jeder Sendung dabei sein dürfen – und dem Gastgeber mit ihren rotzfrechen Kommentaren die Schau stehlen.

So lustig das manchmal ist: Irgendwas läuft falsch, wenn der Sidekick mehr Applaus bekommt als der Namensgeber der Show.

Es passt jedenfalls dazu, dass die Redaktion derzeit auch nicht so genau weiß, welche Sendung sie eigentlich machen will. Kaum jemandem ist aufgefallen, dass die „Oliver Pocher Show“, die Pocher Entertainment in Zusammenarbeit mit Spiegel TV Infotainment produziert, Anfang des Jahres komplett umgekrempelt wurde. Es gibt keine Showband mehr, von ehemals fünf Damen ist lediglich DJane Miss Leema an den Turntables übrig geblieben, die nun ab und zu in Einspielern mitmachen darf. Die anderen Bandmitglieder sind durch eine überdimensionale Discokugel ersetzt worden.


Screenshots: Sat.1

Der wochenaktuelle Stand-Up, bei dem Pocher in den ersten Minuten über die Ereignisse aus Showbiz und Politik scherzte, wurde komplett gestrichen. Übrig geblieben sind ein paar zeitlose Witzchen, die im Schnitt nach der Aufzeichnung noch mal auffällig gekürzt werden. Die freien Autoren, die im vergangenen Jahr Gags für den Stand-Up zulieferten, bekamen im Dezember Bescheid, dass sie nicht mehr gebraucht werden. Dass es sich dabei um Sparmaßnahmen handelt, mag man bei Sat.1 auf Anfrage des Fernsehblogs aber nicht bestätigen:

„Es gibt keine Budgetkürzung. Die inhaltlichen und optischen Änderungen sollen dazu beitragen, die Performance des Programms zu verbessern.“

Die „Oliver Pocher Show“, eines der Prestige-Projekte des frischgebackenen Ex-Sat.1-Chefs Guido Bolten, hat zu wenig Zuschauer. Der Marktanteil liegt regelmäßig unter dem Senderschnitt, nicht ganz so schlimm wie bei „Kerner“ – aber so, dass Sat.1 nicht zufrieden sein kann. Auch wenn’s der Sender etwas zuversichtlicher formuliert:

„Die Quoten von ‚Die Oliver Pocher Show‘ sind in einem schwierigen Sendeumfeld stabil. Oliver Pocher ist und bleibt ein Ausnahmekünstler. Wir arbeiten gemeinsam mit ihm und seiner Redaktion an den Sendungen und sind uns sicher, dass es gelingt, die Werte nach und nach zu steigern.“

Und das bedeutet wohl, die Sendung so zu verändern, dass sie wieder zu dem Oliver Pocher passt, den die Zuschauer noch von Pro Sieben kennen. Anzug trägt er zwar noch, aber nur noch in Kombination mit T-Shirt. Weißes Hemd und Krawatte wie im vergangenen Jahr sind inzwischen tabu. Der große Schreibtisch ist durch eine cremefarbene Polstergarnitur ersetzt worden, auf der in jeder Sendung gleich mehrere Gäste Platz nehmen, sodass weniger Zeit für andere Show-Elemente ist.


Screenshot: Sat.1

Pochers Papa spielt nicht mehr den heimlichen Co-Moderator. Die Rubrik „Pochers Auftrag“ scheint zu pausieren. Die Auftritte internationaler Stars sind seltener geworden (am vergangenen Freitag waren – nach längerer Künstler-Pause – „Him“ da). Stattdessen holte Pocher die eigene Freundin aufs Sofa und lud Bushido ein, mit dem er sich bei „Schmidt & Pocher“ schon ganz gut verstand. Mit einer klassischen Late-Night-Show hat das alles (inklusive des frühen Sendeplatzes) leider immer weniger zu tun. Fünf Tage nachdem Thomas Gottschalk im Januar bei „Wetten dass…?“ mit Heidi Klum „Germany’s Next Topmodel“ nachgespielt hatte, machte Pocher bei Sat.1 nochmal dasselbe – nur eben ein paar Nummern kleiner, mit Ex-Juror Rolf Scheider und Ex-Kandidatin Anni, die ein Mädchen aussuchen durften, das ein Fotoshooting für den Bonprix-Katalog gewann. Lust, eine inspirierte Show abzuliefern, scheint Pocher, um den sich im vergangenen Jahr die Sender gerissen haben, gerade keine zu haben.

Auch in der neu gegründeten Firma knirscht es. Im vergangenen Dezember stieg der damalige Executive Producer Arne Kreutzfeldt aus und wurde von einer überdimensionalen Diskokugel Jörg Imholz ersetzt, der bis dahin dort als Realisator gearbeitet hatte; „eine interne Personalentscheidung der Pocher Entertainment GmbH“, wie Sat.1 ohne Angabe weiterer Gründe erklärt. Und Imholz möchte über die inhaltlichen Änderungen in der Show auf Anfrage lieber nicht reden.

So locker sich Oliver Pocher sonst über die eigene Branche lustig macht: Hinter den Kulissen seiner eigenen Sendung gibt es derzeit nichts zu lachen.

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