Erinnern Sie sich noch an die schönsten Erklärräume im neuen ZDF-Nachrichtenstudio? Nicht? Wir hätten da eine kleine Auswahl anzubieten:
Screenshots: ZDF
(Mein liebster ist der unten in der Mitte, in der Claus Kleber über die paar Arbeitslosen hinwegsieht. Nein, halt, doch der links daneben mit dem sinnlosen Höhenverlauf der Tour-de-France-Strecke.)
Seit einem Dreivierteljahr sind „heute“ und „heute journal“ mit dem neuen Design auf Sendung, und so richtig will sich der Gewöhnungsprozess einfach nicht einstellen, oder? Modern sieht es ja aus. Aber als Zuschauer hat man zu Beginn der Sendung immer noch das Gefühl, die Nachrichten würden von einem riesigen Tisch moderiert (und nicht von den winzigen Figürchen, die dahinter sitzen).
Screenshots: ZDF
Im vergangenen Jahr bügelte das ZDF alle, die sich eher skeptisch zur „Grünen Hölle“ (wie das Studio intern genannt wird) äußerten, noch per Pressemitteilung ab:
„Drei Viertel der ZDF-Zuschauer sind zufrieden mit dem neuen Nachrichtenstudio von ‚heute‘ und ‚heute-journal‘. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung, die das ZDF in den Tagen nach dem Sendestart am 17. Juli durchgeführt hat. Demnach gaben rund 60 Prozent der Befragten an, dass das neue ZDF-Nachrichtenstudio hilft, die Nachrichten inhaltlich besser zu verstehen.“
Jetzt bekommen die Skeptiker nachträglich Unterstützung. Vom neuen ZDF-Chefredakteur Peter Frey. Der tritt am heutigen Mittwoch in Mainz die Nachfolge von Nikolaus Brender an, dem sich im vergangenen Jahr der branchenweit anerkannte Programmanalyst Roland Koch in den Weg stellte, um dessen Vertragsverlängerung zu verhindern. Mit Erfolg. Trotz der kurzen Vorbereitungszeit nach seiner Wahl im Dezember formuliert Frey nun bereits erstaunlich klare Ziele, die er sich für seine neue Zuständigkeit gesetzt hat (zum Beispiel bei der Nachrichten-Optik).
Das Nachrichtenstudio. „Da wurde eine Menge Arbeit geleistet, wir haben einen Sprung in die Zukunft geschafft“, sagt Frey. „Aber ich bin mit dem Resultat nur eingeschränkt zufrieden.“ Die Präsenz der Moderatoren habe im neuen Studio gelitten. „Das dient nicht der Zuschauerbindung. Die Technik soll die Moderatoren ja unterstützen.“ Vor allem die extremen Totalen stören den neuen Chef, jetzt soll an der Kameraführung gearbeitet werden. Auch die bisherigen Animationen, für die die Sprecher hinter ihrem Pult hervortreten, sieht Frey kritisch: „Viele Erklärräume waren nicht besonders überzeugend.“
Die Moderatoren. „Wir müssen mit unseren Köpfen mehr machen“, sagt Frey – und meint das nicht nur als Aufforderung, öfter mal die kleinen grauen Zellen zu bemühen. Eigentlich plant Frey etwas ganz anderes: „Ich habe mir vorgenommen, den Moderatoren, die beim Publikum eingeführt sind, größere Möglichkeiten zu geben.“ Was das genau bedeutet, will er noch nicht verraten. Aber es reicht ja, einen Blick ins Programm zu werfen: Steffen Seibert ist schon seit längerem nicht nur im „heute journal“ präsent, sondern moderiert auch Infotainment-Shows wie „Ich kann Kanzler“. Im vergangenen Jahr stand er mit der Nachrichten-Kollegin Dunja Hayali für „Die Sternstunden der Deutschen“ vor der Kamera. Gut möglich, dass es solche Einsätze bald regelmäßiger gibt.
Zum Dokusendeplatz in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag äußert sich Frey deutlich: „Das ist sicher eine Notlösung, um das Genre Dokumentation zu retten, und nur dadurch zu rechtfertigen, dass die Sendungen zeitgleich online verfügbar sind und auf anderen Kanälen gezeigt werden.“ Ein Dauerlösung ist das für ihn offensichtlich nicht.
Es fehlt nur an Sendeplätzen im Programm, die auch mit schwerer zugänglichen Themen bespielt werden können (zum Teil auch, weil man sich in Mainz einfach nicht dazu durchringen mochte, die Ex-Kerner-Schiene dauerhaft für Alternativen freizugeben). Künftig wird sich Frey mit Programmdirektor Thomas Bellut, der die Unterhaltung koordiniert, darüber verständigen müssen. Er sagt: „Wenn es sein muss, werden wir kämpfen. Das ist die Verabredung.“
Das Publikum. „Wir müssen die ganze Breite der Gesellschaft abbilden“, sagt Frey über das Ziel, auch jüngere Zuschauer fürs ZDF zu begeistern. Dem ist eigentlich wenig hinzuzufügen. Macht er dann aber doch: „Wir können dabei ruhig ein bisschen frecher werden.“
Die Unabhängigkeit. Über die ist beim ZDF in den vergangenen Monaten mehr diskutiert worden als übers eigentliche Programm. „Wir sind ein Sender auf Bewährung“, sagt Frey und versichert, dafür sorgen zu wollen, dass sich das ändert. Einfach wird das nicht in einem Sender, von dem die Politik immer noch glaubt, dass ihr ein Stückchen davon gehöre, wie Kurt Beck gerade dem „Spiegel“ erzählt hat („Wenn ARD und ZDF ökonomisch scheitern, müssen wir dafür geradestehen. Ist es zu viel verlangt, da – mit anderen Gruppen – mitreden zu dürfen?“) und dessen Gründung ja auf eine ganz konkrete politische Absicht des ehemaligen Bundeskanzlers Konrad Adenauers zurückgeht, die vom Bundesverfassungsgericht verhindert wurde. „Der Kampf hört nicht auf, wenn Nikolaus Brender gegangen ist. Er hat aber auch nicht mit ihm angefangen“, fasst Frey zusammen. „Meine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass jetzt wieder die Arbeit gemacht werden kann.“