Das Fernsehblog

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Von wegen sterbendes Medium: 225 Minuten sieht jeder von uns im Schnitt täglich fern. In diesem Blog stehen die Gründe dafür. Und die dagegen.

Kleine Product-Placement-Bilanz (1): Wer findet die Werbung?

| 21 Lesermeinungen

Seit zwei Monaten ist Product Placement im deutschen Fernsehen erlaubt. Das Fernsehblog zeigt, wie die Sender mit der neuen Möglichkeit – und den neuen Kennzeichnungspflichten – umgehen. Denn unter dem Oberbegriff sind nun die unterschiedlichsten Arten von im Programm vorkommenden Produkten zusammengefasst.

Seit zwei Monaten ist Product Placement im deutschen Fernsehen erlaubt. Und wir wollen mal einen kurzen Blick darauf werfen, wie die Sender mit der neuen Möglichkeit – und den neuen Kennzeichnungspflichten – umgehen. Denn unter dem Oberbegriff sind nun die unterschiedlichsten Arten von im Programm vorkommenden Produkten zusammengefasst, für die aber allesamt derselbe Hinweis gilt.

Beispiel 1: „Schlag den Raab“ (Pro Sieben)

Als erstes versuchte sich Anfang April Pro Sieben an einer (legalen) kreativen Integration ins Programm: Bei „Schlag den Raab“ trat Stefan Raab gegen seinen Herausforderer im „m-Ball“ an, eine abgewandelte Fußball-Variante, die mit einem überdimensionalen schwarz-rot-goldenen m&m-Ei gespielt wurde.

Im Grunde genommen handelt es sich dabei natürlich nicht um eine klassische Produktplatzierung, wie sie sich die meisten Zuschauer bisher vorstellen (also: das Nutella-Glas auf dem Frühstückstisch in der Daily Soap), sondern bereits um eine mehr oder weniger kreative Lösung: Pro Sieben hat für die Show ein Spiel für den Kunden erfinden lassen. Der Aufwand mag sich in Grenzen gehalten haben – aber natürlich hätte man auch einfach ein Schälchen mit bunten Schokoerdnüssen auf den Tisch stellen können, das die Kamera dann und wann ins Bild rückt. Das wäre aber halt nur ziemlich bräsig gewesen.

Andererseits ist – zumindest mir – unklar, was der Werbekunde von dieser Markenintegration haben soll. Moderator Matthias Opdenhövel hat zwar vor dem Spiel gut sichtbar den Ball in die Kamera gehalten:

Bild zu: Kleine Product-Placement-Bilanz (1): Wer findet die Werbung?
Screenshot: Pro Sieben

Aber während des Spiels war der natürlich kaum zu erkennen. Also: gute Idee – und mäßige Wirkung? [Nachtrag: Marc und Michael weisen in den Kommentaren darauf hin, dass das Placement mit klassischen Spots in der Werbepause kombiniert wurde.]

Die Kennzeichnung des Placements, die mit dem neuen „P“-Logo und dem Hinweis „Unterstützt durch Produktplatzierungen“ am Anfang und am Ende einer Sendung sowie nach Werbepausen erfolgen muss (WerbeRL der Landesmedienanstalten vom 17. März 2010, Ziffer 4, pdf), sah so aus:

Bild zu: Kleine Product-Placement-Bilanz (1): Wer findet die Werbung?
Screenshot: Pro Sieben

Beispiel 2: „Der große deutsche IQ-Test“, „Zuhause im Glück“ (RTL 2)

Ebenfalls Anfang April lief bei RTL II das erste Mal eine Sendung mit Kennzeichnung: die Premiere der „Test“-Reihe mit Sonja Zietlow. Im Screenshot ist der Hinweis im Vorspann ganz gut zu erkennen, im Bewegtbild allerdings durch die Animation und die dezente weiß-schattierte Schrift auf weißem Untergrund wirklich nur, wenn man weiß, worauf man zu achten hat.

Bild zu: Kleine Product-Placement-Bilanz (1): Wer findet die Werbung?

Die Frage ist sowieso, inwiefern die festgelegte Kennzeichnung irgendeinem Zuschauer dabei hilft, zu identifizieren, dass die jeweilige Sendung von einem Werbepartner unterstützt wurde. „Der große deutsche IQ-Test“ dauerte geschlagene drei Stunden, und erst am Ende war das angekündigte Product Placement zu sehen – beziehungsweise das, was seit dem 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag eben als solche gekennzeichnet werden muss: Eine Zuschauerin aus dem Studio gewann eine Reise und hielt den Umschlag mit dem Logo des Sponsors in der Hand. Ich glaube, das war’s. (Oder hab ich was übersehen?)

Bild zu: Kleine Product-Placement-Bilanz (1): Wer findet die Werbung?
Screenshot: RTL 2

Das ist eine völlig andere Art der „Platzierung“ als bei Pro Sieben, noch dazu eine, die deutschen Fernsehzuschauern schon seit Jahren bekannt ist, aber sie wird genauso behandelt wie jede „kreative“ Lösung. (Was übrigens nicht automatisch auch für ARD und ZDF gilt, aber dazu kommen wir noch in den nächsten Tagen.)

In der RTL-2-Mitleidsdokusoap „Zuhause im Glück“ werden die Hinweise neuerdings auch eingeblendet, weil das Team bei der Renovierung Einrichtungsgegenstände nutzt, die dem Sender von Unternehmen zur Verfügung gestellt wurden.

Bild zu: Kleine Product-Placement-Bilanz (1): Wer findet die Werbung?
Screenshot: RTL 2

Aber mal ehrlich: Ob es diesen Hinweis nun gibt oder nicht, weil zwischendurch mal eine Küche durchs Bild getragen wird, ist eigentlich wurscht, solange sich niemand hinstellt und minutenlang davon schwärmt, wie toll doch der Herd oder die gefederten Schubladen sind.

Wie Product Placement auch ganz anders funktionieren kann, steht morgen im Fernsehblog. Und wenn Ihnen, geschätzte Leser, weitere Sendungen im privaten Fernsehen aufgefallen sind, bei denen (neuerdings) Hinweise auf Produktplatzierungen erscheinen, freuen wir uns über Hinweise in den Kommentaren oder per Mail.

Um die gerne diskutierte „Wetten dass..?“-Problematik kümmern wir uns auch noch. Später.


21 Lesermeinungen

  1. Jens sagt:

    Was ist denn eine...
    Was ist denn eine „angewandelte“ Fußball-Variante?
    Kommtar kann gelöscht werden … 🙂

  2. Marc sagt:

    Die "m-Ball"-Platzierung wurde...
    Die „m-Ball“-Platzierung wurde von Werbespots in den Unterbrechungen begleitet und hat zumindest bei meinen Kindern Wirkung hinterlassen. Allerdings dauert eine Schlag-Den-Raab-Sendung auch mehrere Stunden und die Einblendung kam mehrmals und löste bei mir zumindest die Frage aus, ob da nicht noch mehr Produkte ins Bild gerückt wurden (z.B. Sportkleidung der Kandidaten).

  3. Michael sagt:

    Zu...
    Zu m-Ball/Markenintegration/Wirkung: Opdenhövel mag den Ball zwar nur einmal mit dem m in die Kamera gehalten haben. Aber da in jeder Werbepause ein m+m-Spot lief, wo 10.000 m-Bälle aus einem Zeppelin abgeworfen werden, dürfte jeder kapiert haben, um was es geht.

  4. pschader sagt:

    @Marc/Michael: Danke für den...
    @Marc/Michael: Danke für den Hinweis – so macht das natürlich mehr Sinn. Und schön, dass sich Pro Sieben noch darauf verlassen kann, dass es Zuschauer gibt, die in der Werbepause den Finger von der Fernbedienung lassen.

  5. Jens sagt:

    Hmm, vom Durchlesen dieses...
    Hmm, vom Durchlesen dieses Beitrags habe ich jetzt irgendwie auch Hunter auf m&m bekommen … das Product Placement hier wirkt! 🙂

  6. Kim sagt:

    Irgendwie wird durch offenes...
    Irgendwie wird durch offenes Product Placement das Fernsehen noch weiter entzaubert. Es muss jedem klar sein, dass der Hauptaspekt des privaten Programms die Akquisition von Werbekunden ist und dass der Zuschauer nur Mittel zum Zweck, i.e. Einschaltquote ist.
    Man müsste sich ernsthaft überlegen, ob man nicht bereit wäre, für privates Fernsehen zu zahlen, wenn man sich darauf verlassen könnte, dafür auch Qualität zu bekommen, die am Zuschauer ausgerichtet ist.
    Wenn einem Fernsehen denn überhaupt noch wichtig ist.

  7. Sven sagt:

    Während der "Schlag den...
    Während der „Schlag den Raab“-Übertragung vermuteten wir, dass auch die Fahrräder der Outdoor-Akrion Teil des PP waren, weil während der Einweisung der Kandidaten der jeweilige Markenname lange im Bild war und das PP-Logo eingeblendet wurde. Auch, dass Raab trotz Verletzung das Spiel unbedingt zuende bringen wollte, deuteten wir als einen Hinweis auf dort platzierte Produkte.
    Im Nachhinein wäre ich mri da jetzt ncith mehr so sicher – zumal die PP-Einbledung ja nach jedem Werbeblock kommt – und einen solchen gibt es normalerweise vor jeder Außenaktion.

  8. Oberschwabe sagt:

    Danke... ohne diesen Hinweis...
    Danke… ohne diesen Hinweis wäre ich all das kreative Product Placement glatt entgangen und ich hätte beinahe Smarties genascht.
    Hoffe dieser Ihr Knochenjob wird wenigstens hervorragend entlohnt. Wer glotzt schon freiwillig 3 Stunden Zietlow/RTL2 um nach Werbung Ausschau zu halten. Respekt!

  9. Oberschwabe sagt:

    Haben Sie im Übrigen bemerkt...
    Haben Sie im Übrigen bemerkt das bei Lenas Fahrt vom Flughafen zum Rathaus gefühlt Minimum 150 Passat CC durch öffentlich rechtliche und private Fernsehsendungen gefahren sind. Das war weder kreativ noch suptil… ich habs aber mitbekommen.

  10. Ariane sagt:

    War es nicht auch so, dass das...
    War es nicht auch so, dass das Mountainbike bei Schlag-den-Raab auch Product Placement war? Oder war das eine Ente?

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