Sie ist wahrlich eines der Highlights beim neuen Pro-Sieben-Sat.1-Frauensender Sixx: die Dokusoap „Windeln und Wellness – Familienurlaub all inklusive“ (Produktion: Red Seven Entertainment). Nicht nur, weil sie als vorerst einzige Eigenproduktion im Programm läuft, sondern auch, weil dort mit dem seit April in Deutschland erlaubten Product Placement experimentiert wird – und zwar nicht so zurückhaltend, wie gestern an dieser Stelle beschrieben.
Es geht um Eltern, die mit dem Nachwuchs in Familienhotels Ferien machen, in denen die Kleinen betreut werden, damit die Großen mal ausspannen können – aber inhaltliche Gründe können für die Produktion kaum ausschlaggebend gewesen sein. Es sei denn, bei Pro Sieben Sat.1 geht man ernsthaft davon aus, dass es interessant sein könnte, fremden Leuten beim Urlaub zuzusehen, in dem nichts, aber auch gar nichts passiert und das Spannendste ist, ob die Kids abends im fremden Bett einschlafen können.
In der ersten Folge begleitete „Windeln und Wellness“ die alleinerziehende Djamila Rowe (deren Bekanntheit in Deutschland auf eine acht Jahre zurückliegende Affäre mit einem Botschafter zurückgeht), wie sie mit ihrer Tochter entspannt. Und zwar in „Europas edelstem Baby- und Familienhotel“, wie der Off-Kommentator erzählt.
Der Service dort ist wirklich perfekt: Rowe wird vom Geschäftsführer persönlich durchs Hotel geführt – und beim Zusehen hat man schnell den Eindruck, eine verfilmte Unternehmensbroschüre eingeschaltet zu haben.
„In der Alpenrose kommen auf 180 Gäste 130 Mitarbeiter“, schwärmt der Sprecher und informiert: „Eine Nacht kostet hier rund 300 Euro. Dafür gibt’s Ledersofas, Flatscreen-TV, eine Whirlpool-Badewanne und natürlich einen Rund-um-die-Uhr-Service.“ Der Spa-Bereich wird ausführlich vorgestellt (die Ayuveda-Massage, die Kosmetikkabinen), der Geschäftsführer erwähnt die schönen Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe und aus dem Off folgen Werbetexte auf Anzeigenblattniveau:
„Allein für Sicherheitsmaßnahmen werden hier bis zu 3000 Euro die Woche ausgegeben.“
„Während die Eltern sich bei Massage und Manikür entspannen, werden die Babys und Kinder von einem 18-köpfigen Team bis zu zehn Stunden am Tag bespaßt. Das ist im Preis inklusive.“
„Im Luxusbabyhotel gibt es ein Spa von 750 Quadramtemetern mit 6 Mitarbeitern und 14 Behandlungsräumen.“
„Jedes Zimmer im 4-Sterne-Luxushotel ist mit einem Babyfon ausgestattet. Wird das Kind in der Nacht wach, erhalten die Eltern einen Anruf auf dem Handy. Eine super Sache.“
„[Es gibt ein] Buffet, das selbst bei einer Luxuslady wie ihr keine Wünsche offen lässt.“
„Das Hotel hat ein großes Hallenbad. Das Wasser ist kinderfreundliche 28 Grad warm.“
Außerdem kann ich nur vom Zusehen jetzt blind das hoteleigene Babyfonsystem bedienen. Am Ende wird Rowe wieder vom Geschäftsführer verabschiedet, der sich erkundigt, ob ihr der Aufenthalt gefallen hat, und man ist kein bisschen mehr überrascht, wenn dazu der Product-Placement-Hinweis eingeblendet wird:
Screenshot: Sixx
Im Vorspann gab es den zwar auch schon, allerdings scheint sich weiße Schrift auf hellem Grund bei den Sendern gerade als beliebte Lösung für die Placement-Kennzeichnung durchzusetzen.
Ich weiß nicht, ob das Hotel für die Dauererwähnung bezahlt oder Rowe (und dem Team) „nur“ den kostenlosen Aufenthalt ermöglicht hat – aber eigentlich ist das gar nicht weiter wichtig. Es sei denn, die Landesmedienanstalten wollen schon mal prüfen, ob das Hotel „zu stark herausgestellt“ wurde, was laut Werberichtlinien untersagt wäre (obwohl bisher niemand genau Kriterien festgelegt hat). Interessanter ist jedoch die Frage, ob es diese Sendung womöglich nur gibt, damit familienfreundliche Hotels auf sich aufmerksam machen können. Denn das würde bedeuten, dass die Erlaubnis der Produktplatzierungen tatsächlich dazu führt, dass sich Programminhalte im privaten Fernsehen zukünftig stärker nach den Bedürfnissen von Werbekunden richten.
Und natürlich, dass das Vertrauen der „Windeln und Wellness“-Macher in die Doofheit der Zuschauer grenzenlos sein muss, wenn sie tatsächlich davon ausgehen, dass es Leute gibt, die nichts Besseres zu tun haben als sich einen 45-minütigen Werbefilm anzusehen.
Ich befürchte ja: manche haben das wirklich nicht.
Dann lässt man den Leuten...
Dann lässt man den Leuten eben den Spaß, einen zweitklassigen Werbefilm zu schauen. Tut ja niemandem weh, zumindest nicht physisch. Andere halten dann eben das Lesen der FAZ für unnütze Zeitverschwendung. Man sollte sich zwingen, das Ganze lässig zu sehen.
und was ist da jetzt genau der...
und was ist da jetzt genau der unterschied zu ähnlichen beiträgen, die schon seit jahren bei taff und co. laufen? außer, dass jetzt ein hinweis auf pp eingeblendet werden muss.
<p>Genau. Ich weiß gar nicht,...
Genau. Ich weiß gar nicht, was ihr wollt.
Wenn ich von meinem Ausbildungstag bei Subway zurück komme schalte ich schließlich auch immer vollkommen freiwillig Galileo ein. Da zwingt mich ja auch keiner zu!
Es geht mir jetzt nicht darum...
Es geht mir jetzt nicht darum den „die aber auch“-Finger zu heben, aber was besonders im NDR (Dritten) manchmal an Werbung für Fremdenverkehr (Hotels, Gaststätten, Bauernhöfe) läuft, hat mir schon öfters die Kinnlade gesenkt. Da wird geworben das die Schwarte kracht; ganz ohne PP-Hinweis.
was besseres zu tun ist ja...
was besseres zu tun ist ja immer relativ, ich schaue mir eigentlich keine deutsche produktion wirklich „aktiv“ an, läuft höchstens nebenher während ich am pc sitze, könnte ja sein dass doch mal was interessantes kommt 😉
<p>Jemand der Sixx empfängt...
Jemand der Sixx empfängt hat Zugriff auf locker 50-500 weitere Kanäle, wer sich bei der Auswahl so einen Scheiß antut, der hat es auch nicht besser verdient.
Da braucht man Ausdauer.45...
Da braucht man Ausdauer.45 Minuten sind manchmal endlos.
Gestern kam bei Pro7 ein...
Gestern kam bei Pro7 ein Bericht zu dem Unterschied zwischen „Atzen“ und „Straight Edge“ – in jeder Szene waren 2 Flaschen Beck’s zu sehen, einen Hinweis auf die Unterstützung durch Product Placement konnte ich nicht finden (oder ich habe die kurze Einblendung verpasst)…
Naja, ich meine, das ist ein...
Naja, ich meine, das ist ein Sender, der den ganzen Tag nur Taff und anderen medialen Dünnpfiff wiederholt, bei dem das alles schon vor Jahren Gang und Gäbe war. Viel schlimmer finde ich es da, wenn sich z.B. Subway in einem sogenannten „Informationsmagazin“ wie Galileo durch Beiträge ein Denkmal setzen kann, weil der Zuschauer ja unbedingt wissen _will_, wie es in so einer Imbissküche zugeht und welche Auswahlkriterien es für die Bewerber gibt, denn für die meisten Zuschauer solcher Sendungen reicht es eben im Berufsleben nicht für mehr als Brote schmieren.
Ich finde diese ganze Sache sowieso lächerlich. So lange nicht in irgendwelchen Artikeln oder _tatsächlichen_ Nachrichtensendungen Product-Placement betrieben wird, so what? Mir ist es doch vollkommen egal, ob in einer Daily-Soap auf dem Tisch nun eine Coca, Vita, Afri oder LMAA-Cola steht. Das ist derselbe Effekt, wie wenn ich das bei nem Freund zu Hause auf dem Tisch stehen sehe und mir denke: Hmm, ein koffeeinhaltiger Softdrink. Schön.
So lang es um Unterhaltung geht, können die von mir aus hierzulande machen, was die wollen, sie werdens schon merken, wenn es dem Zuschauer zu aufdringlich wird. Ich möchte an dieser Stelle gern noch auf einen Ausschnitt aus Waynes World erinnern, der mir beim Thema Product Placement immer in den Sinn kommt:
https://www.youtube.com/watch?v=fBjK_oavReU
@Sebastian
Aha, und Gallileo...
@Sebastian
Aha, und Gallileo ist jetzt das hochwertige Programm, oder was?
Oder war das ironisch gemeint?