- Was nun, Herr Gauck? ZDF
- How to Save £100 Billion Channel 4
- Mongrels BBC 3
- Inside Nature’s Giants Channel 4
- WM-Biergarten ZDF.info
Seit drei Monaten hat das ZDF ein neues journalistisches Vorzeigeformat: die Fragerunde „Was nun?“ mit Peter Frey, der vor 22 Jahren schon einmal Redakteur der Sendung war, die zuletzt eher selten lief. Inzwischen ist Frey Chefredakteur und hat das Programm mit der nun von ihm mitmoderierten Reihe geflutet: „Was nun, Herr Schäuble?“, „Was nun, Frau Merkel?“, „Was nun, Herr Westerwelle?“.
Am Mittwoch war Bundespräsidentschaftskandidat Joachim Gauck zu Gast, und Freys erste Frage lautete:
„Was nun, Herr Gauck? Ihre Vorstellungsreise durch Deutschland wurde heute von einem tragischen Unfall überschattet. Ihr Wagen, den Sie nicht selbst gesteuert haben, hat einen Fahrradfahrer mitgenommen. Der Mann ist schwer verletzt, liegt im Krankenhaus. Haben Sie heute einen Moment daran gedacht, die Kandidatur niederzulegen?“
In der muss alles so zackig gehen, dass nicht mal Zeit für eine simple Begrüßung ist, das Gespräch soll schließlich zwischen zwei Vorabendwerbepausen passen, die folgenden Sendungen verschieben sich um soundsoviele Minuten – und nachher ist trotzdem niemand schlauer.
Wenigstens hat jemand den Kameramännern, die in den Schießscharten zwischen den Betonimitat-Kulissen stehen, gesagt, dass sie nicht mehr verstecken müssen, wenn der Kollege gegenüber sie im Bild hat, weil das sehr albern aussieht.
Am Montag durfte sich bereits Christian Wulff bei „Was nun?“ fürs Bundespräsidentenamt warmreden und wurde von Frey und Hahne mit Fragen beworfen, die ihn geradezu aufforderten, für sich zu werben. Wulff nahm dankbar an: „Es kommt meinen Fähigkeiten durchaus entgegen, dass ich immer Gräben zugeschüttet habe, Brücken gebaut habe.“
Schön, der Mann spricht die Sprache des, äh: bauarbeitenden Volkes.
Nee, sie haben’s nicht geschafft, trotz Zustimmung für ein Mautsystem auf britischen Autobahnen und drastischen Kürzungen am Verteidigungsbudget.
Spannender als das Ergebnis war ohnehin das Prinzip der Sendung: Die wichtigsten Themen hatten Fürsprecher, die eine provokante Sparthese vertraten und sie gegen Einwände aus dem Publikum verteidigen mussten. Anschließend wurde abgestimmt, ob der jeweilige Vorschlag angenommen, abgeändert oder abgelehnt wird. Am Bildschirmrand wurde die Sparsumme im so genannten „Totalizer“ aufgerechnet.
Für ausgewogene Begründungen war da eher keine Zeit. Jeder bitte nur ein Argument!
Allerdings ist tatsächlich eine Diskussion in Gang gebracht worden. Und zwar ohne dass ein Politiker daneben stehen musste, wie es im deutschen Fernsehen Bedingung zu sein scheint. „How to Save £100 Billion“ hat vor allem eines gezeigt: wie schwierig es für die Politik sein muss, abzuwägen, wo wirklich gespart werden soll. Und zwar auch ohne dass die, die das alles hinkriegen müssen, sich gegenseitig nicht ausstehen können.
Abgesehen davon, dass es schon ein Kunststück ist, einige der Puppen tatsächlich britisch aussehen zu lassen, ist „Mongrels“ auch deshalb so besonders, weil die vielen kleinen Geschichten einer Folge nicht (nur) in Studiokulissen spielen, sondern an echten dreckigen und dunklen Orten, draußen in London.
Das war eine Höllenarbeit, wie „Mongrels“-Schöpfer Adam Miller im BBC-Blog erklärt, aber es hat sich gelohnt. Weil der Puppenhumor so schnell funktioniert, dass man besser aufs Blinzeln verzichtet, um nichts zu verpassen. „Lass dich ruhig kastrieren, auch ohne Eier kann man Karriere machen“, rät die Taube dem Kater. Kurz bevor der Mini-Ausschnitt eines Michael-Bublé-Konzerts eingespielt wird.
„Inside Nature’s Giants“ heißt die Sendung bei Channel 4, und der Titel ist wörtlich zu nehmen. Dabei setzt die Reihe nicht auf Schockeffekte, sondern will wirklich erklären, wie Löwen brüllen können, wie sie kommunizieren, und warum Tiger zwar ganz anders aussehen, anatomisch aber fast gleich mit ihren Artgenossen sind. Die Macher sind in die Steppe gefahren, um dort das Verhalten der Löwen selbst zu studieren. Und mit vollen Hosen nachts im Gebüsch zu sitzen, während wenige Meter neben ihnen ganz fürchterlich gebrüllt wird.
Besser, man stellt sich nicht vor, wie Aiman Abdallah an die Sache rangegangen wäre. Obwohl: Vielleicht könnte man den auch mal in die Steppe schicken?
Um langsam auf den Boden der Tatsachen zurückzukehren, machen wir noch einen Schlenker in den „WM-Biergarten“ von ZDF.info, der diese Woche vor und nach den ins Digitalfernsehen abgeschobenen Gruppenspielen lief.
Kleine Erinnerung nach Mainz: Wenn weder Geld noch Ideen da sind, um Fernsehen zu machen, kann man’s notfalls einfach auch mal sein lassen. Und Fußball pur zeigen.
Soviel für diese Woche.
Screenshots: ZDF, Channel 4 (2), BBC 3, ZDF.info