Das Fernsehblog

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Von wegen sterbendes Medium: 225 Minuten sieht jeder von uns im Schnitt täglich fern. In diesem Blog stehen die Gründe dafür. Und die dagegen.

Vox-Chef Hoffmann verbittet sich die Konkurrenz

| 13 Lesermeinungen

Im vergangenen Jahr saß Vox-Geschäftsführer Frank Hoffmann mit dem ZDF-Programmchef Thomas Bellut auf dem Podium beim Medienforum NRW und tauschte Freundlichkeiten aus. ZDFneo-Chef Norbert Himmler hingegen musste sich diesmal einen Generalangriff aufs öffentlich-rechtliche System gefallen lassen – der ziemlich daneben ging.

Vielleicht war’s die Hitze. Oder Frank Hoffmann hatte einfach einen schlechten Tag. Die Aggressivität, mit der er am Dienstag beim Medienforum NRW gegen den öffentlich-rechtlichen Mitbewerber ZDFneo und dessen Chef Norbert Himmler wetterte, entspricht sonst jedenfalls gar nicht der Art des Vox-Chefs, der im vergangenen Jahr an derselben Stelle bereits mit ZDF-Programmchef Thomas Bellut auf dem Podium saß und eher Freundlichkeiten austauschte.

Bild zu: Vox-Chef Hoffmann verbittet sich die KonkurrenzDiesmal war es ein Generalangriff aufs öffentlich-rechtliche System – wobei Hoffmann vermutlich argumentieren würde, dass das ihm ja den Fehdehandschuh hingeworfen habe: in Gestalt von ZDFneo, das dem Vox-Chef zufolge „als medienpolitischer Sündenfall“ zu betrachten sei: „Das betrifft massiv unser Geschäftsmodell.“

Wie genau, versuchte Hoffmann in der Runde „Zu viele Sender hat das Land?“ am Beispiel von Kaufserien zu erklären, die bei ZDFneo ebenso wie bei Vox einen Teil des Programms ausmachen. (Auch wenn Hoffmann inzwischen überall den Eindruck vermittelt, er betreibe einen hochwertigen Dokukanal, weil er samstags mit Spiegel-TV-Strecken geringe Marktanteile in Kauf nimmt; angefangen hat er damit übrigens hier.)

Dass ZDFneo etwa die preisgekrönte US-Mediensatire „30 Rock“ zeigt, findet Hoffmann nicht hinnehmbar – und zwar, weil Vox ja auch Interesse gehabt hätte. ZDFneo-Chef Norbert Himmler erklärte darauf sehr nüchtern und sehr unaufgeregt, dass die Serie Teil eines Output-Deals mit RTL gewesen sei, dass Vox trotzdem nicht gekauft habe und bevor ZDFneo zugeschlagen habe auch noch Pro Sieben Sat.1 gefragt worden sei. (Vielleicht erinnert sich noch jemand: Sogar Das Vierte unter seinem damaligen Programmwohltäter Dmitri Lesnewski hatte Interesse bekundet.) Argumente wollte Hoffmann aber nicht gelten lassen und sagte: „Vielleicht hätten wir irgendwann auch einen Line-up für ’30 Rock‘ gefunden.“

Irgendwann? Und bis dahin?

„Natürlich ist es uns lieber, dass eine Serie irgendwo rumliegt mit der Option, von uns gekauft zu werden, als dass sie bei ZDFneo läuft.“

Entschuldigung, aber – könnte Hoffmann kurz mal jemand erklären, dass es im deutschen Mediensystem kein generelles Vortrittsrecht für Sender der RTL-Gruppe gibt? Hoffmann verbittet sich die Konkurrenz, vor allem, wenn sie von einem öffentlich-rechtlichen Sender kommt? Das ist nicht nur Blödsinn, sondern zeugt auch von einer ungeheuren Arroganz. Im Rundfunkstaatsvertrag steht an keiner Stelle, dass öffentlich-rechtliche Sender keine Lizenzserien zeigen dürfen. Im Gegenteil: Hoffmann kann froh sein, dass ARD und ZDF beim Einkauf so lange gepennt haben, sonst wäre Vox heute vielleicht nicht so gut mit US-Serienerfolgen ausgestattet.

Der Vox-Geschäftsführer muss wirklich große Angst haben vor ZDFneo, das im Vergleich zu seinem Sender nur einen verschwindend geringen Anteil der Zuschauer erreicht. Oder besser: Angst vor dessen Potenzial. Eine schönere Bestätigung dafür, dass das Konzept von ZDFneo beim Publikum funktionieren könnte, wird in Mainz kaum zu kriegen sein.

Dazu gibt Hoffmann mit seinem Zitat preis, wie egal ihm das Publikum ist, das er braucht, um seinen Sender mit Werbung zu finanzieren. Im Zweifel enthält man den Zuschauern eine mit Emmys überschüttete Serie lieber ganz vor. Weil sie halt gerade bei Vox nicht ins Schema passt. Die Verzögerungstaktik hat ja schon mit „Boston Legal“ prima geklappt. Dass die Privaten sich jetzt umgewöhnen müssen, passt ihnen natürlich nicht in den Kram.

Zuvor hatte Hoffmann bereits über die öffentlich-rechtliche Gebührenversorgung geschimpft: „Geld verdirbt nicht nur den Charakter, sondern auch das Programm.“ Wahrscheinlich hat er das im eigenen Haus gelernt. Im Mai gab die RTL Group (zu der Vox gehört) bekannt, ihren operativen Gewinn im 1. Quartal 2010 auf fast 200 Millionen Euro verdoppelt zu haben.

Foto: Uwe Voelkner / FOX; medienforum.nrw


13 Lesermeinungen

  1. pschader sagt:

    @Dent: Ist das nicht...
    @Dent: Ist das nicht vielleicht eher ein doppelter Suchlauf des Receivers gewesen?

  2. Lukas Ormer sagt:

    Vox rangiert für mich mit...
    Vox rangiert für mich mit Sendern wie Sat1, RTL2, Tele5, Das Vierte, 9live und Teleshopping auf Bodensatz-Niveau. Tiefer geht es nicht mehr. Dort erwarte ich einfach keine gute Unterhaltung, dort rechne ich nur mit Fake-Dokus, Boulevard-Käse, als Sendung getarnte Werbung und Zuschauer-Verarsche. Andererseits ist das ZDF vom Niveau her heute auch eher der Privatsender unter den öffentlich-rechtlichen Sendern, insofern kann ich Hoffmanns Angst vor Konkurrenz verstehen.

  3. anfromme sagt:

    @Tim
    "Gebührenfinanzierte...

    @Tim
    „Gebührenfinanzierte Konkurrenz ist nicht einfach nur „Konkurrenz“, wie die Schlagzeile nahe legt, sondern steuerfinanzierte Konkurrenz.“
    Von der Nickeligkeit Steuern vs. Gebühren mal abgesehen…
    Soll das nun heißen, dass gebührenfinanzierte Sender dazu gezwungen werden sollen, meine und Ihre Gebührengelder möglichst sinnlos zu verbraten, also z.B. Quatsch zu kaufen oder am besten gar nichts, auf dass die privaten Sender ein Monopol an guten ausländischen Serien bekommen? (Was natürlich direkt in der privatsenderaffinen BILD und andernorts die nächste Fragerunde aufwürfe, wofür denn die ganzen schönen Gebührenmilliarden ausgegeben werden.)
    Damit wäre RTL & Co. sicher gedient, den Zuschauern und vor allem den Gebührenzahlern aber weit weniger.

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