Das Fernsehblog

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Von wegen sterbendes Medium: 225 Minuten sieht jeder von uns im Schnitt täglich fern. In diesem Blog stehen die Gründe dafür. Und die dagegen.

Katrin Müller-Milch-Hohenstein

| 26 Lesermeinungen

Dem ZDF missfällt ein Werbeengagement der Sportmoderatorin. Die entschuldigt sich, beendet ihre Tätigkeit für eine Molkerei, verheddert sich aber in Widersprüchen.

Manche Dinge ändern sich nicht.

Bild zu: Katrin Müller-Milch-Hohenstein„Hallo. Ich bin Ilona Christen, und wie Sie vielleicht wissen, gehe ich den Dingen ganz gerne auf den Grund. Da gibt es ein neues Waschmittel: ‚Ariel Futur‘ – verspricht ‚Reinheit pur‘. Starke Worte. Deshalb hab ich erstmal bei den Ariels nachgefragt, was das eigentlich heißt.“ (Werbung, 1996)

 

Bild zu: Katrin Müller-Milch-Hohenstein„Als Mutter trage ich besondere Verantwortung für die Ernährung meiner Familie. Deshalb will ich mir immer sicher sein, dass die Qualität unserer Lebensmittel immer die beste ist. Der Qualitätsbeirat der Molkerei Weihenstephan sorgt für Transparenz gegenüber dem Verbraucher und gibt mir das Gefühl, wirklich zu wissen, wie meine Molkereiprodukte hergestellt worden sind. (…) Und dann gehen wir der Sache einfach mal auf den Grund.“ (Werbung, 2010)

Es gibt dann aber doch ein paar Unterschiede zwischen der Werbung der damaligen RTL-Talkmasterin Ilona Christen und der heutigen ZDF-Sportmoderatorin Katrin Müller-Hohenstein, und der unterschiedliche Arbeitgeber ist schon einmal kein unwesentlicher.

Ein weiterer ist, dass Ilona Christen damals nicht so getan hat, als sei ihre Werbung irgendetwas anderes als Werbung. Katrin Müller-Hohenstein hingegen hat laut „Spiegel“ gesagt: „Es war nie meine Absicht zu werben.“ (Immerhin vermied sie knapp die historisch vorbelastete Formulierung: „Niemand hat die Absicht, Werbung zu treiben.“)

Müller Bild zu: Katrin Müller-Milch-Hohenstein-Hohensteins Auftritt auf der Weihenstephan-Seite hat dieselbe alberne Diskrepanz zwischen behaupteter Kompetenz und demonstrierter Naivität. Mit ihrer „journalistischen Kompetenz“ unterstütze die Moderatorin die Mitglieder des „Weihenstephan Qualitätsbeirats“, schreibt die Molkerei, die seit zehn Jahren zur Unternehmensgruppe Theo Müller („Müllermilch“) gehört. Die Moderatorin selbst lässt sich mit den Worten zitieren, sie unterstütze die „Qualitätstester“ „mit meinem journalistischen Wissen und meiner natürlichen Neugier“.

Sie begleitet die vier ausgewählten Verbraucher dann bei einem Rundgang durch die Produktionsstätte, den das Unternehmen sicher in ähnlicher Form auch für Schülergruppen anbietet, stellt Fragen wie: „Was is’n überhaupt ESL?“ und verabschiedet die Statisten am Ende mit den Worten:

„Vielen Dank darf ich sagen, für eure Zeit, für euer Engagement, für euer Interesse am Qualitätsbeirat von Weihenstephan. Ich glaube, es ist wichtig, dass es kritische Verbraucher gibt, die auch mal genauer hinschauen. Das genau habt ihr getan. Vielen Dank!“

Ihr eigenes Fazit als kritische Journalistin:

„Also, ich fand’s ganz toll.“

Vielleicht kan Bild zu: Katrin Müller-Milch-Hohensteinn man da den ZDF-Chefredakteur verstehen, dass er nicht glücklich ist mit dieser Form der Nebentätigkeit seiner Star-Moderatorin (obwohl sie von seinem Vorgänger Nikolaus Brender genehmigt worden sein soll): „Ihr Internet-Auftritt auf den Seiten von Weihenstephan ist nicht glücklich und kann so nicht bleiben“, sagte er gegenüber dem „Medium Magazin“. Er sei „nicht grundsätzlich dagegen, dass Kollegen Nebentätigkeiten ausüben, solange sie keinen werblichen Charakter haben und die journalistische Glaubwürdigkeit nicht gefährden“ und regte neue Richtlinien für solche Fälle an.

Das könnte alles eine Lappalie sein, vor allem nachdem sich Müller-Hohenstein entschuldigt hat und ihr Schein-Amt im lustigen „Beirat“ niederlegen will. Aber Müller-Hohenstein und ihr Management tun gerade alles, um den Fall zu einem Skandal eskalieren zu lassen. Dazu gehört der dreiste Versuch, so tun, als handle es sich gar nicht um Werbung. Gegenüber „Spiegel Online“ behauptet das Management der Moderatorin, sie preise nicht die Vorzüge der Marke Weihenstephan. Dort liest es sich auch, als sei Müller-Hohenstein ein Opfer, das fies unter Druck gesetzt werde. Erst aus der Presse habe die Moderatorin am gestrigen Freitag erfahren müssen, dass das ZDF mit ihrem Werbeauftritt unzufrieden sei. Dem widerspricht das „Medium Magazin“. Es dokumentiert detailliert die schriftlichen Anfragen an Müller-Hohenstein – bereits am Dienstag hätte sie demnach die Kritik Freys kennen können oder müssen. Laut „Medium Magazin“ verzichtete das Management trotz Nachfrage auf die Möglichkeit, eine Stellungnahme abzugeben.

Über die Frage, Bild zu: Katrin Müller-Milch-Hohensteinob Menschen, die im öffentlich-rechtlichen Fernsehen an prominenter Stelle im weitesten Sinne als Journalisten arbeiten, auch noch Werbung machen sollten, kann man streiten. Und darüber, wie Gier jedes Gefühl für peinliche Auftritte auszuschalten scheint, staunen. Aber für dumm verkaufen lassen sollte man sich als Gebührenzahler von einer Katrin Müller-Hohenstein nicht müssen.

Screenshots: molkerei-weihenstephan.de, YouTube


26 Lesermeinungen

  1. Linus sagt:

    Und ich hatte gedacht, Weight...
    Und ich hatte gedacht, Weight Watchers Kiwi wäre in ihrer Reaktion an Dummdreistigkeit nicht zu überbieten.
    Schön aber auch die Formulierung „im weitesten Sinne als Journalisten“.

  2. BlueKO sagt:

    So viel Beachtung hat die Frau...
    So viel Beachtung hat die Frau doch gar nicht verdient.
    Sie ist doch nur „im weitesten Sinne Sportansagerin“, also eine Art Elfi von Kalckreuth fürs neue Jahrtausend.

  3. Alex sagt:

    Hatte Katrin...
    Hatte Katrin Müller-Hohenstein während ihrer heutigen WM-Moderation im ZDF eigentlich dieselbe auffällige Bluse an wie in der Weihenstephan-Werbung? https://img52.imageshack.us/img52/8855/kmhq.jpg
    Nicht dass ich ihr vorschreiben will, was sie anziehen soll. Aber so etwas wäre angesichts der aktuellen Diskussion dann doch – wie die ganze Person – etwas ungeschickt.

  4. RedKO sagt:

    .. so viel Beachtung hat doch...
    .. so viel Beachtung hat doch diese Müller-Milch-Webseite nicht verdient.
    Sie ist doch nur „im weitesten Sinne informativ“, also eine Art Hauspostille aus dem letzten Jahrtausend.
    😉

  5. Ben sagt:

    Nichts neues beim ÖR-TV,...
    Nichts neues beim ÖR-TV, oder?

  6. Rozi sagt:

    Ob Kerner, Kiewel,...
    Ob Kerner, Kiewel, Müller-Hohenstein, Ruge, Jauch, Beckmann oder Konsorten – Ansager und Moderatoren, die sich fälschlicherweise für Journalisten halten. Niemand käme aber käme auf die Idee Thomas Gottschalk wegen seiner Werbetätigkeiten für unehrlich oder korrupt zu halten, weil er sich eben selbst nicht den Status eines Journalisten zuschreibt, sondern den eines Unterhalters, der er auch wohl nach wie vor ist. Die Augezählten hingegen sind nichts als käufliche Pseudojournalisten. Sie recherchieren nicht, sie vertreten keine selbständige Meinung, sie greifen nicht an und ganz sicher nicht würden sie kritisch über einen ihrer Werbepartner auch nur berichten.

  7. BloodyFox sagt:

    "Was is'n überhaupt ESL?" -...
    „Was is’n überhaupt ESL?“ – Na die Electronic Sports League, das weiß doch jedes Kind.

  8. Wissender sagt:

    Tja nach ihrem Ausrutscher im...
    Tja nach ihrem Ausrutscher im ZDF macht sie ja für den richtigen Nazi-Verein Werbung !!

  9. Wolfgang sagt:

    KMH kann nicht ernsthaft den...
    KMH kann nicht ernsthaft den Werbecharakter leugnen, schließlich gab’s ja nicht nur den Internetauftritt, sondern auch Radio-Spots mit ihrer Stimme – und das ist auch bei sehr rosaroter Brille immer Werbung.

  10. onlime sagt:

    Den Leuten, die ihr da...
    Den Leuten, die ihr da dringend ans Bein pinkeln wollen, war es sicherlich ein innerer Reichparteitag, als sie diese werbende Nebentätigkeit der Frau Müller-Hohenstein entdeckt hatten.

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