- Solitary Pro Sieben
- League of Balls Pro Sieben
- Elton vs. Simon – Die Show Pro Sieben
- Phreak Pro Sieben
- Switsch Reloaded: Dschungel-Spezial Pro Sieben
Soeben erreicht uns eine Meldung aus Unterföhring. In der Medienallee soll eine Gruppe kinnbarttragender junger Männer mit tief hängenden Hosen und starker Neigung zur öffentlichen Selbstdarstellung den Fernsehsender Pro Sieben in seine Gewalt gebracht haben. Die Bande nennt sich „The Real Proffs“ und hat die Zuständigen gezwungen, ausschließlich Programm zu zeigen, das ihr selbst gefällt. Die Eroberung erfolgte nach übereinstimmenden Quellen bereits Anfang der vergangenen Woche, als die jungen Männer ausnutzten, dass alle acht Mitarbeiter des Senders schon im Urlaub oder noch beim Mittagessen waren.
Die Situation hat aber auch was Gutes: Jetzt wissen wir immerhin, dass die letzten sieben Tage nicht auf dem Mist der Programmverantwortlichen gewachsen sind.
Wie bitte? Sind sie doch? Ay, caramba!
Natürlich sind die Leute, die da mitmachen, selbst schuld: „Promis – oder solche, die sich dafür halten“, sagte Kraus, die es wissen muss, wenn sie über ihre Artgenossen redet.
Aber es ist dann doch eher unter Tragikakspekten zu betrachten, wer da alles dabei ist: eine Sängerin, die es geschafft hat, sogar bei Viva rauszufliegen, ein Playmate, das sich darüber ärgert, immer bloß auf Äußerlichkeiten reduziert zu werden – und Martin Kesici, der vor hundert Jahren „Star Search“ bei Sat.1 gewann, zuletzt ein mutiges Buch (mit albernem Titel) darüber schrieb, wie ätzend es ist, seitdem immerzu als „Castingshow-Gewinner“ abgestempelt zu werden – und genau das jetzt noch mal von Pro Sieben mit sich machen lässt.
„Solitary“ soll vermutlich provozieren, handwerklich gesehen ist die Sendung aber ein grauenhaft amerikanisiertes Schnipselgewitter mit ständigen Ereignisblitzen in die Zukunft sowie die schmerzverzerrten Gesichter der Kandidaten. Und wenn bei Pro Sieben wie am Samstag noch einmal jemand behauptet, das sei „Fußballersatz der Extraklasse“, dann hetzen wir denen die FIFA auf den Hals.
Wobei man dem Sender natürlich zugute halten muss: Er behandelt alle Menschen gleich. Niemand muss prominent sein, um sich bei Pro Sieben blamieren zu dürfen.
Und wozu das alles? Natürlich, um nachher „der Checker des Abends“ zu werden und „mit den hottesten Babes zu tanzen“. Charlotte Engelhardt sollte aufpassen, wenn sie so redet, hinterher bleibt ein dauerhafter Schaden zurück.
Und Red Seven Entertainment, das für die Pro-Sieben-Prollzucht verantwortlich sind, verfolgt offensichtlich das Ziel, den Minutenpreis für Fernsehproduktionen unter den von Neun Live zu treiben. Glückwunsch, das ist mit „League of Balls“ gelungen.
Eine Aufgabe lautete diesmal: Bring in 60 Minuten so viele Omas wie möglich über einen Zebrastreifen. Das ist vergleichsweise unspektakulär – aber auch viel schwieriger als sich gegenseitig weh tun zu lassen, weil beide ihren ganzen Charme ausspielen mussten, um in der Fußgängerzone mehr Großmütter als der Gegner aufzutreiben. Vor allem weil manche Damen partout keine Lust hatten, die Straßenseite zu wechseln. Da könnte ja der vermummte Herr aus der neuen Dienstagsshow „Phreak“ stehen, der Telefonschabernack mit ahnungslosen Ladenbesitzern treibt, die dabei mit versteckter Kamera gefilmt werden.
„Es wuppert! Aber nur im unteren Nanosegment!“, beschwert sich der vermeintliche Kunde eines Technikladens telefonisch. Er habe mit dem gekauften Produkt einen „Buffersize Overrun“ provoziert, „das sieht aus wie ’ne Schlönz auf Furz geroutet“, woraufhin sich der völlig überforderte Mitarbeiter ganz verzweifelt vorschlägt: „Wenn Sie mir sagen, dass Sie einen schweren Ausnahmefehler haben, dann können wir Ihnen helfen!“
Aber, erstens: Ist das nicht einfach „Comedystreet“ mit Fernsprechreduktion? Und, falls nicht, zweitens: Ist Pro Sieben wirklich sicher, gut damit bedient zu sein, das deutsche Privatradio als Innovationsmotor für sich zu nutzen?
Allein schon die Perfektion, mit der das „Switch“-Team an seine Parodien herangeht, war aber das Einschalten wert – auch wenn ich seitdem von Bernhard Hoëckers Fat-Chin alpträume, das er in seiner Dirk-Bach-Rolle auftrug. (Ja, das auf dem Foto links ist nicht der echte Dirk Bach.)
Mit einem kleinen Trick haben es die Switcher sogar geschafft, einen Abspann in ihre Sendung zu schmuggeln, den Pro Sieben nicht einfach so wegschneiden konnte, weil sonst die schöne Lena-Parodie verloren gegangen wäre. Ein ABSPANN! Mit den Verantwortlichen für Kamera, Schnitt, Sounddesign, Regieassistenz! Und niemand im Sender hat den Audience-Flow-Panic-Button gedrückt. Da müssen wirklich alle schon im Urlaub sein.
Soviel für diese Woche.
Screenshots: Pro Sieben