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Einsatz in 4 Sendern: Pro Sieben Sat.1 schwört aufs Selbermachen

In der vergangenen Woche hat der „kress report“ sein aktuelles Produzenten-Rankinig veröffentlicht, in dem steht, wer in der zurückliegenden TV-Saison die erfolgreichsten Produktionsfirmen waren – nicht nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten, aber in Bezug auf die Zuschauerakzeptanz der von ihnen produzierten Shows.

Mit deutlichem Abstand hat sich Grundy Light Entertainment auf dem ersten Platz behauptet, vor allem dank „DSDS“ und „Das Supertalent“. Auf Platz 2 folgt Brainpool, das nicht nur von „Schlag den Raab“ profitiert, sondern vor allem auch von „Cindy aus Marzahn und die jungen Wilden“ und „Unser Star für Oslo“. Direkt danach folgt Endemol Deutschland („Wer wird Millionär“, „Vermisst“, „Die Farm“). Aber ich will Sie hier gar nicht mit Statistiken aus der deutschen Produzentenszene langweilen.

Oder – Moment mal: doch, will ich. Denn zum einen ist dieses Ranking höchst interessant, weil sich damit sehr schön zeigen lässt, welche (großen) Produktionsfirmen ganz wesentlich mitbeeinflussen, wie sich das deutsche Fernsehen entwickelt – außer den drei bereits genannten sind das zum Beispiel: Tresor TV („GNTM“), Günther Jauchs I&U TV („5 gegen Jauch“, „Stern TV“), Eyeworks („Schwiegertochter gesucht“) und MME („Bauer sucht Frau“).

Zum anderen ist das Ranking ein Beleg dafür, wie Pro Sieben Sat.1 derzeit seine Strategie für Neuproduktionen ändert: Passenderweise auf Platz 7 steht die konzerneigene Produktionsfirma Red Seven Entertainment, die zwar erst vor gut zwei Jahren gegründet wurde, aber sich in dieser Zeit im Markt schon ziemlich breit gemacht hat – wobei mit „Markt“ hier der Teil gemeint ist, auf den Pro Sieben Sat.1 Einfluss hat.

Red Seven Entertainment ist die Firma des ehemaligen Pro-Sieben-Unterhaltungschefs Jobst Benthues, der seit Ende des vergangenen Jahres auch noch den neu geschaffenen Entertainment-Bereich von Pro Sieben Sat.1 TV Deutschland leitet und für alle Sender in der Gruppe zuständig ist. Bevor er den Doppel-Job übernahm, hat er im vergangenen Jahr gesagt:

„Mein Ziel ist es, eine inspirierte Produktionsfirma aufzubauen – und nicht, da alles hineinzuraffen, was auf dem Markt ist. Wenn ich zwei oder drei Flops nacheinander habe, muss ich mit den Sendern die gleichen Diskussionen führen wie jeder andere Produzent auch.“ (F.A.Z. vom 29. September 2009)

Das Interessante daran ist: Diese Diskussionen führt er nun quasi mit sich selbst, weil er bei Pro Sieben Sat.1 gleichzeitig als Auftraggeber und Produzent agiert – und mit Red Seven natürlich Sendeplätze belegt, die sonst an freie Produzenten vergeben worden wären. Bei denen wird ungern öffentlich über Red Seven Entertainment geredet – niemand mag es sich schließlich mit dem eigenen Kunden verscherzen. Und so lange jeder der Großen noch was vom Kuchen abbekommt, geht das für die meisten ja auch in Ordnung.

Fakt ist aber auch, dass Red Seven Entertainment inzwischen allein durch die Zahl der produzierten Programme eine Marktposition erreicht hat, die sich nicht mehr so einfach ignorieren lässt. Am Donnerstagabend steuert Red Seven derzeit bei Pro Sieben die „Spiel ohne Grenzen“-Variante „Crazy Competion“ bei, die Sat.1-Gameshow „Mein Mann kann“ am Freitag geht ebenfalls auf Benthues‘ Konto, in Kürze kommt noch die Rentner-Comedy „Das R-Team“ dazu, die direkt im Anschluss läuft. Samstags liefert Red Seven für Pro Sieben die Recycling-Show „talk talk talk“ und das neue „League of Balls“, das den Überbegriff Fernsehen schon gar nicht mehr verdient hat, so unterirdisch billig wie die Sendung aussieht. Dienstags hat „Broken Comedy“ eine zweite Chance bekommen, das als Best-of günstig produzierter Clips fürs Internet konzipiert ist. Auf Sat.1 Comedy macht Red Seven „Lucky Lück“.

Gerade hat Pro Sieben Sat.1 bekannt gegeben, was in den kommenden Monaten Neues im Programm passieren wird. Dabei ist die Zahl der selbst hergestellten Programme beeindruckend: Für Sat.1 arbeitet Benthues‘ Team an den Shows „Der Bastelkönig“, Barbara Eligmann und Wigald Boning moderieren die Wissensshow „Die Insider“, bei Pro Sieben gibt es wieder „Galileo Big Pictures“, Kabel 1 wird mit neuen Folgen von „Number 1“ und „The Biggest Loser“ sowie der Dokusoap „Jumbos Würstchenmillionär“ versorgt.

Für Pro Sieben Sat.1 ist dieses Vorgehen ebenso konsequent wie logisch. Wenn der Konzern beispielsweise internationale Formatlizenzen einkauft und deren Adaption fürs deutsche Fernsehen selbst übernimmt, spart er sich komplizierte Diskussionen über Budgets und Rechteverhandlungen, wie sie sonst üblich sind, weil viele Produzenten die eigenen Programme gerne selbst weitervermarkten wollen.

Sollte sich Red Seven Entertainment aber weiter so entwickeln wie es derzeit der Fall ist, wird das irgendwann auch für etablierte Anbieter Konsequenzen haben. Weil es dann immer weniger Plätze zu bespielen gibt, für die externe Firmen benötigt werden.

Screenshots/Logos: Pro Sieben Sat.1

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