Das Fernsehblog

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Von wegen sterbendes Medium: 225 Minuten sieht jeder von uns im Schnitt täglich fern. In diesem Blog stehen die Gründe dafür. Und die dagegen.

Live-Premiere bei "X Factor": Seid nett zueinander!

| 4 Lesermeinungen

Am Dienstagabend lief die erste Liveshow der neuen Castingshow "X Factor". Hat Vox sein Versprechen gehalten, dass es vor allem um die gesangliche Leistung der Kandidaten gehen soll un d nicht um deren Privatleben? Wie hat die Jury geurteilt? Und hat Moderator Jochen Schropp wieder seinen Donald-Duck-Pullover getragen? Im Fernsehblog steht, wie's war.

Am Dienstagabend lief die erste Liveshow der neuen Castingshow „X Factor“ – und im Fernsehblog steht, wie’s war. Eine Übersicht in Einzelbewertungen.

Bild zu: Live-Premiere bei "X Factor": Seid nett zueinander!
Ein bisschen Messehallen-Charme: Das „X Factor“-Studio in Köln / Screenshot: Vox

Der Moderator: Den Donald-Duck-Pullover hat er zuhause gelassen, genauso wie den mit dem Sesamstraßen-Motiv. Im schwarzen Anzug ist dann auch nicht mehr ganz so arg aufgefallen, dass man Jochen Schropp, wenn er den Dreitagebart abrasiert bekäme, problemlos auf eine Zwiebackpackung drucken könnte. In den Castings hat sich die Vox-Moderationsentdeckung noch aufgeführt wie ein hyperaktiver Sechsjähriger, der alles umarmen musste, was ihm in den Weg kam. Jetzt muss er endgültig beweisen, dass es auch anders geht. Für den Anfang ging das in Ordnung: Bei seiner Live-Premiere hat Schropp einen Gang zurück geschaltet und sich – anders als RTL-Kollege Marco Schreyl – jegliche Anzüglichkeiten gespart. Da kann er seine Comic-Outfits ja jetzt endgültig im Altkleidercontainer entsorgen.

Die Bühne: Vielleicht ist es falsch, ein ähnlich spektakuläres Bühnenbild zu erwarten wie bei „Deutschland sucht den Superstar“ – aber das, was Vox für „X Factor“ hingestellt hat, sieht dann doch sehr nach Messehalle aus: eine karge Bühnenrampe mit großem X im Hintergrund, an der Seite zwei Treppen, von denen man nicht so genau weiß, wofür sie eigentlich da sind. Live-Band gibt es keine. Das Publikum sitzt weit, weit hinter dem eigentlichen Geschehen. Geht wahrscheinlich aus Kostengründen nicht anders, wenn Vox demnächst nicht sämtliche US-Serien an RTL abgeben will.

Die Jury: Ja, ist denn schon Finale? Die waren alle so nett. „Sind wir zu nett?“, fragte Till Brönner zwischendurch einmal, weil bei den Beurteilungen ständig von „Respekt“ und „Fairness“ die Rede war. Mag sein, dass das etwas unglücklich ist – bei einer Castingshow, zu deren wesentlichen Elementen die Konkurrenz der Jurymitglieder untereinander gehört, weil sie jeweils drei Kandidaten persönlich betreuen und sich für sie einsetzen. Dass sich die Juroren gegenseitig runterputzen, haben wir aber wirklich schon zu genüge gesehen, ebenso wie das alberne Gockelgehabe von Dieter Bohlen und Detlev D! Soost. Brönner, Sarah Connor und George Glueck merkt man an, dass sie Spaß an der Veranstaltung haben, dass sie von ihren Kandidaten wirklich begeistert sind, auch ein wenig stolz auf sie. Ein paar Sticheleien gegeneinander, wie sie in der Auftaktsendung zu sehen waren, gehen in Ordnung. Es ist aber auch eine feine Sache, wenn ein Juror zugeben kann, dass der Auftritt eines Kandidaten seiner Konkurrenten gelungen war.

Die Kandidaten: Keine Tränendrüsendrückgeschichten, keine Homestorys – Vox hat sein Versprechen eingehalten, dass es vor allem um die gesangliche Leistung gehen soll. Dass die durch die Kategorieneinteilung (Sänger bis 24 Jahre, Sänger ab 25 und Gruppen) auch noch für ungewöhnlich viel Abwechslung sorgen, ist ein Bonus. Und eine Gruppe wie „Big Soul“,  die aus vier schwergewichtig-stimmgewaltigen Frauen besteht, gäbe es tatsächlich nirgendwo sonst. Für die Damen hat Mentor George Glueck zuletzt sogar zwei Girlbands nachhause geschickt, bei denen Dieter Bohlen das Wasser im Munde zusammen gelaufen wäre.

Die Entscheidung: Die Kandidaten der Mentoren treten abwechselnd an, zum Schluss stimmen die Zuschauer per Telefonvoting ab, wer ihnen am besten gefallen hat. Die beiden Teilnehmer mit den wenigsten Anrufen müssen noch ein zweites Lied singen. Dann entscheidet die Jury, wer nachhause fährt. Und genau das ist (noch) die Schwachstelle der Show: Am Dienstag mussten sich die Juroren zwischen Meral Al-Mer und La Famille entscheiden. Sowohl Brönner als auch Glueck stimmten – natürlich – für ihre Schützlinge, die Entscheidung lag allein bei Connor. Wie die ausfällt, hat man sich wegen ihrer Bewertungen der ersten Auftritte schon vorher denken können: La Famille mussten gehen. Immerhin verzichtet Vox darauf, die Verkündung unnötig in die Länge zu ziehen – ein Segen für alle, die sich schon mal durch eine „DSDS“-Entscheidungsshow gequält haben. Hoffentlich bleibt das so.

Die Show: Nach zweieinhalb Stunden ist alles vorbei. Auf den Punkt. Und das ist merkwürdig. Kurz vor der Jury-Entscheidung hat Till Brönner bereits über seine Kandidatin Meral gesagt: „Es sind nicht wenige [die für sie angerufen haben], wenn man sich die Zahlen mal anguckt“ – und musste sich von Moderator Schropp zurechtweisen lassen: „Till, du kennst aber die Zahlen nicht, ne?“ Eine tolle Vorlage für Verschwörunsgtheoretiker? Warum das Publikum im Studio für eine Liveshow, die um 20.15 Uhr beginnt, schon um 17.30 Uhr zum „Aufzeichnungstermin“ da sein soll, wüsste man dann aber schon gerne.*

Fazit: „X Factor“ ist eine Castingshow für Erwachsene. Wenn der gute Start in die Liveshows keine Ausnahme war, darf man Vox gratulieren. So unterhaltsam und unverschnörkelt können Gesangswettbewerbe im Fernsehen sein.

*Nachtrag, 10.18 Uhr: Vox erklärt auf Nachfrage, die Show sei vollständig live gewesen. Die bei Grundy angegebenen Uhrzeit sei die Abholzeit für die Tickets. Dass die bereits mit 17.30 Uhr terminiert ist, liege daran, dass man Ersatzpublikum suchen müsse, wenn Leute ihre Karten nicht abholen. Die Bezeichnung „Aufzeichnungstermin“ sei unglücklich, weil nichts aufgezeichnet werde. Einlass für das Publikum im Studio sei gegen 19 Uhr.


4 Lesermeinungen

  1. Andreas sagt:

    Ich find X-Factor toll. An die...
    Ich find X-Factor toll. An die UK-Version kommt es zwar noch nicht ran, aber das kann ja noch werden.
    Aus dem Moderator wird noch was – wartet mal ab…

  2. Marihan sagt:

    Klingt interessant, vielleicht...
    Klingt interessant, vielleicht müsste ich doch mal reinschalten…
    Zum Bühnenbild: War dieses bei DSDS anfangs das gleiche wie heute? Ansonsten würde ich an der Stelle einfach mal vorhalten, dass man sich nicht allzu viel wagen wollte, um nachher vielleicht doch alles für die Katz sein zu lassen, wohingegen die DSDS-Macher nach den ersten Erfolgsstaffeln dann wohl wesentlich leichter gewesen sein müsste, diesen Mehraufwand zu rechtfertigen. Wenn nicht, sei’s drum, falls sich „Vox hat sein Versprechen eingehalten, dass es vor allem um die gesangliche Leistung gehen soll“ weiterhin bewahrheiten sollte.
    Ob die Abkehr von überinszenierten Soapdramaeinlagen, Beleidigungs- und ‚Du wolltest es einfach am meisten!‘-Gehabe womöglich Zukunft haben könnte?

  3. BloodyFox sagt:

    Ach, das ist auch nicht mehr...
    Ach, das ist auch nicht mehr dasselbe, seit Jonathan Frakes das nicht mehr moderiert.

  4. Johannes sagt:

    Kenne ihn erst seit 9...
    Kenne ihn erst seit 9 Sekunden, aber der Moderator sieht aus wie eine Mischung aus Niels Ruf und Daniel Hartwich.

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