Das Fernsehblog

Die Woche im Fernsehen: Unser Hobby, die Schäferhundzucht

Die Sendungen
  • Ins Grüne Sat.1
  • Freundinnen – Mädelsabend mit Biss Sixx
  • LAX – Follow the Black Pony Viva
  • Die Paarberater – Eine neue Chance für die Liebe SWR

Klopfklopklopf, da ist er ja: „ein alter Bekannter in neuen Klamotten“. Huch, hat Harald Schmidt etwa schon vorzeitig den Sender gewechselt? Ach was, es geht um den leckeren Kräuter-Schweinebraten mit Rosmarin-Kartoffeln und Kürbisgemüse, den Köchin Kiki Grate für das Publikum des neuen Sat.1-Entspannungsmagazins „Ins Grüne“ zubereitet hat, um ein „cooles Comeback der Hausmannskost“ zu feiern.

Mit dem so genannten „Stadt-Land-Lust“-Magazin will Sat.1 den Erfolg der gedruckten „Landlust“ für sich nutzen und zeigt seit Sonntag Wohlfühlreportagen aus der Idylle, angereichert mit Kochtipps und dem von „Galileo“ inspirierten Garten-Gadget-Test. Vor allem letzterer ist natürlich eine Spitzenidee für Mitte Oktober, wenn die Gartensaison so richtig losgeht und die Menschen vor dem Fernseher geradezu danach gieren, zu erfahren, wie effektiv sich Mini-Flammenwerfer für die Unkrautvernichtung einsetzen lassen. (Nur so mittelgut, weil man dann lauter verbranntes Unkraut im Garten hat.)

Im Beitrag über den Luftbildfotografen, der die schönsten Ecken Deutschlands aus der Vogelperspektive aufnimmt, waren vorher schon ganz fantastische Bilder zu sehen, vom „deutschen Grand Canyon“ (Elbstandsteingebirge), dem „deutschen Amazonas“ (Spreewald) und der „deutschen Karibik“ (nordfriesisches Wattenmeer). „Nach Deutschland fühlt sich das jedenfalls nicht an“, sagt der Off-Sprecher zwischendurch.

Nach Privatfernsehen sieht das jedenfalls nicht aus, so gemächlich, wie „Ins Grüne“ durch den Vorabend gleitet, während nebendran bei der Konkurrenz Schwiegertöchter gesucht werden.

Aber natürlich muss man sich für Miriam Pielhau freuen, die es jetzt „Arbeit“ nennen darf, wenn sie durch einen sonnendurchfluteten Garten wippschlendert, um Moderationssätze zu sagen wie „Den hier kennen Sie, den guten alten Gartenschlauch!“, Maulwürfe als „Bösewichte der Wiese“ bezeichnet, obwohl das „richtig interessante Kerlchen“ sind, und nichts Schlimmes daran finden kann, wenn im Kochrezeptfilm Kräuter als „kleine grüne Helferlein“ bezeichnet werden. Das Herz von Köchin Kiki schlägt allerdings für eine andere Zutat: „Zimt ist ein ganz tolles Gewürz!“

Eine eigene Köchin wäre für „Ins Grüne“ freilich gar nicht nötig gewesen, das hätte Pielhau gleich miterledigen können. Im neuen Sixx-Frauen-Talk „Freundinnen – Mädelsabend mit Biss“ steht sie ja auch immer am Herd und kümmert sich darum, dass es nach dem ganzen Geplapper der zu sich eingeladenen Kolleginnen noch was Warmes zu essen gibt: bei der TV-Premiere vor einer Woche ein warmes Gemüsesüppchen, diesmal lecker Ratatouille, nächste Woche vielleicht mal was Schwereres: Puffreiswaffeln mit Gurke.

Es ist für Angehörige des anderen Geschlechts eine mittelgroße Mutprobe, 45 Minuten am Stück zuzuhören, wie die Miriam, die Evelyn, die Birgit, die Yasmina und die Estefania das besprechen, was die Frau von heute wirklich bewegt: wer am meisten zugenommen hat in der Schwangerschaft; wer nachts am häufigsten Pudding nascht; ob man mit Stillen schneller abnimmt; wie man sich wo was absaugen lassen kann und warum das eigentlich blöd ist; dass man das Grüne aus den Tomaten rausschneiden muss; wie man am besten mit fremdgehenden Männern umgeht. Und das waren bloß die Themen aus der vorigen Woche.

Sieben Tage später ging’s einfach nochmal von vorne los – mit einer Kurzabstimmung, wer schon was an sich „hat machen lassen“; dass Zähnebleeching ja wohl ok ist; wieso alle Männer fremd gehen; dass keiner Facebook richtig versteht; und warum Sexgeräusche anderer Pärchen im Hotel nerven. Aus der Arztperspektive dürfte die Sendung vor allem deshalb interessant sein, weil die fünf Frauen eine Dreiviertelstunde am Stück reden können ohne zwischendurch atmen zu müssen, vermutlich aktivieren sich in solchen Schnatterrunden versteckte Geheimkiemen.

Andererseits: schlimmer als ein Nachmittagstalk ist so ein „Mädelsabend“ auch nicht. Und Sixx-Senderchefin Katja Hofem-Best scheint mit den „Freundinnen“ ihre Idealzielgruppe gefunden zu haben – was natürlich ein bisschen blöd ist, weil Münchner Medienschickeria, die zuviel „Sex and the City“ geschaut haben, als Zielpublikum vielleicht ein bisschen klein sind und Zwickauer Zahnarzthelferinnen eher nicht mitreden können, wenn es darum geht, morgens schwanger in der „Bild“-Zeitung zu lesen, dass man vom eigenen Freund betrogen wird.

Bis in die „Bild“-Zeitung ist es für Eugen und Kevin noch ein weiter weg. Die beiden Teenager aus Berlin werden gerade von Viva dabei begleitet, wie sie in Los Angeles mit zwei ihnen völlig unbekannten Gleichaltrigen, die sie im Internet zugelost bekommen haben, eine neue Boyrockband gründen.

„LAX – Follow the Black Pony“ heißt die Show, die in Kooperation mit dem Kindersender Nickelodeon entstanden ist, dessen Zielgruppe die Boys nachher offensichtlich anhimmeln soll. LAX ist das Kürzel des städtischen Flughafens, und „The Black Pony“ deutet nicht etwa auf eine Gastrolle für den Fury-Nachwuchs hin, sondern ist der fantastische Bandname. In jedem Fall ist die Dokusoap voll auf die Sehgewohnheiten amerikanischer Zuschauer getrimmt, denen es nichts auszumachen scheint, wenn inszenierte Schwierigkeiten wahllos zu Szenen zusammengeschnitten werden, die so etwas wie Spannung suggerieren sollen.

Das Allerschärfste sind aber die Mentoren, die die neue Band groß machen wollen: Quietschstimmchen Lukas Hilbert ist dabei, am meisten ängstigen sich die Jungs aber vor den unberechenbaren Launen des internationalen „Top-Musikmanagers“ – Volker Neumüller! Ja, genau der Volker Neumüller, der schon seit längerem dafür zuständig ist, dass die Gewinner von „Deutschland sucht den Superstar“ nachher im „ZDF-Fernsehgarten“ auftreten. Lohnt es sich wirklich, dafür die Schule sausen zu lassen?

Und dann ist da noch das Programmjuwel „Eine neue Chance für die Liebe“, das vor zwei Jahren vom NDR produziert wurde, derzeit offensichtlich als Vorlauf für die neuen Folgen im SWR wiederholt wird und vom Tonfall auch bei RTL laufen könnte, zumindest wenn es professioneller gemacht wäre.

Nein, Erika Berger trifft keine Schuld. Stattdessen geht es um die beiden Psychopat… – Entschuldigung: Psychologen Christin Müller und Michael Mary, die als „Die Paarberater“ Ehekrisen fremder Leute lösen müssen und sich dabei aufführen als würden sie in einem „Lenßen & Partner“-Look-a-like-Wettbewerb antreten. „Wenn die Liebe in Not ist, fängt ihre Arbeit an“, raunt es aus dem Hintergrund, und schon sieht man, wie Friseuse Sabine, 44, und Akkordschlachter Jens, 43, nicht mit zärtlichen Beleidigungen füreinander geizen: „Hätt‘ sich mir den ganzen Scheiß sparen können mit der Hochzeit vor ’nem halben Jahr!“

Müller und Mari sind sozusagen die Liebes-Peter-Zwegats des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, die „lange Verletzungsgeschichten“ analysieren, „Täteranteile“ in Streits berechnen, ein durchsichtiges Flipchart ihr Eigen nennen und am Anfang ratlos dastehen. Denn: „Auch das gemeinsame Hobby Schäferhundzucht [von Sabine und Jens] deutet eher auf eine harmonische Beziehung hin“, erklärt der Sprecher.

Das ist der Moment, in dem zur allgemeinen Erleichterung des Zuschauers das „Switch Reloaded“-Logo eingeblendet werden müsste. Kommt aber nicht.

Soviel für diese Woche.

Screenshots: Sat.1, Sixx, Viva, SWR

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