Am Dienstagabend hat die Kölnerin Edita Abdieski die Vox-Castingshow „X Factor“ gewonnen. Direkt in der Sendung hat Vox bekannt gegeben, dass im nächsten Jahr eine zweite Staffel geplant ist. Und auch wenn in diesem Jahr schon vieles ganz gut geklappt hat, gibt es ein paar winzige Verbesserungsmöglichkeiten.
Was sich das Fernsehblog von „X Factor“ 2011 wünscht:
1. Die alte Jury!
Für Sarah Connor war die Show die ideale Befreiung aus den Klatsschpalten der Boulevardpresse, Till Brönner kann ganz wunderbar giftig sein und George Glueck dabei zuzusehen, wie er mit vollem Einsatz seine Kandidaten ins Finale zu klatschen versucht, ist durchaus erheiternd. So fair, nachvollziehbar kritisch und gut gelaunt ist sonst keine Jury im deutschen Fernsehen.
2. Einen neuen Sponsor!
Im Internet setzen sich die Menschen gleich in mehreren Foren mit der Frage auseinander, was die Frau mit dem lustigen Dialekt im Sponsorhinweis des Versandunternehmens Bonprix sagt. Die Antwort lautet: „Viel Spaß mit X Factor wünscht Bonprix“ – wie man das als Sponsor halt so macht. Warum dafür eine nuschelnde Niederländerin engagiert werden musste, die sich bei ihrem einzigen Satz auch noch fast verschluckt, weil sie ins Kichern kommt, weiß niemand so genau. Genauso wenig übrigens, wie der Strickpulli-für-7,90-Euro-Versand zur Show passt. Vielleicht findet der Vox-Vermarkter IP Deutschland im kommenden Jahr ja einen adäquateren Unterstützer. In Großbritannien wirbt die Telekomfirma TalkTalk mit Videos, in denen Zuschauer ihre Lieblingssongs nachsingen und –tanzen. Das ist jedes Mal ein kleiner Spaß.
3. Beibehaltung des Weihnachts-CD-Verzichts!
Der gemeinsame „Somewhere over the Rainbow“-Auftritt der Top-9-Kandidaten in der vorigen Woche hat vollkommen gereicht.
4. Keine künstlichen Verlängerungen!
Im Finale waren sie plötzlich wieder da, die Marco-Schreyl-Monologschreiber, die Jochen Schropp eine öde Zusammenfassung in die Kärtchen notiert haben, die vor der Entscheidungsverkündung vorgelesen werden musste. Darauf darf „X Factor“ im kommenden Jahr gerne ganz verzichten – genauso wie auf die bescheuerte Idee, nach einem deutlichen Quotenanstieg in der Vorwoche die Sendezeit um eine halbe Stunde zu verlängern, wie zu Beginn der Staffel geschehen. Es ist fantastisch, am Ende der zwei bis zweieinhalb Stunden zu wissen, wer weiter ist und wer nicht. Vor allem ist es fantastisch, nicht noch – wie bei „DSDS“ – eine „Super-Pannenshow“ oder – wie bei ITV – einen ganzen Tag auf die Entscheidung warten zu müssen.
5. Stopp den Familienschicksalen!
Geburtstaghabende Kinder gehen gerade noch so in Ordnung, womöglich auch ein kurzer Einblick in die berufliche Situation der Teilnehmer, weil das Publikum natürlich interessiert: Wo kommen die her, was haben die gemacht? Aber Geschichten über verstorbene Familienangehörige kann „X Factor“ ruhig weiter „DSDS“ überlassen. Genauso wie die Oma im Studio, die sagen muss, wie stolz sie auf den Enkel ist.
6. Donald-Duck-Pulloververbot für Jochen Schropp!
Der Mann hat sich in den Liveshows so schön zusammengerissen, dass Kleidungsstücke mit Comicfiguren genauso unangebracht sind wie kindergartenhafte Gefühlsausbrüche in den Castings. Sonst: weitermachen!
7. Noch weniger Freaks!
Es mag verlockend sein, den Totalausfällen in der nächsten Staffel noch mehr Raum zu geben – aber das wäre das falsche Signal an alle, die verstanden haben, dass sie bei „X Factor“ vor allem als Musiker behandelt werden. Wer Leute sehen will, die nicht singen können, kann ab Januar „DSDS“ einschalten. Oder das „Popstars“-Finale gucken.
Fotos: Vox
Hmm. Drei der sieben...
Hmm. Drei der sieben Verbesserungsvorschläge besagen, dass es so bleiben soll wie es ist.
9. Sollten wieder mal Menschen...
9. Sollten wieder mal Menschen mit etwas mehr Gewicht auf den Rippen in die letzten Shows durchgereicht werden (gilt auch für offensive Schwule, Menschen mit Handicap, Zahnlücken etc.), nicht ständig darauf hinweisen, wie „pfundig“, „propper“ „schwergewichtig“ „außergewöhnlich“ sie sind. Der Zuschauer hat direkt beim ersten Anblick gesehen, dass die Finalistinnen vollschlank waren. Deswegen sind die aber weder automatisch blöd, noch nicht in der Lage, sich Klamotten anzuziehen, sich zu bewegen, noch haben sie nicht vorher am Leben teilnehmen dürfen, wie im Format dargestellt. Kurz einfach respektieren, dass Dicke problemlos großartiges und viel Talent haben können und dann weitermachen. Das war stellenweise schon sehr unbeholfen bis taktlos und blöd.
10. Mehr von den Coachings in der Woche zeigen, den eigentlich Arbeitsprozess. Letztendlich hatte man nicht das Gefühl, dass sich die Mentoren sehr viel mehr engagieren, als sich am letzten Tag vor dem Auftritt den Song zeigen zu lassen und dann zweikommafünf Tipps anzureichen.
Das britische Original...
Das britische Original genießt seit Jahren höchste Einschaltquoten. Auch ich schaue sie sehr gerne an. Kontroverse Kandidaten und viel (sehr wohl künstliche) Dramaturgie um vier Juroren sowie die teilweise überschwengliche britische Begeisterungsfähigkeit der Publikums verleihen der Serie einen hohen Unterhaltungswert. Die deutsche Version ist davon nur ein lauwarmer Abklatsch, was gerade in der Partymetropole Köln enttäuscht. Ich habe nur ein paar mal reingeschaut und gesehen wie gerade Sarah Connor versucht hat , das britische Original zu kopieren. Wenn diese Sendung PrimeTime-fähig werden soll, dann gehört die Jury als erstes ausgetauscht und auf vier Juroren vergrößert. Ausgetauscht gehört auf der Moderator, bei dem man gänzlich einschlafen konnte. Das ursprüngliche Konzept der Show ist wirklich gut und findet sich eher in DSDS als im deutschen X-Factor wieder. Wobei auch die DSDS Jury nicht die Klasse der britischen X-Factor Jury hat. Das raubt der Show die Professionalität.
Meines Erachtens ist es auch ein Trugschluss zu glauben, X-Factor sei eine ernstgemeinte Suche nach Stimmtalenten. Dazu müßte eine solche Sendung im Radio laufen. Im TV geht es immer um das Gesamtpaket. Beim kommerziellen TV immer um Einschaltquoten. Und die gewinnt man durch emotionale Bindung. Und da wäre beim X-Factor deutlich mehr herauszuholen.
Wer ITV nicht via Satellit empfangen kann. Die Acts werden regelmäßig auf YouTube verbreitet.