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Häppchenweise Kanada: ARD-Korrespondent Thomas Roth auf der "Route des Bären"

Der gut ausgepolsterte Mann in der knallroten Jacke mit dem Schnee im Bart und den schweren Stiefeln kommt Anfang Januar ein bisschen spät für die Jahreszeit. Macht aber gar nix. Ist ja auch bloß ARD-Journalist Thomas Roth, der da eingepackt wie der Gewinner eines Weihnachtsmann-Ähnlichkeitswettbewerbs durch den Schnee stapft. Und er kommt gerade richtig.

Während Deutschland schnieft, zittert und friert, hat sich der Leiter des ARD-Studios in New York auf den Weg nach Kanada und Alaska gemacht, um herauszufinden, dass es immer noch ein bisschen kälter geht als daheim: minus 40 Grad!

„Die Route des Bären“ heißt die Reportage, die Roth (im Bild links, mit Kameramann Peter Reuther) mitgebracht hat, und die nun zum Jahresanfang in zwei Teilen läuft, weil Schneedokus aus fernen Ländern dann besonders gerne gesehen werden. (Insbesondere wenn man es sich dabei zuhause mit einer Decke auf dem Sofa gemütlich machen kann.) Das Ergebnis ist – ganz in Ordnung. Und sehr deutsch-öffentlich-rechtlich: klassisch produziert, ohne Überraschungen, ohne Pointen. Drei Tage nach Silvester, wenn das neue Jahr noch nicht so richtig losgegangen ist, ist diese Gemütlichkeit aber ein schöner Abschluss für die entschleunigte Zeit zwischen den Feiertagen.

Ursprünglich hieß die Reportage „Die Spur des Bären“ (pdf), doch das war irreführend: Roth ist auf seiner Expedition ganz klar den Spuren der Menschen gefolgt (manchmal auch nur denen der Touristen), und dass er dabei zwei, dreimal auch Bären begegnet ist, liegt nun mal daran, dass die da leben und vom staunenden Kamerateam der ARD eine halbe Stunde gefilmt werden konnten.

Dass aus der „Spur“ jetzt die „Route“ wurde, macht es nicht besser: Das, was der Titel suggeriert, hält er nicht. Roth hätte sich auch locker ein paar andere Tiere ausgucken können, denen er zufällig bei den Dreharbeiten begegnete. Aber wahrscheinlich war ihm (und der ARD) „Die Spur des Eichhörnchens“ nicht dramatisch genug.


Bär voraus! Auf seiner Reise hat Roth glücklicherweise auch ein paar titelfähige Tiere filmen können / Foto: ARD

Viele, fast zu viele Protagonisten hat der Reporter unterwegs getroffen hat: russische Schiffskapitäne, Inuits, Gletscherforscher, Eisbärenjäger, Aussteiger, die sich auf Teufel komm raus ihr eigenes Blockhaus mitten in der Wildnis bauen wollen, und Goldminenarbeiter, die mit ihrem verwachsenen Bart und dem Holzfällerhemd aussehen als seien sie gerade aus einem Hollywood-Film gefallen.

Roth findet sie alle toll, auch die beiden verpennten Erfurter, die er auf einem selbstgebauten Floß am Yukon River zufällig trifft, und die durch die Welt reisen und in den Tag hineinpennen, wie es ARD-Korrespondenten niemals könnten, weil sie immerzu wichtige Reportagen drehen müssen.

Schwerpunkte wollte der ARD-Korrespondent keine setzen, obwohl es der Reportage durchaus gut getan hätte, nicht bloß in Häppchen erzählt zu werden. Wie genau leben die Forscher im größten Eiscamp unterhalb des Nordpols, wo der Nachtisch (Schokoladenkuchen mit Erdbeeren) vor der Kantine kalt gestellt wird? Wie wird man eigentlich Eisbärenjäger? Und wann hat der Tourismus die ehemalige Goldgräberstadt Dawson City zum Disneyland werden lassen?

Keine Frage: Roths Bilder (Kamera: Peter Reuther, Joe McCarthy) und Geschichten sind interessant, aber vielfältiger hat das vor vier Jahren schon mal der ARD-Dreiteiler „Die Rockies“ erzählt, der ruhig jedes Jahr nach den Weihnachtsfeiertagen wiederholt werden könnte. (Wer nicht auf die nächste Wiederholung warten möchte: Es gibt auch eine DVD – mit unverschämt hässlichem Cover.)

Roths Fazit nach knapp 90 Minuten lautet:

„Diese Reise zeigte mir vor allem eines: Wenn wir es nicht schaffen, diese Natur zu bewahren, werden wir nichts gewinnen, aber viel verlieren.“

Für einen großen Reportage-Zweiteiler ist das fast ein wenig enttäuschend.

„Die Spur des Bären“, Montag und Dienstag um 21.45 Uhr im Ersten.

Fotos: ARD

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