Das Fernsehblog

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Von wegen sterbendes Medium: 225 Minuten sieht jeder von uns im Schnitt täglich fern. In diesem Blog stehen die Gründe dafür. Und die dagegen.

Kapitulation der Programmplaner: Sat.1 führt die "FilmFilmFilmFilmFilm"-Woche ein

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Während Marktführer RTL im Januar eine Sendung nach der nächsten fortsetzt oder neustartet, ist das Sat.1-Programm eine sensationelle Kapitulation vor der Übermacht der Konkurrenz: Bis in den Februar laufen von Montag bis Freitag abends ausschließlich Spielfilme. Sonst nichts.

Wenn junge Menschen schon in der Schule davon träumen, später mal fürs Fernsehen zu arbeiten, dann haben sie dabei meistens nicht einen Job als Programmplaner im Sinn. Dabei ist der viel besser als ständig vor der Kamera zu stehen – weil es so gut wie gar nichts zu tun gibt und man nichtmal dabei lächeln muss.

Bild zu: Kapitulation der Programmplaner: Sat.1 führt die "FilmFilmFilmFilmFilm"-Woche einBei der ARD haben die Planer im vergangenen Jahr – als endgültig alle voraufgezeichneten „Das Quiz mit Jörg Pilawa“-Folgen weggesendet waren – die grandiose Idee gehabt, auf das vorher laufende „Duell im Ersten“ einfach noch ein zweites „Duell im Ersten“ folgen zu lassen. Sendeplatzproblem gelöst. Wenn der „Marienhof“ in diesem Jahr eingestellt wird, plant ARD-Vorabend-Koordinator Frank Beckmann bekanntlich eine „komplette Kurskorrektur“, die sich zunächst darin äußert, dass „Verbotene Liebe“ um 15 Minuten verlängert wird. Noch ein Problem gelöst.

Die Angst in der ARD, dass irgendwer eine Idee haben könnte, was man sonst noch senden könnte, muss gigantisch sein.

Andererseits schaffen es die Privaten ohne Mühe, diese Form programmplanerischer Ödnis noch zu überbieten. Anfang Dezember wurde bekannt, dass RTL-Planer Klaus Henning 2011 zum Konkurrenten nach München wechselt. Je schneller, desto besser. Denn er wird dringend benötigt.

Zum Beispiel bei Pro Sieben, das es in den vergangenen Monaten geschafft hat, mit „Two and a half Men“ am Dienstagabend ein erfolgreiches Alternativprogramm zu den RTL-US-Serien zu etablieren, von denen manche ihre besten Zeiten hinter sich zu haben scheinen. (Was auch daran liegen könnte, dass RTL zum Beispiel bei „House“ Staffeln mit durchlaufenden Handlungssträngen immer wieder wahllos unterbrochen hat, um Wiederholungen einzustreuen.) Im neuen Jahr gibt sich Pro Sieben größte Mühe, alles wieder kaputt zu machen. Ab 18. Januar laufen statt bisher zwei Folgen „Two and a half Men“ fünf (!) nacheinander: um 21.10 Uhr, 21.35 Uhr, 22.05 Uhr, 22.30 Uhr, 22.55 Uhr. Anschließend folgt „TV total“, und – schwupps! – geht’s wieder von vorne los (0.20 Uhr, 0.45 Uhr, 1.15 Uhr, 1.40 Uhr).

Der Overkill ist zwar nur vorübergehend, bis im Februar „Scrubs“ startet. Aber das bedeutet längst noch nicht, dass es auch so bleibt. Denn neben dem US-Sitcom-Dienstag gibt es bei Pro Sieben künftig auch einen US-Sitcom-Mittwoch, an dem „How I met your Mother“ läuft. Und zwar (ab 19. Januar) vier Folgen nacheinander.

Wer so Fernsehen programmiert, kann bloß auf einen kurzfristigen Erfolg aus sein, weil eine solche Programmierung zwangsläufig zur Übersättigung der Zuschauer führen wird. Oder es ist der verzweifelte Versuch, sich dem DVD-Sehverhalten des Publikums anzupassen, das die TV-Boxen günstig im Elektronikmarkt erstanden hat. Im schlimmsten Falle ist es ein Mangel an Alternativen.

Bei Sat.1 scheint einfach nichts mehr da zu sein, was geplant werden müsste. Am Freitag sind die neu aufgelegten „Hit-Giganten“ untergegangen, die neuen Folgen von „Die perfekte Minute“ und „Mein Mann kann“ lassen (bis Ende Februar) auf sich warten. Am Mittwoch sind sämtliche Dokusoaps sang- und klanglos untergegangen. Am Montag ist schon seit „Kerner“ dort floppte nichts mehr zu erwarten. Und Fußball gibt’s gerade auch keinen.

Während RTL im Januar eine Sendung nach der nächsten fortsetzt oder neustartet (zwei Serien, „DSDS“, „Ich bin ein Star“), zeigt Sat.1 konsequent den ganzen Monat über bis in den Februar hinein: Spielfilme. Jeden Werktag: „Madagascar“, „Siegfried“, „Cast Away“, „El Dorado – Der Sonnentempel“, „Ab durch die Hecke“, „Die Eisprinzessin“, „Lichtblau – Neues Leben Mexico“, „Die Schatzinsel“, „Tintenherz“, „Bruce Allmächtig“, „Total verknallt in Tad Hamilton“, „Restrisiko“, „Tod aus der Tiefe“, „Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders“, „Arthur und die Minimoys“, „New York für Anfänger“, „Allein unter Müttern“, „Last Impact – Der Einschlag“, „Das Vermächtnis des Geheimen Buches“, „Asterix bei den Olympischen Spielen“; „Der Einsatz“, „Allein unter Schülern“, „88 Minuten“ – am 3. und 4. Februar dann die Ausnahme: „Die Winterspiele der Stars“, danach geht’s aber weiter: „Das perfekte Verbrechen“, „Bollywood lässt Alpen glühen“, „Green River: Die Spur des Killers“, „Daddy ohne Plan“, „Asterix & Obelix gegen Cäsar“. Nur samstags und sonntags laufen US-Serien.

Bild zu: Kapitulation der Programmplaner: Sat.1 führt die "FilmFilmFilmFilmFilm"-Woche einJa, da sind ambitionierte Eigenproduktionen wie „Restrisiko“ und ein paar Hollywood-Reißer dabei. Aber ist das die Programmvielfalt, die man von Deutschlands zweitgrößtem Privatsender erwarten würde? Keine Shows, keine Dokusoaps, nichts sonst?

Schon in den 90er Jahren war der Sat.1-„FilmFilm“ ein alberner Titel, aber zumindest sollte die Bezeichnung damals noch suggerieren, dass den Zuschauer eine ganz besondere Premiere oder ein besonderer Film erwartet, einmal in der Woche.

Das Sat.1-Programm im Januar 2011 ist hingegen eine sensationelle Kapitulation vor der Übermacht der Konkurrenz, und vermutlich wird sie sich sogar auszahlen, weil die Filme immer noch bessere Quoten holen dürften als eigenproduzierte Programme – mit deutlich geringeren Kosten. Den hiesigen Produzenten muss es grausen vor einer solchen Planung, die sie quasi arbeitslos macht. Aber immerhin zeigt Pro Sieben Sat.1, wo im Konzern die Prioritäten liegen: Es geht darum, sich weiter für den geplanten Verkauf (oder Börsengang) schlank zu sparen.

Spannender als das Programm ist sowieso, wer so doof sein wird, ein TV-Unternehmen zu kaufen, dessen Abendprogramm aussieht wie eine Leihvideothek, in der man nicht mal selbst bestimmen kann, wann der Film anfängt.

Foto/Screenshot: Das Erste, Sat.1


33 Lesermeinungen

  1. TWille sagt:

    Ich find die Planung von Sat 1...
    Ich find die Planung von Sat 1 toll, genau dass was ich mir schon lange gewünscht hab.
    Keine Seifenopern, keine Doku Soaps, keine Talentshows, wie erholsam 🙂

  2. dent42 sagt:

    Wirklich tragisch das Sat. 1...
    Wirklich tragisch das Sat. 1 keine eigenproduzierte Konkurrenz zum hochklassigen Dschungelcamp bietet und statt dessen ein Programm sendet mit demsie Profit machen können.
    Wird Sat. 1 hier tatsächlich kritisiert, weil es weniger auf Eigenproduktionen und mehr auf Spielfilme setzt? Das fällt wohl unter die Rubrik: wie man es auch macht…

  3. pschader sagt:

    @dent42: ...weil ich sonst so...
    @dent42: …weil ich sonst so oft schreibe, dass Sat.1 zuviele Eigenproduktionen zeigt, oder was?

  4. Christian sagt:

    Herr Schader,
    Ihren Hohn über...

    Herr Schader,
    Ihren Hohn über die ARD und Pro7 kann ich gut verstehen. Da versuchen zwei Sender auf Teufel komm raus Sendezeit mit Irgendwas zu füllen statt Mut zum Testbild zu zeigen.
    Aber Ihre Kritik an Sat1 vermag ich nicht nachzuvollziehen.
    Sie werfen dem Sender allen ernstes vor Abends Filme zu senden?
    Ich für meinen Teil mag Filme und kann mich gut an Zeiten erinnern wo man im Fernsehn sogar auf mehreren Sendern Filme sehen konnte. Man musste sich entscheiden, und das regelmäßig.
    Ich hoffe das Sat1 mit diesem Konzept erfolgreich ist und ich hoffe dass mehr Fernsehsender wieder häufiger Filme senden.
    Auch wenn Sie, als Medienjournalist, Sich dann weniger über schlecht selbstgemachte Serien und Shows im deutschen Fernsehen beschweren können.

  5. Dent42 sagt:

    @Peer Schader

    Nö, sondern...
    @Peer Schader
    Nö, sondern weil ich denke das der Verzicht von Sat. 1 auf Eigenproduktionen zugunsten von Spielfilmen nicht notwendigerweise etwas schlechtes ist und ich mir vorstellen kann wie die Kritik ausgefallen wäre, hätte Sat. 1 vor den Sender mit billig produzierten Eigengewächsen zu fluten. ich erinnere da an einige amüsante Programmfüller des Herrn Balder.

  6. BloodyFox sagt:

    Der FilmFilm wird jetzt also...
    Der FilmFilm wird jetzt also vom SonntagSonntag auf den WerktagWerktag verschoben? DAS IST JA ANARCHIE!

  7. BlueKO sagt:

    <p>Vielleicht naht aber auch...
    Vielleicht naht aber auch die Zeit, die dem letzten Zuschauer endgültig die romantische Vorstellung austreibt, daß das Privatfernsehen gute Programme senden möchten um die Menschheit zu bereichern. Langsam wird doch endgültig klar, daß sie möglichst billige Programme senden um möglichst viel Werbeeinnahmen zu erzielen, ohne jede Rücksicht auf irgend etwas oder irgend jemanden.

  8. ich sagt:

    Sat1 zeigt damit endlich ein...
    Sat1 zeigt damit endlich ein Programm, bei dem man wieder einschalten kann. Ich begrüße das sehr und verstehe diese Kritik nicht. Wer keine Spielfilme am Abend schauen mag, kann doch – der Programmvielfalt seis gedankt – wieder zu den Sozial-Pornos und dem Assi-TV der anderen Sender schalten.

  9. Warum wird Sat1 kritisiert?...
    Warum wird Sat1 kritisiert? Weil es keine sinnlosen Shows wie die größten Hits von xx sendet oder ähnlichen Schrott? Immerhin habe ich 4 Filme in der Liste gefunden, welche es sich anzuschauen lohnt. Ich finde es aber schade das Kabel1 weniger Filme zeigt dafür aber Hotel Mama & Co. Liebe Fernsehsender, zeigt doch mehr Filme und weniger „Doku-Soaps“ und Ähnliches!

  10. Andi sagt:

    Naja, ich muß sagen, dass ich...
    Naja, ich muß sagen, dass ich die Film-Programmierung deutlich besser finde, als die 10.000 Casting-, Reality-, C-Promi-Show, die sonst da versendet werden würde.
    Schau zwar keinen der Filme an, weil sie mich nicht sonderlich interessieren, kann mir aber schon vorstellen, daß die damit mehr Familien vor den Fernseher locken, als wenn sie billige Abklatsch-Serien mit Schuldner-Beratern und Rechtsanwälten bringen.
    Das mit Pro Sieben und den 54 Folgen HIMYM oder Two and a half Men hintereinander find ich allerdings schon krass.

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