- 4 gewinnt n-tv
- 2030 – Aufstand der Jungen ZDF
- Der Tchibo-Check WDR
- Unser erstes
Restaurant Vox - Aufgemöbelt SWR
- Fort Boyard Kabel 1
Potzblitz, da hat n-tv tatsächlich einen Coup gelandet: die erste Talkshow, die sich nach der Premiere selbst abschafft. Weil schon alles gesagt wurde. Zehn Minuten für den Dioxin-Skandal, zwei Minuten für die Deutsche Bahn, fünf fürs „Super-Wahljahr“, noch mal zehn für Westerwelle, Merkel, Guttenberg und die Linke, anschließend: das Wetter (eine Minute) und die „Worte der Woche“.
Nach nicht mal einer halben Stunde war „4 gewinnt – die Meinungsshow“ am Donnerstagabend schon wieder rum (Video bei n-tv.de ansehen). Wahrscheinlich für immer, denn: Über was sollen die „Titanen des gesunden Menschenverstand“, als die der gefährlich nach Friedrich Küppersbusch klingende Moderator aus dem Off die Paneldiskutanten vorstellte, denn nächstes Mal noch reden?
Gemeinsam mit den übrigen Meinungsführern – „taz“-Chefin Ines Pohl, Radiomann Volker Wieprecht und Comedian Ingo Appelt – warf Bremer mit allerlei Schlagworten um sich, die mit etwas Ruhe vielleicht einen politischen Kommentar hätten ergeben können. Stattdessen fielen sich die Teilnehmer der Kreuzung aus „Presseclub“ und „7 Tage, 7 Köpfe“ gegenseitig so oft ins Wort, dass n-tv die Satzenden eigentlich anständigerweise im Teletext nachreichen müsste.
Inhaltlich hat das nix gebracht, aber als Geräuschkulisse im Hintergrund war’s sehr beruhigend und Wieprecht hatte immerhin einen Lacher als er Pohl als „Chefredakteurin der Gala“ bezeichnete, nachdem die Stefanie zu Guttenberg selig gesprochen hatte. (Weil sie eine Frau ist.) Die größte Überraschung ist aber: Nächste Woche soll die Sendung noch mal kommen. Wenn bis dahin in der Welt genug passiert ist.
Produzentin Regina Ziegler (die im „Tagesspiegel“ ganz hübsch auf eine Kritik des „Tagesspiegel“ antwortete) hat ziemlich viele Schreckensideen in ihren Film gepackt: massive Einschnitte ins Sozialsystem, die Auflösung des Generationenvertrags, den Abstieg der Mittelschicht, nationale Datenregister, eine fatale Krankenkassenreform im Jahr 2017.
Getragen werden sollte das von einer als TV-Doku getarnten Schicksalsgeschichte, bei der ständig alle Beteiligten übertrieben konspirativ in die Kamera guckten und hölzerne Dialoge aufsagten. Das war albern, teilweise leider auch peinlich.
Aber wer immer die Idee hatte, den Berliner Bezirk Schöneberg zur Chaoten-Oase „Höllenberg“ umzudichten, in der mittellose Mittelständler ZDF-Kamerateams mit Obst bewerfen: Er möge sich schleunigst bei Sat.1 melden. Die können da ein paar gute Gagschreiber gebrauchen.
„Markencheck“ nennt der WDR sein neues Format, und im Falle des Hamburger Kaffeerösters und Allzweckkaufladens wird es dem Pressechef ein großes Vergnügen gewesen sein, unwidersprochen sein PR-Sprech abzusondern und das Kamerateam durch die Sportstätten und über die Sonnenterrasse für Mitarbeiter in der Hamburger Zentrale führen zu können.
„Gute Arbeitsbedingungen sind Tchibo offenbar wichtig“, heißt es dazu aus dem Off, bevor der WDR aufzählt, wie gut es den Mitarbeitern geht: der Betriebsrat ist „gern gesehen“, der Konzern „fördert Teilzeitjobs und Kinderbetreuung“.
Vorher haben die Fernsehleute schon die Qualität der wöchentlich wechselnden Tchibo-Produkte im Labor testen lassen – und siehe da: keine Schadstoffe! Wie die Leiterin des Tchibo-„Quality Services“ es gesagt hat! In einer Straßenumfrage vor einem Tchibo-Laden kam heraus: „Die Menschen sind beim Bummeln reingegangen, haben sich umgeschaut und dann zugegriffen.“ Ja, krass.
Am Ende wird schon klar, dass der Film von den Autoren nicht als PR-Beitrag angelegt war (zumal vor einem halben Jahr im Ersten bereits ihre Reportage „Kinderschinder – Der Preis für eine Tasse Kaffee“ lief). Dass der „Der große Tchibo-Check“ trotzdem erstmal so aussieht, ist ärgerlich (komplette Sendung mit Textdokumentation bei wdr.de). Für die Zuschauer und die Macher gleichermaßen.
Die neue Vox-Dienstagabend-Dokusoap „Unser erstes Restaurant“, bei der man Leuten zusehen kann, wie sie sich als angehende Gastronomen in ihr Elend hineinpachten und -renovieren, ist hingegen vor allem – träge (Folge 1 bei voxnow.de). Da hilft’s auch nicht, wenn der Off-Sprecher alle zwei Minuten die drohende Katastrophe heraufbeschwört, um Spannung zu suggerieren. „Das kostet mindestens das Doppelte als wie überhaupt eingeplant“, sagt ein Renovierer, der sich blind einen baufälligen Landgasthof gemietet hat und überrascht feststellt, dass der komplett marode ist.
Und der Sprecher mahnt mit tiefer Stimme: „Wenn das Doppelte überhaupt reicht!“ Falls demnächst ein Produzent für den Weltuntergang gebraucht wird: In Köln wären sicherlich noch Kapazitäten frei.
Angeführt wird das Kommando von Marijke Amado, deren Stimme einem nach all den Jahren immer noch merkwürdig vertraut ist, auch wenn Sie heute niemanden mehr durch die „Zaubertür“ hereinruft. Stattdessen steht Amado anfangs im völlig holzüberfrachteten Raum des Sohns der Familie, der sie aushelfen soll, sieht auf den schrecklichen Teppich und formuliert mit verständnisvollem Grauen: „Wie kommt man nur auf so einen Teppich?“ Worauf der Sohn leicht empört antwortet: „Ich lieb den! Der muss drinbleiben!“ Fettnäpfchen-Volltreffer, sozusagen.
Natürlich gelingt es Amados Team trotzdem, die Stube vom 80er-Jahre-Mief zu befreien und alles „lecker knüffelig-knuddelig“ herzurichten – aber wer befreit den SWR von der Einbildung, Trends hinterher produzieren zu müssen, die längst vorbei sind?
Kabel 1 eher nicht. Oder mal andersherum gefragt: Haben Sie schon Ihren nächsten Urlaub geplant? Nicht? Dann werden Sie doch kurzfristig prominent (ein Auftritt im Nachmittagsprogramm dürfte reichen) und lassen sich nachher aufs „Fort Boyard“ schicken, wo Sie Fassadenklettern, Trapezschwingen und Skorpionegrabschen dürfen, um am Ende Kohle aus einer von Tigern bewachten Schatzkammer zu sammeln und für einen guten Zweck zu spenden.
Das Gute an so einem Einsatz auf dem Abenteuer-Spielplatz ist (außer der frischen Luft), dass man sich als Teilnehmer (im Bild: „No Angels“-Lucy) nur ganz wenige Sätze merken muss, die man seinen Spielkollegen zurufen kann, sobald die sich zum Erwerb der benötigten Schließwerkzeuge in Bewegung gesetzt haben: „Denk an die Zeit!“ / „Den Boden nicht berühren!“ / „Bleib ganz ruhig!“ / „Rechts von dir!“ / „Schau in die Kiste!“ / „Verlier den Schlüssel nicht!“
Also ein bisschen wie nach einer durchzechten Nacht morgens beim Aufstehen.
Soviel für diese Woche.
Screenshots: n-tv, ZDF, WDR, SWR, Kabel 1
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