Das Fernsehblog

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Von wegen sterbendes Medium: 225 Minuten sieht jeder von uns im Schnitt täglich fern. In diesem Blog stehen die Gründe dafür. Und die dagegen.

Das Dschungelcamp und das Sich-Ekel-Fernsehen von "Spiegel-TV"

| 17 Lesermeinungen

Der "Apo-Opa" im "Guantanamo der Z-Prominenz": Wie das Magazin von Spiegel-TV über "Ich bin ein Star - holt mich hier raus" berichtet und seine Zuschauer dabei in ein fieses Schlammbad aus Metaphern und Herablassung mitnimmt.

Es ist immer wieder ein Kulturschock, wenn im RTL-Programm „Ich bin ein Star – holt mich hier raus“ an das Magazin von Spiegel-TV stößt. Auf der einen Seite diese läppische Sendung mit ihren albernen Witzen und schlechten Kalauern, die fast nur von Häme lebt. Und auf der anderen Seite das Dschungelcamp.

Dabei haben sich die Spiegel-TV-Leute viel Mühe gegeben in den vergangenen beiden Wochen, von der Aufmerksamkeit für die Dschungelshow zu profitieren. Sie haben einen Bericht gemacht über Rainer Langhans und einen über „Promis in der Schuldenfalle“. Sie haben berichtet über den „Dschungel unter deutschen Dächern“, über „Neues aus der Ekel-Forschung“ und, natürlich, über Hitler. Hitler war nämlich, genau wie Sarah Dingens im Camp, Vegetarier! „Die vegetarische Fangemeinde lässt es gern unter den Tisch fallen, doch es ist wahr: Adolf Hitler aß zu Lebzeiten kaum Fleisch.“

Und nun das Finale. Keine Werbepause, kein Sponsor, unmittelbar nach der letzten Szene aus dem australischen Dschungel wird die Temperatur auf Frösteln heruntergedreht:   

Bild zu: Das Dschungelcamp und das Sich-Ekel-Fernsehen von "Spiegel-TV"
Screenshot: Spiegel TV/RTL

Maria Gresz steht da und sagt:

„Jetzt ist es also soweit: Des Deutschen liebstes Hassobjekt ist am Ende und seine Hauptdarsteller irgendwie auch. Ab morgen können wir nur hoffen, dass im Kanzlercamp wieder die Post abgeht. Dass Angela mit Guido rumknutscht. Dass Claudia rot sieht und ausplaudert, dass die Regierungsarbeit nur Show ist und dass die Abgeordneten nur mitspielen, weil sie dafür Geld vom Privaternsehen bekommne. Ich weiß, das wird nicht passieren. Wär aber lustig. Derartige Unterhaltung gibt es eben nur im Dschungel. Dort wo die Zivilisation freiwillig ihre Hüllen fallen ließ und damit Millionen Zuschauer zu glücklichen Voyeuren machte.“

In zwei Wochen im Dschungel wird den Kandidaten, den Tieren und der Menschenwürde nicht so viel Gewalt angetan wie der deutschen Sprache in einer einzigen Spiegel-TV-Anmoderation. Wer danach nicht sofort abschaltet, steckt sofort knietief in einem Metaphernschlammbad, gefüllt mit gammeligen Teekesselchen. „Die vermeintliche Machtausübung“ der abstimmenden Zuschauer, sagt der Sprecher, „sorgt für besonderes Kribbeln – auch am Körper des Altkommunarden Rainer Langhans.“ Das Bild dazu:

Bild zu: Das Dschungelcamp und das Sich-Ekel-Fernsehen von "Spiegel-TV"
Screenshot: Spiegel TV/RTL

Später heißt es: „Ehemalige Camp-Bewohner können ein Lied davon singen“ – bitte schön: Werner Böhm tut es.

Bild zu: Das Dschungelcamp und das Sich-Ekel-Fernsehen von "Spiegel-TV"
Screenshot: Spiegel TV/RTL

Spiegel-TV-Leute leiden unter einer schlimmen Synonymzwangsstörung. Über Rainer Langhans darf nicht berichtet werden, ohne ihn mindestens einmal den „Apo-Opa“ zu nennen. Mit der Alternative „Gleichmut-Guru“ gibt es später noch Alliterations-Bonuspunkte. Und überhaupt, was ist der Dschungel? „Das Guantanamo der Z-Prominenz.“ 

Auf den ersten Blick ungewöhnlich ist es, dass Spiegel-TV ausgerechnet das Berliner Rumpelblatt „B.Z.“ als Beleg dafür zeigt, dass „das deutsche Feuilleton – ganz im Geiste Brechts – eine reflektorische Metaebene beim Miteinander von Mensch und Made“ entdeckt habe. Vermutlich bringt aber der Autor des entsprechenden Beitrags selbst die fehlende behauptete Fallhöhe mit:

Bild zu: Das Dschungelcamp und das Sich-Ekel-Fernsehen von "Spiegel-TV"
Screenshot: Spiegel TV/RTL

Ross Antony, der die Show vor drei Jahren gewann und dabei auf sympathisch-schockierend-lustige Weise seine eigenen Phobien überwand, wird im Spiegel-TV-Deutsch zum „bekennenden Homosexuellen“, der „etwas Gutes für seine Community tun wollte“. 

Und fast jeder Satz trieft von Herablassung. Es ist Sich-Ekel-Fernsehen bis hin zur Anmaßung, den Teilnehmern pauschal „verunglückte Lebensentwürfe“ zu unterstellen. Dann ist der Dschungelbeitrag vorbei (oder wie Spiegel-TV sagen würde: am Ende), und die Moderatorin leitet wie folgt zum nächsten Thema über:

„Es soll in dieser Welt noch Menschen geben, die weniger scharf auf Kameras sind. Waffenhändler zum Beispiel.“ 

 

Den Beitrag auf spiegel.de ansehen 


17 Lesermeinungen

  1. SvenR sagt:

    Stefan, das ist Spiegel TV,...
    Stefan, das ist Spiegel TV, he, das musst Du doch verstehen…
    *facepalm*

  2. felixrattan sagt:

    Ich halte nichts vom...
    Ich halte nichts vom Dschungel-Camp. Allerdings kommt man zur Zeit nich drum herum. Was mich aber bei diesem Beitrag gewundert hat (positiv) und ich mich fragte, „hat sie es wirklich gesagt?“.
    Hat Maria Gresz wirklich diesen Kommentar von sich gegeben?
    Wenn ja, finde ich es Prima. !!!
    Ich meine, Z-Promis lassen sich dot fuer ca 20.000 Euro einsperren mit der Hoffnung, dass ihr Image wieder positiv ans Licht kommt. Kommt es aber nicht.
    Endlich mal wieder im TV zu sein – wie erniedrigend muss das sein, wenn man sich 1. dafuer bezahlen laesst und 2. sich au solch ein Niveau(hat es eins? m.E. nein) herablaesst?
    Ich bin gespannt wen RTL fuer das naechste Camp alles ausgraebt.
    PS: ist es nicht alles inziniert? Drechbuch-Like? sind es wirklich echte Tiere?
    Waere das nicht gegen das Tierschutzgesetz?

  3. nona sagt:

    Spiegel-TV könnte richtig gut...
    Spiegel-TV könnte richtig gut sein, wenn es nicht permanent so hochnäsig, frostig, besserwisserisch daherkäme. Allerdings kranken daran auch noch andere Dokumentations- und Reportage-Sendungen.

  4. Kamino sagt:

    "...Endlich mal wieder im TV...
    „…Endlich mal wieder im TV zu sein – wie erniedrigend muss das sein, wenn man sich 1. dafuer bezahlen laesst…“
    Selbstverständlich lasen sie sich dafür bezahlen, wie all die anderen Fernsehnasen. Was ist daran erniedrigend?
    Maria Gresz hält ihr Gesicht auch für Geld in die Kamera. Wie erniedrigend muss das wohl sein?

  5. Prüfer sagt:

    @nona
    die Reportagen von SPTV...

    @nona
    die Reportagen von SPTV sind eigentlich ganz ok; das Magazin ist allerdings auf dem gleichen Trip wie SPON und leider auch der gedruckte Spiegel.
    Zielgruppe Pseudointellektuelle mit latentem Überheblichkeitsgefühl.

  6. PeterBausC sagt:

    Das darf man nicht so eng...
    Das darf man nicht so eng sehen. Ein „anspruchsvolles“ Magazin wie Spiegel TV, das aktuell kein besseres Thema findet als den Dschungel oder einen abgehalfterten Waffenchieber, zu den aktuellen Konflikten in Nordafrika aber keinen Beutrag bringt… kann man anschauen – muss man aber nicht.
    Die wollten es halt ähnlich hinkriegen wie letzte Woche „EXTRA“, wo ein historischer Quotenwert hingelegt wurde. Ganz ohne Handwerkertest und FFK-Saunaclub Homestory.

  7. Frei nach Roberto Blanco: Ein...
    Frei nach Roberto Blanco: Ein bißchen Süffisanz und Distanz muß sein, da sieht die Welt gleich …. Ich finde, SPTV besetzt diese Nische ganz originell, das ist nunmal ihr erfolgreiches Markenzeichen und übertritt dabei trotzdem nicht die Grenzen des guten Geschmacks. Eine Wendung wie „Guantanamo der Z-Prominenz“ finde ich schon recht genial und treffend. Auch ihnen gelingt sicher nicht alles (wie z.B. diese Z-Klassifizierung), aber der Grundton gefällt mir – er hat eine gewisse Spannung und Brisanz.

  8. roman g sagt:

    Sorry, aber das einzige, das...
    Sorry, aber das einzige, das man spiegel-tv vorwerfen kann/muss, ist, dass sie für eine derartig fade, belang-, geist- und witzlose, gigantisch dumme, zum unendlichen fremdschämen blöde, von der bild gepushte nebensächlichkeit mehr sendezeit verschwenden als es für die 8 gresz’schen einleitungssätze notwendig gewesen wäre.

  9. Ach, du liebes Lieschen bzw....
    Ach, du liebes Lieschen bzw. werter Herr Niggemeier – schon mal gehört: De gustibus non est disputandum?! Das gilt selbstverständlich auch für Anmoderationen der etwas gezierten Art, die sich über die mehr oder weniger unseligen Campus-Kameraden högen. Ausgerechnet der Medienkritiker-Generalissimus in Herablassung mokiert sich über Sprachstelzereien der geschätzten Konkurrenz und stolpert sodann im Text ständig über und in die eigenen Stilfallen. Hier schimpft ein Esel den andern Langohr – Iiii-Aaaa.

  10. @roman g

    Ich glaube, wir...
    @roman g
    Ich glaube, wir haben verstanden, dass sie die Sendung nicht mögen. Haben Sie sie denn schon mal gesehen?

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