(Kleine Spoilerwarnung: Erst Teil 2 gucken, dann weiterlesen.)
Das kennen viele Menschen von ihrem Umzug in die neue Wohnung: Großen Projekten steht oft ein schwedisches Möbelhaus im Weg. Weil der ausgesuchte Schrank erst in sechs Wochen lieferbar ist, beim Auspacken die Schrauben fehlen und man sich ziemlich sicher ist, als Farbe nicht Ritzerot, sondern ein dezentes Weiß ausgesucht zu haben.
Vielleicht ist es ein Trost, dass auch Filmemacher manchmal solche Probleme haben. Die Außenaufnahmen, in denen die „Hindenburg“ aus dem Hangar geholt wird und abhebt (vielleicht haben Sie’s gestern im ersten Teil gesehen) wurden in Köln und Hörstel (NRW) gedreht. Der alte Kölner Flughafen Butzweilerhof eignete sich zwar hervorragend als Kulisse für die Szenen im Terminal und das Boarding der Passagiere – allerdings nur in einem begrenzten Radius, weil dort im Jahr 2009 (dem Jahr der Dreharbeiten) nämlich nicht mehr alles so aussah wie vor 80 Jahren.
„Beim Dreh war klar: Nur einen Meter weiter und wir haben Ikea im Bild“,
sagt Produzent Sascha Schwingel. Deshalb wurde jede Kameraeinstellung vorher genau im Storyboard festgelegt, schließlich ist die digitale Nachbearbeitung – soviel wissen wir ja schon – einer der größten Kostenfaktoren.
In Hörstel wurde der Dreh auf dem ehemaligen Militärflugplatz Hopsten-Dreiwalde fortgesetzt, um die Bilder mit denen aus Köln zu kombinieren und am Bildschirm den Eindruck entstehen zu lassen, die „Hindenburg“ hebe – genau: in Frankfurt ab. In Hörstel gab es keine Probleme mit Möbelhäusern. Nur mit dem Wetter. Schwingel sagt: „Einmal hat mich Philipp [Kadelbach, der Regisseur] angerufen und gesagt: Wir haben den Abflug bei Sonne gedreht. Jetzt bin ich beim Gegenschuss und es regnet die ganze Zeit!“
Beim Hangar, aus dem das Luftschiff im ersten Teil des Films gezogen wird, gab es wenig zu sparen: Die Aufnahme aus der Totalen wurde vom Computer generiert. Es gab in erreichbarer Nähe einfach keine Halle, die hoch genug gewesen wäre, um das Schiff zu beherbergen (und für Dreharbeiten benutzbar zu machen).
Bei den Innenaufnahmen im Hangar wurde ganz klassisch mit Greenscreen-Trick gearbeitet:
Fotos: RTL
Anschließend durften sich die Macher mit einer der spannendsten Fragendes Projekts beschäftigen: Wie funktionieren Dreharbeiten mit einem 250 Meter langen Luftschiff, das gar nicht da ist? Die Antwort lautet: mit sehr vielen Markierungen am Boden und Stativen, mit denen Länge und Breite der „Hindenburg“ quasi abgesteckt wurden, damit nachher die Dimensionen stimmen. Fast das ganze Schiff ist ein einziger Spezialeffekt, nur die fünf Tonnen schwere Gondel nicht, auf die der effekt quais draufgesetzt werden sollte. Um die zehn Meter lange Kabine tatsächlich abheben zu lassen, waren zwei Baukräne im Einsatz:
Foto: RTL
Das dritte Set – Schloss Faber-Castell in Stein bei Nürnberg (u.a. für das Herrenhaus der von Zandts in New York) – interessiert uns beim Thema Kulissenbau und Spezialeffekte jetzt nicht so, die MMC-Studios in Köln, wo die Innenräume der Gondel nachgebaut wurden, um so mehr.
Dort wurden auch die Szenen gedreht, in denen Hauptdarsteller Maximilian Simonischek aus der Hindenburg herausklettert, um die Bombe zu finden, wieder mit Hilfe der Greenscreen:
Fotos: RTL
Zu den spannendsten Aufbauten gehört aber das kippbare Set, dass nötig war, um die Absturzszenen realistisch wirken zu lassen. Wahrscheinlich wäre es auch ein bisschen peinlich geworden, wenn alle Schauspieler bloß so hätten tun müssen als ob sie gerade mächtig durchgeschüttelt werden. Mit zwei großen Hydraulikzylindern, die per Joystick gesteuert werden konnten, ließ sich der Boden bis zu 30 Grad kippen.
Foto: RTL
Die zweite Herausforderung war das „Superset“ mit 24 Metern Höhe, mit dem ein (so im Original nicht existenter) Zwischenraum im Zeppelin simuliert wurde, in dem der Held kurz vor der Gasexplosion klettert. (Sie erinnern sich: mit Anleinpflicht.) Feuerfest musste das Set also auch sein. Die erste Explosion, die das Team durch die Kulisse jagte, führte trotzdem zum Studio-Lockdown: Angesichts der eingesetzten Feuerkraft quittierte die Lüftungsanlage ihren Dienst.
Als das Set nach giftigen Gasen geprüft worden war, ging der Dreh weiter – und die Schauspieler betrachteten misstrauisch, wie das halbe Team noch mit Atemschutzmaske herumlief. Passiert ist aber keinem was.
Foto: RTL
Auch nicht beim Dreh der Bodenszenen nach dem Absturz, obwohl in einer heiklen Situation brennende Stofffetzen auf die Schauspieler herabregneten, weil das Luftschiff ja nicht wie ein Stein zu Boden krachte, sondern – neben dem Hauptkörper – in vielen kleinen Teilen. (Bild rechts: Maximilian Simonischek mit retuschierbarem Feuerschirm.)
„Das war meine bisher wichtigste und schönste Arbeit für Teamworx“, sagt Sascha Schwingel nach acht Jahren Vorbereitung, 13 Drehwochen und fast 8 Millionen Zuschauern für den ersten Teil am Sonntagabend. Prima. Und was lassen wir als nächstes abstürzen?
Der zweite Teil von „Hindenburg“ läuft am Montag um 20.15 Uhr. Teil 1 ist derzeit bei RTLnow.de ansehbar.
Fotos: RTL
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Bei aller verständlichen Begeisterung für das Projekt – richtig aufregend ist das bloße Nacherzählen von Produzenten-Episoden aus der Staunender-Kleiner-Junge-Perspektive nun nicht unbedingt. Unkritischer und distanzloser hätten es auch die Junhgs von DWDL nicht hingekriegt. Bei denen waren nur die Fragen doofer.
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Als nächstes kommt „Der Turmbau zu Babel“ (mit einer überraschenden Liebesgeschichte), dann „Arche Noah“ (mit einer überraschenden Liebesgeschichte), danach das Drama um das Wembleytor (mit einer überraschenden Liebesgeschichte) und dann die Oderflut (mit einer überraschenden Liebesgeschichte). Technisch alles ganz toll, aber kann bitte mal jemand diese überraschenden Liebesgeschichten verbieten?
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@Carsten Barnecke: Kurz gefragt, lohnt es sich für mich auf Ihre Kritik einzugehen? Oder eher nicht, wie beim letzten Mal?
Das ist Popcorn-Kino, das kein...
Das ist Popcorn-Kino, das kein Mensch braucht und das nicht auf die Kraft der historischen Fakten vertraut. Stattdessen werden da munter Liebes- und Krimigeschichten, die es so nie gab, dazuverwurstet. Und zum Schluss glaubt die Hälfte des doofen RTL-Publikums, dass es tatsächlich so war. Ich mag so eine hollywoodeske, zielgruppenorientierte Alarm-für-Zeppelin-11-Scheiße (pardon) nicht mehr sehen.
Wohltuend wäre es gewesen, wenn das Fernsehblog hier mal historische Fakten und RTL-Fantasien gegenübergestellt hätte.
Unkritischer ging es nicht?...
Unkritischer ging es nicht?
Angesichts des Mitteladjektiv...
Angesichts des Mitteladjektiv im Titel „Höher, schiefer, breiter“ und des verwendeten Hangarbildes dachte ich schon, daß thematisiert würde, was mir angesichts eben jenes Bildes aufgefallen war. Abgesehen von der mir auffällig auffälligen, meines Erachtens zu glänzenden Oberflächenstruktur von Zeppelin und Hangar scheint mir letzteres irgendwie schief dargestellt – als ob mit der perspektivischen Darstellung etwas nicht stimmt. Kann das jemand nachvollziehen oder enträften? Ich habe auch noch einmal einer höher aufgelöste Online-Version des Bildes zur näheren Betrachtung herausgesucht, nämlich https://cdn.loomee-tv.de/wp-content/uploads/2010/12/image.cfm_1.jpg . Oder habe nur ich einen Knick in der Optik?
<p>@Klaus Thomas Heck: Es sei...
@Klaus Thomas Heck: Es sei denn, man akzeptiert, dass ein Spielfilm ein Spielfilm ist und unterhalten soll, und schaut sich, um die „Kraft der historischen Fakten“ zu erleben, einfach die direkt im Anschluss gesendete Doku an. 5,36 Millionen Zuschauer des „doofen RTL-Publikums“ haben diesen Unterschied am Sonntag verstanden. Komisch, oder?
@Brana: Sie hätten gerne eine Kritik der Kostenaufstellung gehabt?
@Carsten Barnecke, Klaus...
@Carsten Barnecke, Klaus Thomas Heck, Brana: Sie sind dann nächste Woche mit dabei, wenn Peer Schader eine Folge des Philosophischen Quartetts bespricht? Das wird aber spannend…
Zwei Fragen habe ich noch:
1. Sie kommentieren hier in einem Fernsehblog. Darf man sich in diesem Blog nicht auch einmal fürs Fernsehen begeistern?
2. Ist dieser Beißrefelex nur RTL-spezifisch?
@Peer: Vielen Dank für den Bericht. Ich fand die Hintergrundinformationen sehr interessant.
@Peer Schader
Nein, das lohnt...
@Peer Schader
Nein, das lohnt leider wieder nicht. Diskussionskultur ist momentan bei mir völlig unterentwickelt. Mir sind nunmal diejenigen Texte am liebsten, in denen Sie bissig nachfragen und diesen speziellen ironisch-lakonischen Unterton anklingen lassen – aber das passt ja auch nicht immer.
@Carsten Barnecke: Tja, auch...
@Carsten Barnecke: Tja, auch Journalisten haben ab und zu mal schlechte Tage.