Das Fernsehblog

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Von wegen sterbendes Medium: 225 Minuten sieht jeder von uns im Schnitt täglich fern. In diesem Blog stehen die Gründe dafür. Und die dagegen.

Das Medium als Running Gag: In "Episodes" lästert das Fernsehen über sich selbst

| 11 Lesermeinungen

Die amerikanische Serie "Episodes" ist eine wunderbar böse Satire aufs TV-Geschäft, in dem Leute den Ton angeben, die keine Ahnung davon haben, wie man erfolgreich Programm macht. Und eine tolle Gelegenheit für Ex-"Friends"-Darsteller Matt LeBlanc, endlich mal jemanden anderes zu spielen als "Joey": sich selbst.

Als vor ein paar Wochen bekannt wurde, dass „Danni Lowinski“ vom amerikanischen Sender The CW adaptiert werden würde, jubelte die hiesige Fernsehbranche: Was für eine Ehre! Erstmals hat es eine deutsche Serie geschafft, von den amerikanischen Kollegen beachtet und ernst genommen zu werden.

Ob Autor Marc Terjung (Interview im Fernsehblog) seine Serie nachher noch wiedererkennt, muss man ihn vielleicht mal fragen, wenn sie tatsächlich im Programm läuft.

Bild zu: Das Medium als Running Gag: In "Episodes" lästert das Fernsehen über sich selbstBritische Programmmacher hatten schon des öfteren das Vergnügen, ihre Ideen als Remake im US-Fernsehen zu sehen. Und es ist kein Geheimnis, dass in manchen Fällen aus dem Vergnügen ein Alptraum wurde. Weil sich die Geschmäcker der Zuschauer in den beiden Ländern – ganz abgesehen von den Vorstellungen derjenigen, die die Budgets verwalten – eben doch nicht immer besonders ähnlich sind. Wie verarbeitet man ein solches Dilemma am besten? Genau: Man macht eine Serie draus.

Am Wochenende lief beim amerikanischen Kabel(bezahl)sender Showtime, der auch „Dexter“ und „Californication“ zustande gebracht hat, das Finale der ersten Staffel von „Episodes“: Zwei britische Serienautoren lassen sich vom großkotzigen Chef eines US-Networks nach L.A. locken, um dort aus ihrer zuhause mehrfach ausgezeichneten Serie eine Version fürs amerikanische Publikum zu pilotieren. Das geht furchtbar schief: Erst kriegen die beiden ihren Hauptdarsteller abgesägt und Matt LeBlanc (aus „Friends“ und „Joey“) vorgesetzt, der den Schauspieler Matt LeBlanc (aus „Friends“ und „Joey“) spielt. (Interview dazu bei popeater.com.) Und während der Dreharbeiten wird aus der typisch britischen Sitcom nach und nach ein amerikanisches Mainstream-Programm, das nur noch entfernt ans Original erinnert.

Das ist nicht nur deshalb ungeheuer komisch, weil „Episodes“ eine wunderbar böse Satire aufs TV-Geschäft ist, in dem Leute den Ton angeben, die selten fernsehen und freimütig eingestehen, keine Ahnung davon zu haben, wie man erfolgreich Programm macht. Sondern auch, weil „Episodes“ etwas hat, das viele andere Serien vermissen lassen: Sie liebt ihre Charaktere.

Stephan Mangan und Tamsin Greig (aus „Black Books“) spielen das Autorenpärchen von der Insel. Sie wäre am liebsten zuhause geblieben, weil sie das ganze Hollywood-Gehabe und die falschen Freundlichkeiten abgrundtief hasst. Er ist hingegen fasziniert vom Luxus, von den Karriereaussichten, von der attraktiven Nebendarstellerin.

Und dann ist da eben – Matt LeBlanc. Der auf der Straße permanent mit seiner früheren Serienrolle verwechselt wird und sich bemüht, trotzdem freundlich zurückzulächeln. Der so viele Witze über seine Karriere gehört hat, dass er inzwischen selbst welche macht. Und bei dem man nie ganz weiß, ob er wirklich ein bisschen einfach gestrickt ist oder nur Energie spart, weil sein Umfeld sowieso nichts anderes von ihm erwartet – und deswegen mit plötzlichen Charme- und Ernsthaftigkeitsoffensiven überrascht.

Alleine die Szene in der ersten Folge, in der das Autorenduo sich zum ersten mal mit den Senderverantwortlichen in L.A. trifft, die den Gästen schonend beibringen müssen, dass ihr Chef die eingekaufte Serie nie gesehen hat, wäre schon einen Preis wert:

„There is a chance, Merc [der Network-Chef] may not have actually have seen your show.“
„What?“
„I’m not saying that he hasn’t seen it.“
„Has he seen it?“
„No.“ 

„Episodes“ hat keine Off-Lacher aus der Konserve, Tragik und Komik wechseln sich ab, es ist keine Comedy für die Masse und deswegen ein großes Serienvergnügen, das Showtime da geschaffen hat. Eines, das einem wieder schmerzlich in Erinnerung ruft, wie traurig es ist, dass es im zweitgrößten Fernsehmarkt der Welt kein Pay TV gibt, das seinem Publikum etwas Ähnliches bieten könnte oder wollte.

Immerhin: Ende Februar erscheint „Episodes“ in Großbritannien auf DVD und Bluray. Mehr zu „Episodes“ steht drüben bei britcoms.de, wo der Kollege Oliver Nagel auch herausgefunden hat, dass die erste Folge kostenlos im Netz ansehbar ist.

Screenshot: Showtime/BBC 2

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11 Lesermeinungen

  1. Jeeves3 sagt:

    Erst kriegen die beiden ihren...
    Erst kriegen die beiden ihren Hauptdarsteller abgesägt und Matt LeBlanc (aus „Friends“ und „Joey“) vorgesetzt, der den Schauspieler Matt LeBlanc (aus „Friends“ und „Joey“) spielt.
    hä?

  2. Stefan sagt:

    Der letzte Satz ist sehr gut...
    Der letzte Satz ist sehr gut und spricht das eigentliche Problem der deutschen Fernsehkultur allgemein an. Dass deutsche Pay-TV-Sender keine eigenen, hochwertigen Produktionen anfertigen, mag durchaus an fehlenden finanziellen Ressourcen liegen. Die gibt es erst, wenn es genügend Abonnenten gibt. Doch letztere kommen erst, wenn es ein Produkt gibt, das ihnen begehrenswert erscheint. Und selbst dann ist es keine Garantie.
    Wir Deutschen sind es doch seit Urzeiten gewöhnt, dass wir Fernsehen in gewisser Weise umsonst bekommen. Natürlich zahlen wir alle GEZ und mitunter Kabelgebühren. Diese werden aber nicht als Bezahlung fürs Fernsehen wahrgenommen, sondern als lästiges Übel. Nun noch extra etwas für den Empfang eines Senders zu bezahlen, ist schwer vermittelbar. Da muss es schon so etwas wie die Bundesliga sein, um damit Geld machen zu können. Für Filme oder Serien ein Abo abzuschließen, erscheint vielen überflüssig.
    Was das deutsche Pay-TV deshalb tun müsste, das wäre, im ersten Schritt diese Wahrnehmung der Zuschauer zu verändern. Die Menschen müssen erst lernen und verstehen, dass Pay-TV durchaus etwas Gutes sein kann. Im Gegenzug müssen sie natürlich etwas Gutes bekommen.
    Was mich insgesamt aber trotzdem gegen das Pay-TV sprechen lässt, dass ist die Tatsache, dass unsere öffentlich-rechtlichen Sender einen Jahresetat von über sieben Milliarden Euro haben. Und trotzdem reicht das nicht aus, um mehr als Heile-Welt-Romanzen, ein paar (durchaus gute) Krimis und ein paar überflüssige Polittalkshows zu produzieren. Die BBC schafft es doch auch, aus den Steuereinnahmen ein ziemlich beeindruckendes Programm zu schmieden – auch schon vor den massiven Einsparungen der letzten Jahre.

  3. pschader sagt:

    @ Jeeves3: Folge 1 angucken...
    @ Jeeves3: Folge 1 angucken (letzter Link), dann nicht mehr „hä“.

  4. PabloD sagt:

    Oha, Matt Le Blanc spielt...
    Oha, Matt Le Blanc spielt David Faustino in lustig – könnte was werden. Nur vermutlich (i.S.v. ganz sicher) mal wieder nicht in Deutschland.

  5. onlime sagt:

    Neben dem erwähnten Dialog...
    Neben dem erwähnten Dialog aus der Pilotfolge ist auch einer aus der Finalfolge absolut bemerkenswert, der sinngemäß etwa so lautet:
    „Wir werden jetzt Test-Screenings machen und dann sehen, wie die Serie bei richtigen Menschen ankommt.“
    „Wie jetzt? Es gibt auch richtige Menschen in LA?“
    „Nein, nein… die lassen wir mit Bussen kommen.“

  6. Uli G. sagt:

    Freue mich schon drauf, wenn...
    Freue mich schon drauf, wenn das ZDF die Serie für teure Gebühren einkauft und in einem Spartensender nachts um 03:37 versendet.

  7. PabloD sagt:

    @Uli G.: Das ganze natürlich...
    @Uli G.: Das ganze natürlich in einer 08/15-Synchronisation, welche die sprachlichen Unterschiede zwischen Briten und Amis komplett ignoriert.

  8. Sebastian sagt:

    Ich weiß nicht... in der...
    Ich weiß nicht… in der „Late Late Show“ mit Craig Ferguson wirkte LeBlanc außerst krampfig. Auch komme ich nicht über die extreme Fake-ness von LeBlancs angeblichem Haus weg. Greenscreen Wellen, Greenscreen Berge, ein weißes Viereck und Beverly sagt „Du hast ja tatsächlich Geschmack“. Ja. Nee. Echt? Weißnich. Auch das „Auf der falschen Straßenseite fahren im Affekt“. Hm. Ok.
    Aber eins was mir dann _wirklich_ aufgefallen ist. Warum hat Sean es nötig, sich am Computer einen von der Palme zu wedeln, wenn er doch angeblich mit Morning ins Bett geht? Ich weiß nich aber für mich ist sich einen runter holen in der Regel ein Zeichen dafür, dass man KEINEN Sex hat.
    Ich finde die Serie an sich recht lustig, es ist aber irgendwie ein ziemlich dicker Gimmick, der auch nur 7 Folgen hat, weil dann auf einmal keine Story mehr da war. Normal sind 13 Folgen, hier hat’s nur für die Hälfte gereicht.
    Überzeugt bin ich noch nicht von der ganzen Angelegenheit. Übrigens auch nicht von „Shameless“. Und „Californication“ lässt irgendwie grad auch ziemlich stark nach – alles Serien, die in die gleiche Kerbe schlagen. Poppen poppen poppen und schamlose Witze machen. Gott sei Dank haben sie jetzt wenigstens „2 1/2 Men“ abgesägt wo das schamlose Hollywood es einfach nicht lassen konnte, jahrelang einen offensichtlich Drogenabhängigen durchzuschleifen, weil die breite Masse ja willfahrig eingeschaltet hat ob der Unflätigkeiten (ja ich geb zu ich mag es auch, es ist schreiend komisch aber muss denn nicht irgendwo irgendwer sitzen, und sei es der Staatsanwalt in Colorado, um diesem Wahnsinnigen das Messer wegzunehmen und uns alle vor der „Idiocracy“ zu schützen?)

  9. Tobias sagt:

    Was ist denn hierzulande mit...
    Was ist denn hierzulande mit „Pastewka“?
    Überhäuft – zu Recht – mit Preisen, heissgeliebt von einer treuen Fan-Gemeinschaft, immer mal wieder bitter-böse und entlarvend, was den deutschen TV-Markt betrifft. Klar, auch manchmal nur Klamauk und Slapstick bis hin zur Zote. Aber eine Serie, die immer mal wieder gnadenlos die Zustände in deutschen TV-Anstalten aufs Korn nimmt gibt es hier doch auch.

  10. Katrin sagt:

    ""Episodes" hat keine...
    „“Episodes“ hat keine Off-Lacher aus der Konserve..“
    Meines Wissens haben das amerikanische Serien seit den 70ern sowieso nicht, weil sie live vor Publikum aufgezeichnet werden. Lediglich die deutsche Synchro pappt dann Konservenlacher drauf, wenn es Publikumsreaktion nicht auf getrennter Tonspur der Dialoge gab.

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