Ach, die Kollegen bei „Zapp“. Haben sich was einfallen lassen, wie man am besten bebildern könnte, dass in deutschen Medien gerade unablässig über den Eurovision Song Contest berichtet wird. Das hier nämlich:
„Heute kommt man im Vergleich [zu 1983, dem letzten ESC in Deutschland] mit dem Ausschneiden und Ausdrucken nicht mehr hinterher: 140 Artikel allein in den letzten zehn Tagen!“
Ja, irre. Und nächste Woche bringen wir „Zapp“ bei, dass es in diesem neumodischen Medium namens Fernsehen auch eine ganze Menge Grand-Prix-Berichte gab. Nur kann man die halt nicht so schön ausdrucken und nebeneinander legen. Kann man doch? Aber natürlich, das Fernsehblog macht’s möglich und verschriftlicht wieder die schönsten TV-Momente des Halbfinalzappings.
Oder wie hat es der verbitterte alte Mann Harald Schmidt gestern Abend in seiner Sendung formuliert? „Wer meint, das hier sei unfassbar öde und langweilig, der hat diese Woche nicht ARD-Vorabend gesehen.“ Doch, Harald, haben wir. Und gestern war’s auch gar nicht mehr so schlimm wie Anfang der Woche, wo sich die speichelleckerischen Journalisten alle vor Lena „in den Staub“ werfen mussten, obwohl sie doch viel höflicher zu Frank Elstner hätte sein sollen, der den Weltrekord im Dumme-Fragen-Stellen knacken wollte, aber permanent von ihr unterbrochen wurde.
Zumindest hat dem Fachautor für qualifizierte Meinungshäufchen bei „Meedia“ Lenas „Teilzeit-Zickentum“, ihre „kleinkarierte Korinthenkackerei“ und die Begeisterung der Journalisten (die Lenas „Kumpel“ sein wollen) dafür nicht gefallen: „Sie wird richtig pampig. Man kann es nicht anders beschreiben.“
Außer natürlich man schaut sich das, worüber man schreibt, vorher auch mal an. Und den ganzen Rest noch dazu. Dann kriegt man ziemlich schnell den Eindruck, dass es ganz hervorragend ist, wenn angesichts der tausend Sondersendungen und Interviews, die man als Kandidat beim ESC im deutschen Fernsehen zu erdulden hat, kein Püppchen sitzt, das immer bloß brav nickt – sondern jemand, der auch mal schlecht gelaunt oder genervt ist, wenn eine Frage zum hundertsten Mal gestellt wird, und nicht jedem Moderator um den Hals fallen muss, der einen als „Prinzessin von Deutschland“ ankündigt, aber nicht mal den Namen des Wettbewerbs richtig erinnert, dessen Spektakel er gerade in den höchsten Tönen lobt.
Wie gut, dass es Ina Müller gibt. Obwohl: da sind die Meinungen ja auch wieder gespalten.
Jedenfalls ist Müller dieses Jahr Präsidentin der deutschen Jury, die ja auch bei der Entscheidung mitmischt, und verriet am Donnerstag im ARD-„Morgenmagazin“ nicht nur, dass für sie und die Kollegen bei der Arbeit „Kaffee und Fisch“ serviert wurde („was ganz toll war“), sondern auch: „Ich finde, dass wir ganz toll Punkte vergeben haben.“ Da störte nicht mal „Moma“-Strumpfhosenschnüffler Frank Meyer, der in seinen Sonderberichten einmal statt der Düsseldorfer „Altstadt“ das Wort „Anstalt“ auf den Lippen hatte, als er vom „Gesicht“ des ESC (der Bühne) zum „Herz“ wechselte (den Fans im Euroclub).
Nachher, in der ARD-„Show für Deutschland“, bei der diesmal Frank Plasberg ranmusste, saß Müller gut gelaunt auf dem Sofa, brachte endlich ein bisschen Schwung in den Laden und erläuterte (nachdem sie die Balkontür zugemacht hatte, weil es draußen in der Halle so laut war): „Mein Körper und mein Geist wären nicht in der Lage, sich auf diese Bühne zu bewegen!“ Woraufhin Plasberg fragte: „Wenn man Ihnen da ’nen Tresen hinzimmert?“ Und Müller: „Dann ja.“
Fast vier Stunden später stand Anke Engelke zum Schluss des zweiten Halbfinals auch ohne Tresen ganz gut auf der Bühne, erklärte ausnahmsweise ohne ihre beiden Co-Moderatoren noch einmal die Regeln für die Abstimmung und meinte:
„Sie können auch eine Postkarte schicken – das hat zwar keine Auswirkung aufs Ergebnis. Aber wir lieben Postkarten.“
Vorher war Engelke bereits mit Stefan Raab beim Interview mit Plasberg – sie mit blutig geschminkter Nase, er schon wieder mit (scheinbar) ausgeschlagenen Zähnen, weil zuvor der Einspielfilm gedreht wurde, in denen die beiden sich während ihres hübschen Grand-Prix-Medleys aus Versehen gegenseitig ausknocken. Und Raab scherzte: „Anke meinte, ich hätte zuviel Text.“ Und Plasberg?
Der hatte auch zuviel Text, machte seine Sache im Ersten aber trotzdem gar nicht so schlecht, zoffte sich nicht mal mit der (schon wieder eingeladenen) Lena und bemühte sich gleich zu Beginn der Sendung um 18.50 Uhr gegenüber den Zuschauer klarzustellen, dass er weiß, worauf er sich hier eingelassen hat: „Ich verspreche Ihnen, Sie werden herrlich unnützes Zeug erfahren.“
Nach der „Tagesschau“ ging’s augenblicklich weiter, weil noch Zeit war bis zum Halbfinalstart, und Plasberg machte das, was er bei „Hart aber fair“ so lange einstudiert hat: Er moderierte einfach die Sendung von vorher nochmal. Guten Abend, meine Damen und Herren, „Sie werden hier schöne bekloppte Dinge erfahren“ – usw. usf.
Wenn Sie auch noch ein paar schöne bekloppte Dinge zum Song Contest beizutragen haben, kommentieren Sie! Oder schreiben eine Postkarte.
Screenshots: NDR, Das Erste
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Ich hätte aus dem (deutlich...
Ich hätte aus dem (deutlich schlechteren) 2. Halbfinale eigentlich nur Österreich und die LED-Wand ins Finale gewählt – aber mich fragt ja keiner. Bekloppt genug?
Nein, das war halbwegs...
Nein, das war halbwegs fundiert.
Im Familienrat fanden wir es...
Im Familienrat fanden wir es ja schade, dass es die Belgier nicht geschafft haben (wir lieben A Capella), aber das war wohl zu speziell. Sonst kamen die weiter, die wir nach den Songs erwartet hatten.
Leider konnten wir das erste Halbfinale nicht sehen, waren aber gestern vor allem von Anke Engelke sehr angetan. Mein Vorschlag: Schmeißt die anderen Moderatoren der Show raus und lasst es Engelke allein machen.
Die kann das!
Im Gegensatz zu Raab kommt sie charmant und lustig rüber (bei dem Postkartenzitat haben wir sehr herzlich gelacht, während wir die „Zwei Sachen, die nicht zusammen passen“ eher peinlich fanden).
Raab ist eben wie immer – ein wenig krachig. Und Frau Rakers ist vor allem hübsch. Aber reicht das schon als Moderationsqualität?
"verschriftlicht", ich krieg...
„verschriftlicht“, ich krieg mich nicht mehr ein. Versehentlich zu viel verngeseh’n?
Du versteh’n? Nix Schlager. Aber mal wieder was Gutes lesen.
Scott Mills bei der BBC rief...
Scott Mills bei der BBC rief Stefan Raab kurz vor Schluß zu: „Guck doch endlich mal in die Kamera!“
Da hat Raab den ganzen Abend über nur ein paar wenige Sätze zu sagen und dann muß er sie auch noch ständig ablesen. Einfach nur peinlich für den „believe it or not, he’s the most powerful man in German entertainment television“.
Armes Deutschland!
Harald Schmidt in diesem...
Harald Schmidt in diesem Kontext als verbitterten alten Mann zu bezeichnen, finde ich ziemlich daneben. Klar wirkt er hin und wieder etwas verbittert. Aber die gestrige Sendung war gut, er hatte sichtlich Spaß an seiner Show. Man sollte bei aller verständlichen Lena-Begeisterung nicht maßlos werden.
@Theo: Jemanden wie Schmidt,...
@Theo: Jemanden wie Schmidt, der gerade fast jede Woche Leuten, mit denen er mal zusammengearbeitet hat, derart arg eine wischt, als verbittert zu bezeichnen, finde ich völlig unabhängig vom Kontext passend.
Lenas Art hat mich schon immer...
Lenas Art hat mich schon immer gestört, nur hat sie sich in diesem Interview richtig verhalten. Elstner war einfach gar nicht vorbereitet und hat vollkommen belanglose Fragen gestellt.
War aber abzusehen, dass nachdem (von den gleichen Medien) Megahype jetzt „Lena kann nichts und ist auch noch arrogant“ kommt. Ist wohl eine dt. Tugend.
Engelke gefällt mir persönlich auch gut, schade, dass wir nicht mehr Moderatoren haben, die mehr als eine Sprache sprechen.
Man sollte aber auch nicht den Fehler machen und die Moderatoren zu hoch hängen. Die sind insgesamt unwichtig.
Das Frank-Lena-Interview ist...
Das Frank-Lena-Interview ist wohl auch deswegen so populär geworden, weil da gleich zwei Menschen unprofessionell agieren, von denen man es nicht erwartet hätte – und sie so unfreiwillig komisch vor sich hin dilettieren, dass man als Zuschauer davon noch unterhalten wird.
Man darf darüber aber nicht vergessen, dass Frank Elstner Großes geleistet hat und auf eine lange Karriere zurückblicken kann. Und Lena auf eine kleine. Von gestern sind sie aber beide.
Peer: Es wirkt aber jetzt so,...
Peer: Es wirkt aber jetzt so, als ob Sie irgendetwas gegen Harald Schmidt aus dem Hut ziehen, weil er vielleicht nicht ganz so begeistert von Lena ist wie Sie (und ihr Kollege Niggemeier). Das wäre dann in meinen Augen nicht sehr souverän.