Das Fernsehblog

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Von wegen sterbendes Medium: 225 Minuten sieht jeder von uns im Schnitt täglich fern. In diesem Blog stehen die Gründe dafür. Und die dagegen.

"TV Lab" bei ZDFneo, der erste Schwung: Panzerparken leicht gemacht

| 16 Lesermeinungen

Eine ganze Woche tanzt ZDFneo seinem Publikum im "TV Lab" vor, dass kleine Sender auch schöne Programme machen können. Zehn neue Sendungen sind eigens dafür produziert worden, am Ende stimmt das Publikum ab, welche tatsächlich in Serie gehen soll. Und im Fernsehblog steht vorher, was sich anzuschauen lohnt.

Eine ganze Woche tanzt ZDFneo seinem Publikum im „TV Lab“ vor, dass kleine Sender auch schöne Programme machen können. Zehn neue Sendungen sind eigens dafür produziert worden, am Ende stimmt das (bei zdf.de registrierte) Publikum ab, welche tatsächlich in Serie gehen soll.

Und weil das ZDF bekanntlich den richtigen Riecher hat, was junge Talente angeht, hat man in Mainz (nach Viva, MTV, Pro Sieben und der Sparkasse) Joko und Klaas verpflichtet, um die beiden auf einen Tisch in einen traurig beleuchteten Regieraum zu schrauben und sämtliche Macher der „TV-Lab“-Sendungen interviewen zu lassen. Dazu hat das Duo augenscheinlich nur so mittel Lust, ist aber schwer damit beschäftigt, den Weltrekord zu brechen, wie oft man in einer Anmoderation „Voten“ sagen kann, und lacht sich jedes Mal kaputt, wenn es daran erinnern soll, dass unter allen Teilnehmern eine Reise nach Berlin verlost wird (Berlin, Deutschland).

Bild zu: "TV Lab" bei ZDFneo, der erste Schwung: Panzerparken leicht gemacht

ZDFneo ist derweil mächtig stolz darauf, dass alle „TV Lab“-Sendungen neu entwickelt wurden und nicht im Ausland abgeguckt sind. Gut, das „TV Lab“ selbst ist im Ausland abgeguckt – aber weil es ja trotzdem eine schöne Idee ist, ganz viel neues Fernsehen auszuprobieren, begleitet das Fernsehblog das Projekt durch die Woche und verrät, was sich anzuschauen lohnt.

(Gegenmeinungen und Kommentare sind dringend erwünscht.)

„German Angst“
Genre: Wissens-Comedy, erste Einschätzung: läuft eventuell beim falschen Sender

Micky Beisenherz arbeitet beim Privatradio, hat schon die „Loveparade“ moderiert und das Buch „Bedienungsanleitung Mann – so macht Frau ihn funktionstüchtig“ geschrieben – insofern kennt er sich ganz gut aus mit Vorurteilen, schon was die Wahrnehmung der eigenen Person betrifft. In „German Angst“ will Beisenherz den tief sitzenden Ängsten seiner Mitbürger auf den Grund gehen, um anschließend die Luft rauszulassen. Fürs erste Mal hat er Grundschüler im Islamunterreicht besucht, sich erklären lassen, wie eine Moschee funktioniert, und ist mit Comedian Murat Topal saunieren gegangen – um herauszufinden, dass Moslems gar nicht alle Terroristen und Hassprediger sind.

Das ist eine schöne Erkenntnis. Für unterdurchschnittlich weltinteressierte RTL-2-Zuschauer. Zumal Beisenherz genau deren Geschmack treffen dürfte, wenn er als gebrochen Deutsch sprechender Moslem verkleidet in der Fußgängerzone Würstchen aus Schweinefleisch verkaufen will. Schnell den Senderwechsel anleiern, dann wird’s auch was mit der Fortsetzung. (Video ansehen.)

„Wie geil ist das denn?“
Genre: Comedy, erste Einschätzung: macht glücklicherweise kein Stück schlauer

Der Titel lässt Allerschlimmstes erahnen, aber dann steht da plötzlich Caro Korneli (von RTL schon mal mit den „TV Helden“ abgesetzt) und arbeitet sehr lustig, sehr schnell sprechend und sehr schlagfertig ihre Liste mit Dingen ab, die wir alle schon immer mal tun wollten, uns aber nie getraut haben: ein Lama anspucken, einen Callboy bestellen, mit Bernd Begemann einen Song schreiben, rückwärts mit einem Panzer einparken, jemanden tätowieren, eine Leiche anfassen – und so weiter. Das Herrliche an „Wie geil ist das denn?“ ist (außer Kornelis Klappe), dass sich die Sendung einen Dreck um den immanenten Weiterbildungs-Anspruch der Öffentlich-Rechtlichen schert – und stattdessen einfach unterhält. Hut ab! (Video ansehen.

„Neo Explorer“
Genre: Reisemagazin, erste Einschätzung: bisschen viel Wischerei

Sagt man überhaupt noch „interaktiv“? Ist das nicht mit dem Ende von „Hugo“ (Kabel 1 hab ihn selig) ausgestorben? Anne Herzlieb und Jan Frerichs haben trotzdem das „erste interaktive Reiseformat“ im deutschen Fernsehen erfunden. Als Alleinstellungsmerkmal hätte es natürlich auch „das inzwischen einzige Reiseformat im deutschen Fernsehen“ getan. Aber dass die beiden in „Neo Explorer“ ausschließlich Orte besuchen, die ihnen Freunde vorher per Facebook empfohlen haben, ist natürlich eine charmante Idee, einerseits. Andererseits aber auch bloß eine Gelegenheit, in Istanbul auf allen möglichen Plätzen möglichst angeberisch mit dem Ipad rumzusitzen und die Filmbeiträge auf dem Bildschirm Tablet-mäßig weiterzuwischen. Ein bisschen doof sieht’s auch aus, wenn erst Geheimtipps versprochen werden, „wo sich Touristen sonst nicht hintrauen“, man als Zuschauer im Ladenfenster aber gleichzeitig den Empfehlungsaufkleber des Reiseführer erspickt.

Ungewöhnliche Eindrücke aus der Stadt gibt’s dann doch noch in Hinterhofwerkstätten, Nachtclubs und Burgerläden zu sehen. Aber sind sich Herzlieb und Frerichs sicher, dass sie echt Fernsehen und nicht doch lieber eine schöne Videokolumne fürs Netz machen wollen? (Video ansehen.)

„Ausgekuschelt“
Genre: Puppen-Comedy, erste Einschätzung: ein Tick zu flauschig

Keine Frage, dem deutschen Fernsehen fehlt es an Redezeit für Stoff-Comedians. Ob der Hase Bernie von Flausch und seine Kumpel, ein Haufen ehemaliger TV- und Werbestars, das ändern können, ist aber unsicher. Dabei stimmt bei „Ausgekuschelt“ schon ziemlich viel: die Hintergrundgeschichte zum Beispiel, und die vielen kleinen Gastaufttritte (Alfred Biolek, Hennes Bender). Am Ende reicht es aber nicht, „Nutten“, „kotzen“ und „Sackgesicht“ zu sagen, um ein Programm für ein Publikum zu machen, das auch nach 22.30 Uhr aufbleiben darf.

Zumindest funktioniert „Ausgekuschelt“ eher wie Unterhaltung für Kinder, bei der nur das Vokabular ausgetauscht wurde. Alles ist immer nur auf den nächsten Gag getrimmt, eine tragende Handlung gibt es keine und die Protagonisten sind viel zu knuffelig und bunt geraten. Selbst in der zerzausten Version nimmt man ihnen die abgerockten Ex-Stars nicht wirklich ab (anders als zum Beispiel den „Mongrels“ der BBC). So geht das leider irgendwie nicht. Aber schön wär’s, wenn’s anders weiterginge. (Video ansehen.)

Gezeigte Sendungen: 4 von 10
Nächstes Format: Die Krimi-Comedy „Scharfe Hunde“ mit Thomas Heinze und Matthias Matschke, am Montag um 22.40 Uhr
Bisheriger Fernsehblog-Favorit: „Wie geil ist das denn?“

Screenshot: ZDFneo

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16 Lesermeinungen

  1. JMK sagt:

    Zu allem Zustimmung. German...
    Zu allem Zustimmung. German Angst ist fremdschämen pur. „Wie geil ist das denn“ bietet eine gute Idee, die mM aber kaum für je 30 Minuten und über einen längeren Zeitraum funktioniert. Selbes gilt für „Ausgekuschelt“. Martin Reinl macht das schon ganz gut, aber es dürften gerne mehr böse Anspielungen aufs Fernsehen kommen und das Format trägt in der Form nicht über 30 Minuten. Neo-Explorer ist im Grunde nichts anderes als mit „80000 Fragen um die Welt“, nur in der pseudo-hippen, konfusen Variante.

  2. Chica sagt:

    Ich fand "Ausgekuschelt!"...
    Ich fand „Ausgekuschelt!“ super – die Figuren (Kuscheltiere?) waren sympathisch/ bemitleidenswert (das schreit förmlich nach Merchandising, und das ist ja heute auch extrem wichtig!), es gab eine Handlung (zwar irgendwie vorhersehbar, aber trotzdem sympathisch) und es bietet auf jeden Fall Stoff für Fortsetzungen. Frecher/ politischer/ fernsehkritischer darf’s natürlich gerne sein, aber man darf ja nicht sofort alle Trümpfe ausspielen.
    Bei „German Angst“ fand ich die Idee eigentlich ganz nett und auch die Umsetzung, nur ich glaube das Format trägt sich nicht über mehr als 10 Folgen (wenn man überhaupt so weit kommt). Wie viele angsteinflößende Minderheiten kann es denn geben? Dann landet man irgendwann wieder bei dem öden „Was Sie schon immer über Frauen/ Männer wissen wollten“ Blabla – insofern habt ihr natürlich Recht mit der Einschätzung, dass das Format bei RTL 2 (oder im ProSieben Vorabend?) gut aufgehoben sein könnte (Verhandlungen sind ja wohl nicht ausgeschlossen, wenn das Format, wie derzeit zu erahnen, nicht gewinnen sollte, oder?)

  3. Frank sagt:

    Kann dem Artikel fast komplett...
    Kann dem Artikel fast komplett zustimmen. Nur „Wie geil ist das denn!?“ sehe ich nicht so weit vorne. Dafür sind 30 Minuten einfach zu viel. Sehe es eher als die Rubrik, die es nicht in Kuttners Bambule geschafft hat.
    neoXplorer wirkte mir auch irgendwie zu unmotiviert, der Finger bei den Überblendungen nervte und einiges wirkte auch gestellt … wie finden die den Bruder von dem einen Typen nur mit Hilfe des Namens? Außerdem war, dank VJ Einsatz, oft die Schärfe oder Blende der Aufnahmen nicht richtig gesetzt, was die DSLR-Hochglanzoptik irgendwie zerstörte.
    Bei „German Angst“ blieb bei mir auch nicht viel hängen, bzw. was die Sendung aussagen wollte, als das, was man ohnehin schon weiß? Vorurteile hat es irgendwie nicht genommen. :/
    Und bei „Ausgekuschelt“ geh ich mit, dass es unterhaltsam war und durch die Verknüpfung der Handlungsstränge auch rund wirkte – danach aber auserzählt wirkte. Ich würde – unter den aktuellen Bedingungen – wohl eher beim Zappen hängen bleiben, als bewusst einzuschalten. Ähnlich wie damals beim Haselhörnchen, bei dem es mir damals ähnlich ging.

  4. Gerhard Z. sagt:

    'Wie geil ist das denn' heißt...
    ‚Wie geil ist das denn‘ heißt im englischen Original ’99 Things To Do Before You Die‘. Also, keine wirklich orginaer deutsche Idee. Aber auch das Original war bereits sehr kurzweilig.

  5. Frank sagt:

    @Gerhard Z.

    Ich musste an...
    @Gerhard Z.
    Ich musste an „The Bucket List“ denken. 😉 Leider war’s weitaus weniger spektakulär.
    Einige Sachen habe ich der Caro auch nicht abgekauft, so eigentlich alles in der Bar. Das Geld kam vom Produzenten, der Typ, der sie angemacht hat, wirkte auch eher gepsielt.

  6. Andi sagt:

    Mainzelmännchen, die im ZDF...
    Mainzelmännchen, die im ZDF mit 100-Euro-Scheinen ein Auto polieren und laut nach Nutten rufen, sind schon ziemlich weit vorne. Die Cameos waren auch sehr schick, und Pointen, die völlig aus dem Nichts einschlagen, machen auch Durststrecken vergessen.
    Laufzeit auf 20 Minuten kürzen und dann mehr davon!

  7. Kat sagt:

    Ich bin für Moviacs (oder so...
    Ich bin für Moviacs (oder so ähnlich). Das Filmmagazin mit den Eiern ^^

  8. U. sagt:

    Ätsch, ich habe schon alle 10...
    Ätsch, ich habe schon alle 10 Sendungen vorgestellt! Bezüglich „Ausgekuschelt“ bin ich ganz Andis Meinung, es fing zwar recht brav an, steigerte sich dann aber doch enorm! Die Abstimmung beim TVLab verläuft in meinen Augen gerade etwas merkwürdig, da sind wohl ein paar Fanclubs mobilisiert worden?

  9. Ich sagt:

    Ein Filmmagazin!!! Ein...
    Ein Filmmagazin!!! Ein FILM-MAGAZIN IM TV!!! Dass ich das noch erleben darf… Vielleicht gibt es irgendwann auch nochmal ein neues Musik-Magazin. Oder vielleicht eine Sendung über Computer und Internet. Was Nerds halt so interessiert. Mannomann. Aber erstmal eine ADHS Patientin beim Panzer-Einparken zeigen. Es mangelt eher an der Umsetzung alter Ideen als an der Entwicklung neuer.

  10. viewer sagt:

    Joko & Claas nerven nur noch...
    Joko & Claas nerven nur noch mit ihrer arroganten Attidtüde. Ich war mal ein Fan, jetzt verlieren sie jeden Abend aufs Neue mit ihrem lustlosen Gekicher, dem fehlenden Respekt vor den Machern und dem immer gleichen Witz, dass es nur eine Reise nach Berlin zu gewinnen gibt.

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