Das Fernsehblog

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Von wegen sterbendes Medium: 225 Minuten sieht jeder von uns im Schnitt täglich fern. In diesem Blog stehen die Gründe dafür. Und die dagegen.

Reden wie Markus Schächter: Das Finale

| 5 Lesermeinungen

In dieser Woche hat Markus Schächter seinen letzten Arbeitstag als ZDF-Intendant. Damit sein Nachfolger gleich weiß, was von ihm erwartet wird, hat das Fernsehblog eine Übersicht von Schächters schönsten Abstraktheiten und Grundsatzmetaphern zusammengestellt. Die Übersetzungen stehen zur Sicherheit gleich dahinter.

„Häufig war das, was er erklärte, sehr abstrakt, falsch war es nicht“, schrieb die „Süddeutsche“ im vergangenen Jahr über ihn. In dieser Woche hat Markus Schächter seinen letzten Arbeitstag als ZDF-Intendant. Damit sein Nachfolger gleich weiß, was von ihm erwartet wird, hat das Fernsehblog eine kleine Übersicht von Schächters schönsten Abstraktheiten und Grundsatzmetaphern der vergangenen Monate zusammengestellt. Die Übersetzungen stehen zur Sicherheit gleich dahinter.

Bild zu: Reden wie Markus Schächter: Das Finale

„Kernprodukt Bewegtbild“: Fernsehen

„Ein Hagelschlag, der uns hart trifft“: Sparvorgaben der KEF

„Die goldenen achtziger Jahren, als die finanzielle Ausstattung deutlich besser war und fast alles möglich schien“: Vergangenheit

„Die digitale Welt 2“, „eine sich noch schneller drehende digitale Zeit“: Abschaltung des analogen Satellitensignals

Markus Schächter über… den Sender

„Eine führende Adresse im Erzählfernsehen für Zuschauer zwischen 30 und 69“, „in der Prime Time zwischen 19 und 23 Uhr die Nummer eins in Deutschland“, „Markt- und Meinungsführer“, „ein stabilisierender Faktor in der Gesellschaft „, „Programm für die Mitte der Gesellschaft, zu der längst wieder die jungen Alten zählen“, „international aus Effizienzgründen ein engagierter, aber auch gefragter Kooperationspartner“, „ein technologisches Multiplattform-System“, „größter Einzelauftraggeber für die deutsche Produzentenlandschaft“, „Stichwortgeber und Standardformulierer für Fernsehen heute“, „ein vernünftiger Sender“: ZDF

„Enges Korsett der Ein-Kanal-Welt“, „babylonische Gefangenschaft des analogen Einkanalsenders“: Zeit vor der Gründung der ZDF-Digitalkanäle

„Talenthaus“, „Ideenlabor“, „ein wichtiger Eckpfeiler, der schon nach kurzer Zeit die erhofften Erfolge einfährt“: ZDFneo

„Spiegelbild eines veränderten Kultur- und Lebensgefühls, das Hoch- und Popkultur miteinander verbindet“: ZDFkultur

„Content-Profis“, „Spezialisten für Bewegtbild“: ZDF-Programmmacher

„Zuschauer-Fernsehen“: ZDF-Programm

„Branchenweit anerkannte Qualitätsprogrammierung“: ZDFneo-Programm

„Eine erste Erfolgsspur auf der schwierigsten Baustelle, die wir haben“: Zugewinn junger Zuschauer bei ZDFneo

„Hauptprogramm und Nebenprogramm müssen in der digitalen Welt in ihrer notwendigen Ergänzungsfunktion für unterschiedliche Zielgruppen gesehen werden“: ZDFneo-Zuschauer sind jünger als ZDF-Zuschauer

„Einer der schönsten Jobs, den diese Republik zu bieten hat“, „eines der spannendsten, schönsten und bisweilen forderndsten Ämter, das man sich in der Medienwelt überhaupt nur vorstellen kann“: ZDF-Intendant

Markus Schächter über… Internet

„Wer nicht ins Netz geht, geht ins Museum“: Plädoyer dafür, das ZDF ins Internet zu lassen, wo es schon ist

„Das Netz geht mit dem Schirm ins Wohnzimmer“, „das neue Paradigma“, „Hybridfernsehen ist übermorgen da“: internetfähige Fernsehgeräte

„Eine Mischung aus Browser und Verlinkung“: Apps

Markus Schächter über… das Programm

„Breimteim“, „die Zeit, die mehr zählt als andere Zeiträume“, „kein Bügelfernsehen“: Hauptsendezeit

„Ein öffentlich-rechtlicher Auftrag, in dessen Rahmen wir viele Angebote machen, die nicht mit dem Ziel der Marktführerschaft verbunden sind“: langweilige ZDF-Sendungen

„Säulen, auf denen unser Erfolg aufbaut“: Nachrichten, Dokus, TV-Movies

„Events mit großer Strahlkraft, die ein großes Publikum am Bildschirm zusammenbringen“: Sportübertragungen

„Markenfernsehen von gestern [ist] – wenn es modernisiert wird – immer auch Fernsehen von morgen“: etablierte Sendungen wie „Wetten dass..?“ und „Terra X“

„Es [wäre] nicht klug gewesen wäre, jemand Neues in die Arena zu schicken, solange die Sonne des Allergrößten noch am höchsten stand“: Ausrede für die ewig dauerende Nachfolgedebatte bei „Wetten dass..?“

„[Es ist besser, mit der Bekanntgabe eines Nachfolgers zu warten] bis der Titan geerdet ist“: Gottschalk soll im Ersten auf die Nase fliegen, dann motzen nicht mehr so viele über Markus Lanz

Markus Schächter über… Zahlen

„Wer vor leeren Häusern spielt, macht Fehler“: Ausrede für die Quotenfixierung des ZDF

„eine stabilere und berechenbarerer Perspektive“, „für viele überraschend reibungslos in den Parlamenten genehmigten Modellwechsel von der Gebühr auf den Beitrag“, „außerordentlich breit angelegte Architektur der Rundfunkfinanzierung“: neues Gebührenmodell

„Priorisierungsprozess, in dessen Rahmen wir für die kommenden Jahre definieren, an welchen Stellen Leistungen reduziert werden oder ganz entfallen können“: sparen

Markus Schächter über… andere

„Sieger am Nachmittag“, „Sieger in den neuen Bundesländern“: RTL

„aggressiv-zynisches Scripted-Reality-Programm“, „extrem monochromes Formatprogramm am Abend“: Erklärung für den Erfolg von RTL

„Die großen Räder der finanziellen Synergien, die sich manch einer wünscht, sind längst erfunden“: Ausrede dafür, nicht stärker mit der ARD zu kooperieren

„Schützengräben der Vergangenheit“: Streit mit den Verlegern

„Wer nicht aufpasst, für den ist die Erosion des Hauptprogramms auch die Erosion des Unternehmens“, „In der digitalen Welt herrscht der Imperativ“: Konkurrenz

„billige Polemik von Programmplanern, die mit Unbehagen mit ansehen müssen, dass man mit qualitativ hochwertigen undpublizistisch auffälligen Programmen das Publikum auf seine Seite ziehen kann“: Kritik von Privatsendern am ZDF

Markus Schächter über… sich

„Ich habe mir die Freiheit genommen zum Schluss, die Freiheit zu haben, heute zu entscheiden, was heute zu entscheiden ist“, „ureigene Entscheidung aus freien Stücken, die ich als Option mit meinen wichtigen Ansprechpartnern auch seit langem immer wieder erörtert habe“: freiwilliger Abtritt als ZDF-Intendant

* * *

Als die „Berliner Zeitung“ neulich fragte, was sein Nachfolger Thomas Bellut besser könne als er, antwortete Schächter: „mit der Öffentlichkeit umgehen“. Stimmt. Wird aber deshalb nur noch halb so lustig sein.

(Ältere Ausgaben stehen hier.)

Quellen: Allgemeine Zeitung Mainz, Berliner Zeitung, dapd, F.A.Z., Focus, Frankfurter Rundschau, Funkkorrespondenz, Handelsblatt, Journalist, Medientage München 2011 (Mediengipfel vom 19.10.2011), Promedia, Süddeutsche Zeitung, Tagesspiegel, ZDF-Pressekonferenz vom 28.4.2011.

Foto: ZDF

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5 Lesermeinungen

  1. arahf sagt:

    "Wer nicht ins Netz geht, geht...
    „Wer nicht ins Netz geht, geht ins Museum“
    Man kann sagen was man will, aber der ist classic :p

  2. Schächter hatte auch da, wie...
    Schächter hatte auch da, wie so oft, unrecht, denn es heißt: Wer nach dem Netz greift, kommt durch das Netz um.

  3. nona sagt:

    Nicht dass was daran...
    Nicht dass was daran auszusetzen wäre, öfter mal ins Museum zu gehen, ganz im Gegenteil.

  4. TOPCTEH sagt:

    Das tut beim Lesen weh, soviel...
    Das tut beim Lesen weh, soviel Bullshit-Bingo aus einem Paralleluniversum komprimiert zu sehen. Meine Synapsen müssen sich jetzt erst einmal wieder entwirren. Bitte das nächste Mal einen Disclaimer am Anfang einfügen!

  5. alex sagt:

    Oha, der ist gut, lieber...
    Oha, der ist gut, lieber Markus Schächter „“Eine führende Adresse im Erzählfernsehen für Zuschauer zwischen 30 und 69“. Das mit den Altersangaben ist wohl Wunschdenken. Die Zahl liegt wohl eher bei 59 bis 89 ;)))

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