Das Fernsehblog

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Die Anti-Telenovela: Filmpool erklärt den Erfolg von "Berlin Tag & Nacht"

| 20 Lesermeinungen

Mit Marktanteilen bei den jungen Zuschauern, die deutlich über 10 Prozent liegen, ist "Berlin Tag & Nacht" der größte RTL-2-Erfolg seit Jahren. Vor allem junge Zuschauer schalten ein. Im Fernsehblog schildert Filmpool-Produzent Vittorio Valente, wie sich die Scripted-Reality-WG vom Beinahe-Flop zum Vorabend-Renner entwickelt hat.

Mit Marktanteilen bei den jungen Zuschauern, die deutlich über 10 Prozent liegen, ist „Berlin Tag & Nacht“ der größte RTL-2-Erfolg seit Jahren. Produziert wird die Fernseh-WG von Filmpool, das sich in den vergangenen Jahren zum Scripted-Reality-Spezialisten entwickelt hat („Familien im Brennpunkt“, „Verdachstfälle“, „Verklag mich doch“). Bei BTN spielen keine professionellen Schauspieler, sondern ausschließlich Laien in ausgedachten Geschichten – aber oft auch nicht schlechter als so mancher „GZSZ“-Kollege.

Im Fernsehblog erklärt Filmpool-Produzent Vittorio Valente, wie „Berlin Tag & Nacht“ zum Erfolg geworden ist.

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1. Die Anti-Telenovela-Strategie

Im Vorabend von RTL 2 haben die Protagonisten keine Schmetterlinge im Bauch, sondern Ganzkörpertätowierungen; sie sind auch nicht verliebt in Berlin, sondern süchtig nach Party; und statt der Hand aufs Herz legen die meisten lieber den Finger in die Wunde und streiten lautstark mit ihren Mitmenschen. Die Zeit der Telenovela-Märchenerzähler und Wohlfühl-Soaps scheint endgültig vorbei zu sein. Für die Zuschauer von BTN soll alles möglichst so aussehen wie in ihrem eigenen Leben. Was in den Szenen passiert, haben sich Autoren ausgedacht, exakte Dialoge sind aber nicht vorgegeben. Stattdessen wird improvisiert. Valente sagt: „Am besten wäre es, wenn der Eindruck entsteht: Das ist quasi live, was da passiert – aber nicht, weil wir die Zuschauer täuschen wollen, sondern weil diese Machart eine besondere ist: dass man das Gefühl hat, am Leben der Protagonisten teilzuhaben.“

2. Ausprobieren und lernen:

„Wir haben bei ‚X-Diaries‘ zum ersten Mal versucht, in einem Real-Entertainment-Format Geschichten über mehrere Folgen zu erzählen. Das hat gut funktioniert“, erklärt Valente – auch wenn es in der zweiten Staffel einen deutlichen Quotenknick für die prolligen Urlaubs-Storys gab. (Und vorher schon deutliche Kritik von Jugendschützern.) Letztlich entstand aber aus „X-Diaries“ die Idee, eine Serie zu konzipieren, deren einzelne Folgen nicht mehr in sich abgeschlossen sind. Der jetzige Erfolg von BTN hat wiederum Einfluss auf die nächste „X-Diaries“-Staffel: „Wir wollen künftig auch bei ‚X-Diaries‘ Geschichten erzählen, die über eine Woche hinausgehen“, sagt Valente.

3. Social Media ist die beste Marktforschung

„Berlin Tag & Nacht“ ging ohne vorherige Marktforschung auf Sendung, die Quoten waren mies, aber auf Facebook sammelte die Fernseh-WG derart schnell Fans, dass ihr eine schnelle Absetzung erspart blieb. Aus dem sozialen Netzwerk heraus entwickelte sich BTN dann zum Hit mit insgesamt 1,7 Mio. „Gefällt mir“-Fans, die entweder den Fernseher einschalten oder die Folgen bei rtl2now.de sehen. Gleichzeitig funktioniert Facebook als idealer Rückkanal für die Macher: „Wir nehmen das ernst, wenn besonders viele Leute bei Facebook auf einen bestimmten Eintrag reagieren“, sagt Valente. Ohne solche Rückmeldungen könne es passieren, dass man als Programmmacher auch mal an der Lebenswelt seiner Zielgruppe vorbeierzähle. Am höchsten sind die Marktanteile bei den 14- bis 19-Jährigen. „Was ein Jugendlicher mit 14 oder 15 Jahren täglich unternimmt, spielt ja nicht immer in der Realität des Autors eine Rolle. Über Facebook kriegen wir das aber regelmäßig gespiegelt.“

4. Jeder spielt, was er kann

Wozu Schauspieler beschäftigen, wenn auch Laien überzeugen – indem sie einfach sie selbst sind? „Wir haben uns Leute rausgepickt, die schon in anderen Formaten gespielt haben, und an die wir geglaubt haben. Wir haben mit ihnen gearbeitet, um herauszufinden: Was bringen sie mit? Was können sie leisten? Wo sind die Stärken und die Schwächen?“, erklärt Valente. Schauspielern ist bei „Berlin Tag & Nacht“ strikt verboten. „Das ist immer noch ein Job, für den man sich ausbilden lassen muss.“ Die BTN-Protagonisten sollen nur das darstellen, was sie auch wirklich glaubhaft können. Um tiefgründige Romanzen zu erzählen, wäre Sympathenschluffi Ole vermutlich nicht so geeignet – aber den Versuch, als Schlagersänger Karriere zu machen, nimmt man ihm problemlos ab. „Ole hat tatsächlich ein Faible für diese Schlagerwelt. Er weiß selbst, dass er nicht der beste Sänger ist. Er hat trotzdem Spaß dran und muss sich dafür nicht verstellen. Solche Figuren kann man sich nicht ausdenken“, sagt Valente. Um bei „Berlin Tag & Nacht“ dabei zu sein, haben sich die meisten Hauptdarsteller eine Auszeit von ihren richtigen Jobs genommen – Filmpool zufolge „im Einvernehmen mit ihren Arbeitgebern und Familien“.

5. Ein kleines Budget ist voll ok

Bei BTN gibt es nur ein, zwei Kameras,keine Außendrehs, die aufwändig vorbereitet werden müssen, und kein teures Studio. „Kulissen interessieren uns nicht. Wenn wir im Club drehen, dann während des laufenden Betriebs. Das macht es günstiger, vor allem aber: viel authentischer“, erklärt Produzent Valente. Das ist etwas schwieriger geworden seitdem die Darsteller von den Zuschauern auf der Straße erkannt werden, aber immer noch ein großer Vorteil, um die Ausgaben gering zu halten. Die Frage ist nur, wie lange es dauert, bis die ersten nach höheren Gagen fragen. Valente sagt: „Es ist kein Geheimnis, dass wir nicht das Budget zur Verfügung haben, mit denen Daily Soaps gedreht werden. Das wussten unsere Darsteller von Anfang an.“

6. Andere Länder haben auch große Städte

Nach dem Erfolg in Deutschland sind Sender im europäischen Ausland auf „Berlin Tag & Nacht“ aufmerksam geworden. Zu konkreten Projekten will sich Valente derzeit nicht äußern – aber vielleicht gibt’s bald „Day & Night“-Ableger bei unseren Nachbarn. Außerdem wird spekuliert, dass fürs deutsche Publikum ein Ableger in einer anderen Großstadt produziert werden könnte. Filmpool-Produzent Valente sagt: „Wir haben definitiv noch keine Wohnung in Köln angemietet.“

Foto: RTL 2

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20 Lesermeinungen

  1. Klaus sagt:

    Sorry: I'm too old for that...
    Sorry: I’m too old for that shit.

  2. Klopfer sagt:

    Schämt sich der Produzent...
    Schämt sich der Produzent wenigstens ein bisschen für diesen Müll? Ein kleines bisschen?

  3. werner sagt:

    Trotzdem schlecht...Die...
    Trotzdem schlecht…Die meisten Laien spielen im Endeffekt ja doch wie laien, von wegen „sie sollen nicht schauspielern“, das was da gemacht ist doch die Definition von Schauspielern (schlechtem in dem Fall). Solch eine dümmliche Aussage…

  4. pschader sagt:

    Oh, Tag der undifferenzierten...
    Oh, Tag der undifferenzierten Kritik heute? Es bringt nichts, zu fragen, ob wir das mal konkret an der Sendung festmachen könnten, oder? Ich bin kein großer „X Diaries“-Freund, aber „Berlin Tag & Nacht“ ist einfach nur eine spannender hergestellte Soap-Alternative, finde ich. Und jetzt wieder Sie.

  5. K. Nickel sagt:

    @Peer
    Die Qualität dieses...

    @Peer
    Die Qualität dieses Formates ist in meinen (und offenbar auch in den Augen vieler anderer) so unterirdisch, da darf man das so auch schonmal in einer derartigen Vehemenz und Deutlichkeit äußern.
    Und das gerade du als Medienjournalist dieses Greuel an Fernsehunterhaltung
    als „spannende Alternative“ bezeichnet, lässt mich sprachlos zurück. Kann eigentlich unmöglich ernst gemeint sein, diese Aussage.

  6. pschader sagt:

    @K. Nickel: Sie verteidigen...
    @K. Nickel: Sie verteidigen Generalverurteilungen als mit einer Generalverurteilung? Das ist mir ein bisschen zu billig. Dass man Scripted Reality als solches auch kritisch sehen kann, ist keine Frage und auch schon öfter geschehen. Aber lediglich um bekannte Reflexe zu bedienen, ist mir der Platz hier dann doch ein bisschen zu schade. (Mein „spannend“ bezog sich übrigens implizit auf die Herstellung, wie oben zu lesen ist, weil das Verfahren bei anhaltendem Erfolg wohl auch Druck auf die Daily Soaps mit sich bringen wird.)

  7. Michael sagt:

    Danke für diesen Fernsehtipp...
    Danke für diesen Fernsehtipp aus der untersten Schublade (Zitat Kalkofe, heute auf Facebook: Es führt den Begriff ‚Kackfernsehen‘ (…)in ungeahnte Dimensionen“)
    Ich halte es außerdem für äußerst fragwürdig und diesem Blog nicht angemessen, wenn solchen Schundproduzenten, die ich maßgeblich dafür verantwortlich mache, dass die Deutschen immer dümmer und das Fernsehen immer schlechter wird, so unreflektiert Raum gegeben wird.
    Weiterhin sehe ich es äußerst kritisch, dass anscheinend kaum redaktioneller Inhalt in diesem Text vorhanden ist, sondern der Schundproduzent einfach mal schreiben konnte, wie geil doch sein „Real Entertainment Format“ ist. Und natürlich RTL 2.
    Das ist keine spannend gemachte „Soap-Alternative“, sondern billig produzierter, hingerotzter, stereotyper Fernsehmüll für Leute mit einem IQ, der gegen Zimmertemperatur tendiert.
    Mal wieder ein Niveautief in diesem Blog…

  8. pschader sagt:

    @Michael: Und nachdem Sie...
    @Michael: Und nachdem Sie diese wohlformulierten Sätze losgeworden sind, fühlen Sie sich besser als die Zuschauer und Macher von BTN? Nicht übel, diese Autosuggestion. (Ich würde dann die Freischaltung weiterer solcher Kommentarbeispiele einstellen – es sei denn, es kommt noch jemand mit was Konkretem, über das wir diskutieren können.)

  9. mathepauker sagt:

    @ Peer Schader: Sie finden,...
    @ Peer Schader: Sie finden, Berlin – Tag & Nacht sei »einfach nur eine spannender hergestellte Soap-Alternative«. Geht es Ihnen da nur um die Herstellung? Am 15. Dezember 2011 schrieben Sie nämlich noch: »Eigentlich ist Berlin Tag & Nacht nichts anderes als ein billigere Soap, die ein bisschen nach Doku aussieht und mit exakt den Charakteren arbeitet, die – wenn es sie denn wirklich gäbe – jederzeit ins Big Brother-Haus einziehen könnten.« Das ist wohl mehr auf den Inhalt bezogen und klingt wenig schmeichelhaft.

  10. Michael sagt:

    @Peer:
    Anscheinend ist Ihnen...

    @Peer:
    Anscheinend ist Ihnen selbst nicht wohl bei diesem Artikel, sonst würden Sie inhaltlich auf meine Kritik eingehen.
    Alleine auf unhaltbare Mutmaßungen über meine Motivlage abzustellen zeigt m. E. nur, dass Sie der Kritik nichts entgegen zu bringen haben.
    Schade!

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