Das Fernsehblog

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Von wegen sterbendes Medium: 225 Minuten sieht jeder von uns im Schnitt täglich fern. In diesem Blog stehen die Gründe dafür. Und die dagegen.

Lothar-Matthäus-Soap bei Vox: Raus! Jetzt!

| 10 Lesermeinungen

Matthäus hätte gut daran getan, der Produktionsfirma alles zu verbieten, was die von seinem Leben auf Band hat – aber nicht, weil es so brisant oder peinlich wäre. Sondern unfassbar öde. Mit letzten Kräften hat Vox noch versucht, "Lothar – immer am Ball" halbwegs sendbar zu machen. Nach der ersten Folge muss man sagen: vergeblich.

Wir leben in einer Fernsehzeit, die das Scheitern abgeschafft hat – weil immer, wenn irgendwo im Programm eine Quotenkurve nach unten zeigt, ein Privatsendermanager oder gleich eine ganze Intendantentruppe damit loslegt, die jeweilige Sendung auseinanderzuschrauben, in ihre Einzelteile zu zerlegen und abzuwracken. Dass das schon losgeht, bevor es überhaupt eine Quote gibt, ist neu – aber im Falle der Vox-Promi-Soap „Lothar – immer am Ball“ auch grundsympathisch: Wann sonst geben Programmverantwortliche schon mal zu, dass sie den von ihnen in Auftrag gegebenen Quatsch selbst nicht gut finden?

Vox-Chefredakteur Kai Sturm hat’s getan (und ist dann wieder zurückgerudert). Dass sein Sender die Reihe nun trotzdem ausstrahlt, ist quasi eine Aufforderung ans Publikum, sich davon zu überzeugen, unter welch schwierigen Umständen Promi-Soap-Kamerateams in Deutschland ihre Arbeit verrichten müssen.

Fast täglich von einem in die Klatschspalten gefallenen Ex-Fußballer aus dessen Dunstkreis herauskomplimentiert zu werden, damit der sich mit seiner neuen Dessous-Modelfreundin zu Ende streiten kann, geht irgendwann auch dem abgebrühtesten Fernsehprofi an die Nieren. Zu beneiden ist das Team, das Vox seinem Vertragspartner an die Fersen geheftet hat, also nicht: „Nach dem dritten Bier schmeiß ich sie raus“, sagt Matthäus im Gespräch bei einer Berlinale-Party über die Fernsehtypen, die direkt daneben stehen und mitfilmen. Als er Spiegeleier zum Frühstück vorbereitet, motzt er: „Ich muss mich da konzentrieren, ich kann jetzt keine Interviews geben.“ Als die Eier misslingen und das Dessous sich beschwert, ruft er zornig: „Können wir mal aufhören?“ (Video ansehen.) Und im Skiurlaub-Hotel erklärt er vor laufender Kamera dem Dessous, dass sie heute mit Unfreundlichsein dran ist: „Raus! Jetzt!“

Bild zu: Lothar-Matthäus-Soap bei Vox: Raus! Jetzt!

So gesehen haben die Kollegen von Eyeworks endlich einmal die gerechte Strafe für „Schwiegertochter gesucht“ kassiert. Vor allem diejenigen, die nachher aus den Aufnahmen eine in irgendeiner Art zusammenhängende Sendung tackern mussten. Sowas wünscht man seinem ärgsten Feind nicht.

Das Problem war offensichtlich, dass Matthäus seine Ankündigung ernst meinte, er wolle sich in der Vox-Sendung den Zuschauern so präsentieren, „wie ich wirklich bin, und nicht, wie ich häufig dargestellt werde“.

Also nicht als trauriger Ex-Star, der schlecht Englisch spricht, keinen gescheiten Trainerjob mehr kriegt, sich alle paar Jahre eine neue Schnalle angelt, für die er eine Partyeintrittskarte auf zwei Beinen ist. Sondern als trauriger Ex-Star, der sehr lange über die Ordnung der Joghurts in seinem Kühlschrank doziert; der von den vielfältigen Herausforderungen seiner Lehre als Raumausstatter erzählt („Bolsdern, Dekoradzion, Deppich verlegen, Dapezieren“) und davon, wie ihn Franz Beckenbauer zum Frühstücker gemacht hat; der beim Treppengehen die Stufen mitzählt; für den Partnerinnen wie Mitspieler und Beziehungen wie Fußballspiele sind; und der, wenn er Roberto Blanco trifft, erst einen sehr schlechten Scherz über dessen Krawatte reißt und dann „Ein bisschen Spaß muss sein“ anstimmt.

Matthäus hätte gut daran getan, der Produktionsfirma alles zu verbieten, was die von seinem Leben auf Band hat – aber nicht, weil es so brisant oder peinlich wäre. Sondern so unfassbar öde. Mit letzten Kräften hat Vox noch versucht, „Lothar – immer am Ball“ halbwegs sendbar zu gestalten. Die Redaktion hat eine witzig gemeinte 3D-Fußball-Joghurt-Animation bestellt und ein paar Mal versucht, die dramatisch irrelevanten Ereignisse ironisch zu brechen, um es nicht selbst zu müssen. Aber das kann natürlich nicht funktionieren, wenn der Porträtierte immer noch eins draufsetzt (obwohl er’s in den seltenen Fällen merkt).

„Auch Antworten, die man nicht gegeben hat, werden nachher so zusammengeschnitten, dass es schlecht aussieht“, lautet eine Weisheit, die Matthäus in seiner langen Karriere als Klatschspaltensurfer zugeflogen ist. Vielleicht war es eine List von ihm, sich auf diese Sendung einzulassen: damit sich nach dieser Überdosis Lothar aus Angst vor den möglichen Antworten in nächster Zeit kein Boulevardreporter mehr traut, überhaupt noch Fragen zu stellen

„Lothar – immer am Ball“ läuft ab sofort sonntags um 23.15 Uhr, je nach Quotenkurventendenz bis zu 6 Folgen lang.

Foto: Vox

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10 Lesermeinungen

  1. ??? sagt:

    "Das Dessous" - herrlich! Ich...
    „Das Dessous“ – herrlich! Ich habe es bei SPON leider nicht durchgehalten, die gesamte Ode an die Position des Joghurts im Kühlschrank durchzulesen, die Uhrzeit ist etwas ungünstig und das Dessous äußerst unsympathisch, insoweit weiß ich nicht, ob ich da tatsächlich mal einschalte. Aber die Kritiken waren schon allesamt sehr unterhaltsam. Und da sich Lodda offenbar nicht doch noch überraschend als verkannter Intellektueller outet, entgeht einem zumindest kein großartiges Ereignis, wenn man sich auf das Lesen von Artikeln wie diesem hier beschränkt.

  2. nnier sagt:

    Dann aber wieder ist es eine...
    Dann aber wieder ist es eine der leichteren Übungen, sich über Lothar Matthäus lustigzumachen. Ob man dazu seine Lebensgefährtinnen als „Schnallen“ bezeichnen und gewisse Eigenheiten des fränkischen Idioms für den nächsten Lacher heranziehen muss, ist die Frage. So steht hier, was überall steht: Dass der Lothar doof ist, weil er doof ist.

  3. habitha sagt:

    Loddar hätte gut daran getan,...
    Loddar hätte gut daran getan, die Ausstrahlung der Sendung zu verbieten. Wegen der EM ist er doch gerade im Aufwind. Ich hab doch bestimmt nicht als einzige gemerkt, dass der als Fernsehexperte auf alle Fälle mehr taugt als Beckenbauer.
    Aber totale Ironie: Bei Lanz beklagte er sich vor ein paar Tagen bei Töpperwien, Strunz und anderen darüber, dass er keinen Trainerjob mehr bekommt (vor allem nicht in der BuLi). Einhellige Meinung: sein Privatleben ist Schuld…

  4. ThorHa sagt:

    Mir tut der Mann ehrlich leid,...
    Mir tut der Mann ehrlich leid, man müsste ihn vor sich selber schützen. Er war ein grossartiger Fussballer, bevor er dem Medienhype aufsass, ein Prominenter müsse auch dann prominent bleiben, wenn der einzige Grund für seine Prominenz entfallen ist. Und als Journalist bei VOX würde ich mich nur noch schämen … Ach, ich vergass, Medienleuten ist dieses Wort unbekannt.
    Gruss,
    Thorsten Haupts

  5. Raoul sagt:

    Der Unterhaltungswert von...
    Der Unterhaltungswert von Loddar und seinem Dessous ist nun endgültig auf Testbild-Niveau angelangt, wobei dieses farbenfroher, durchdachter und eine Prise Intellekt aufwies.

  6. evm sagt:

    Also Programmdirektor könnte...
    Also Programmdirektor könnte ich nicht werden: Ich fand diese Matthäus-Soap genauso gut oder schlecht, wie all die anderen Promi-Soaps.
    Das größte aller Rätsel wurde nur leider wieder nicht beantwortet: Wieso machen die das? Warum machen die sich derartig zum Affen? Am Geld kann es doch nicht liegen. Ich verstehe es nicht…..

  7. Thomas sagt:

    Im Prinzip ist Lothar...
    Im Prinzip ist Lothar Matthäus eine tragische Figur, da er nichts aus seinen unzähligen Fehlern lernt, und diese immer und immer wieder wiederholt.
    Eigentlich könnte er einem fast leid tun, andererseits stimmen Eigen- und Fremdwahrnehmung bei ihm nicht überein, um es mal vorsichtig auszudrücken.
    Das er von der deutschen Bevölkerung nur noch als Witzfigur wahrgenommen wird, liegt nicht an seinem Verhalten, sondern an der Berichterstattung.
    Er möchte gemocht und respektiert werden und versteht einfach nicht, warum ihm weder das eine noch das andere zuteil wird. Das ist der Grund, warum er eine Doku-Soap über sich drehen lässt, vermute ich mal

  8. Lelila sagt:

    Wenn schon Fränggisch...
    Wenn schon Fränggisch schreiben, dann richtig:
    „Bolsdern, Dekoradzion, Debbich verlegen, Dapezieren“)

  9. Fritz sagt:

    Gerade weil er ein schiefes...
    Gerade weil er ein schiefes Selbstbild hat ist er so unterhaltsam. Erst der Freundin befehlen (!), dass sie ohne Strumpfhose bei -17° raus soll und dann wenn sie erkältet ist davon, sie anmeckern, dass Frauen „ja unten rum immer nackt sind“. Das ist grandios. Wenn auch unfreiwillig. Oder die missglückten Eier der Freundin unterschieben und sich selbst welche machen. Dabei auch heldenhaft die Pfanne vor Kritik schützen“Es ist nicht die Schuld der Pfanne, ich hätte auch eine ander nehmen können“.
    Hier wird kein medienunerfahrener nach Drehbuch vorgeführt, deshalb bin ich bestens unterhalten.
    Die bisher einzige Promidoku, die ich gesehen habe und ich werde wohl auch weiterschauen.

  10. Katja sagt:

    Loddar : BITTE BITTE verschon...
    Loddar : BITTE BITTE verschon uns doch endlich mit Deinem extrem nervigen Beziehungsscheiss, Frauen denen Du niemals das Wasser reichen kannst – weil Du immer noch mit dem unten „little Lothar“denkst und die Frauen haben zwar kein hohes IQ aber gerissen und clever im Sinne von „der Loddar macht mich beruehmt“ sind sie alle … Du denkst das Du Dich damit profilierst aber Du raffst es einfach nicht : Sorry: Dein IQ ist 10? Du bist einfach nur peinich …

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