Das Fernsehblog

Was alles furchtbar nervt an der hervorragenden Talkshow "Roche & Böhmermann"

„Nicht mal wenn man dabei ist, kann man die Sendung ertragen.“
(Ferris MC)

Dieser Vorspann schon! Die tolle Badabadabadabada-Titelmusik! Die Rauchschwaden-Empfänglichkeit der Kulisse! Der Helmut-Kohl-Ansager! Die Einspieler, bei denen man gleichzeitig hinsehen und zuhören muss! Der liebevoll-ruppige Umgang mit den Gästen! Der Alkohol! Diese Toleranz auch gegenüber der größten Spaßbremse! Und die fast schon unheimlich intimen Nachbesprechungen am Schluss! „Roche & Böhmermann“ bei ZDF.kultur ist unbestreitbar die beste Talkshow, die es derzeit im deutschen Fernsehen (und Internet!) gibt. Man muss schon sehr in den Krümeln suchen, um da überhaupt was Negatives zu finden. Aber: hey, dafür gibt’s doch das Fernsehblog.

Und deshalb steht an dieser Stelle jetzt: Was alles furchtbar nervt an der hervorragenden Talkshow „Roche & Böhmermann“.

Der ewige Live-Gag
Wir senden doch live, gackern Charlotte Roche und Jan Böhmermann permanent in die Aufzeichnung hinein, wenn wieder irgendein Gast nicht geschnallt hat, dass seine Platte „morgen“ erscheint oder eine neue Sendung „in dieser Woche“ startet, weil bei „Roche & Böhmermann“ ja „heute“ immer schon Samstag (im Internet) oder Sonntag (im Fernsehen) ist, selbst wenn die komplette Staffel schon seit einer kleinen Fernsehewigkeit im Kasten ist. Der Running Gag mit der live gesendeten Aufzeichnung ist schon so alt, dass er bloß noch humpeln kann. Außerdem müssen Witze, die Harald Schmidt schon in Grund und Boden gestandupt hat, irgendwann auch mal in Ruhe gestorben sein dürfen. Sofort damit aufhören!

Die Lanz-Anhimmelung
Es gehört zu den Grenzerfahrungen im Leben jedes „Roche & Böhmermann“-Fans, sich mindestens einmal anzusehen, wie ungeheuer wohl sich die beiden als Gäste in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ gefühlt haben (nämlich hier: leider gerade nicht in der ZDF-Mediathek). Dass L. im Gegenzug auch mal bei „Roche & Böhmermann“ vorbeigeschaut hat, war jedenfalls deutlich harmloser anzusehen. Wenn jetzt aber keine „Roche & Böhmermann“-Sendung mehr vergeht, in der die Moderatoren das Publikum ungefragt mit ihrem Ödilanzkomplex belästigen, geht das fernsehhygienetechnisch doch ein bisschen weit. Böhmermann spricht von einem „heimlichen Liebesverhältnis“, möchte auch gerne so „respektvolle Überleitungen“ wie L. erlernen, erklärte öffentlich: „Wir sind beide so Fan von deiner Sendung, wirklich“, und Roche erklärte: „Wir reden wirklich in jeder Redaktionssitzung darüber, wie wir die Sendung so hinkriegen, dass sie so wird wie bei dir“ (also von L.). Kein Problem: Licht anmachen, den Gästen Fragen vorlesen, die sie schon in Zeitungsinterviews beantwortet haben, und den Lanz’schen Spreizsitzschritt üben. Dann aber auch echt jetzt! Oder: Sofort damit aufhören!

Der Brit-Mythos
Im Laufe der ersten anderthalb Staffeln von „Roche und Böhmermann“ hat sich fälschlicherweise der Mythos etabliert, Jan Böhmermann hätte die Sat.1-Vera Britt Hagedorn in der allerersten Sendung „fertig gemacht“ und sie wegen ihrer ekligen Sendungen („Britt“, „Schwer verliebt“) in die Mangel genommen. Richtig ist: Jan Böhmermann hat in der allerersten Sendung versucht, Britt Hagedorn wegen ihrer ekligen Sendungen fertig zu machen – und nachdem die ziemlich peinlich immer bloß Konterfragen stellte, um auszuweichen, stotternd klein beigegeben anstatt echte Antworten einzuforden. Kann ja mal passieren. Aber Böhmermanns Image als Rächer der Verarschten ist eben doch bloß – ein Mythos. Sofort damit aufhören!

Die Planlosigkeit
Wenn Alexander-Kluge-Kumpel Peter Berling erzählen soll, wie es dazu gekommen ist, dass er mal die Totenmaske von Rainer Werner Fassbinder in einem Jutebeutel durch Venedig getragen hat, und Berling das dann auch bereitwillig zu erzählen beginnt, hilft es ungemein wenig, wenn irgendein Trottelmoderator mit der Aufmerksamkeitsspanne eines Kabel-1-Programmplaners dazwischen grätscht und sich nachher nicht mehr erinnert, dass die Geschichte noch gar nicht zu Ende gebracht worden ist. (Beispielfall.) Sofort damit aufhören!

Die Gimmick-Fixierung
Mitten in der Sendung die schreckliche neue „Beckmann“-„taff“-Kulisse einzureißen und dem schockerstarrten Publikum wieder das alte „Roche & Böhmermann“-Schummerstudio zurückzugeben (Video), ist eine ganz fantastische Idee – die sich in den darauffolgenden Shows natürlich nur schwer übertreffen lässt. Wenn man’s mit einem erfundenen Softdrinksponsor (Video) und einer reingeschnittenen Blue-Box-Promikommentierparade (Video) trotzdem versucht, kann das nur eines bedeuten: Sofort damit aufhören! (Oder tollere Gimmicks erfinden.)

Die Vorbereitungsverweigerungs-Angeberei
Argumente, die Charlotte Roche dafür hat, dass es eine gute Idee sein könnte, sich auf Gäste nicht vorzubereiten und damit anzugeben: 1. „Muss man aber auch nicht, jetzt mal ehrlich. Für ein Interview in der Talkshow. Fällt doch nicht auf, fällt nicht auf.“ 2. „Das ist doch das Ziel der Sendung: dass wir keine Promo-Gespräche führen. Da wo ich herkomme, haben wir immer total schleimige Promogespräche geführt. Das war früher. Das will ich halt nicht mehr.“ 3. „Ich denk, wir machen keine Sendung, wo nachher alle sagen: Ah ja, toll, danke, tschüß.“ 4. [Unsicherer Blick.] 5. „Talkshomoderatoren bereiten sich alle nicht vor.“ – Mal kurz überlegen, ob das a) überzeugend oder b) wenigstens lässig ist. Nicht? Dann: Sofort damit aufhören!

Soweit die Krümel. Und jetzt: weitermachen! Ganz lange noch, bitte.

Screenshot: ZDF.kultur

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