Heute weiss ich schon am Nachmittag, was ich am Abend essen werde. Das ist ungewöhnlich, die Verpflegung während des Festivals ist normalerweise lausig, ein Sandwich zwischendurch, ein paar Salzstangen am Schreibtisch, eine Banane spät am Abend. Aber heute kam mittags eine Email von Elektrolux. Für mich ist das eine Firma, die Staubsauger herstellt, in meiner Familie gab es keine anderen für sehr lange Zeit. Wie ich aus dieser Email erfuhr, macht die Firma auch Herde und alles, was man zum Kochen braucht, und das war der Hintergrund.
Es ging nämlich um das Gala Dinner, mit dem der kulinarische Teil des Festivals nach dem großen Filmauftakt mit dem „Großen Gatsby“ beginnt. Nicht, dass ich immer eingeladen wäre, aber in diesem Jahr schon, nicht per Email natürlich, sondern per Karte im Umschlag mit handgeschriebener Anrede. Gastgeber ist Gilles Jacob, der Präsident des Festivals und eine weltweite Legende, kann man inzwischen sagen, der Mann ist fast 83, die Coen-Brüder nennen ihn “Onkel” und Lars von Trier “Dad”. Eine Einladung von ihm heisst: Nie absagen, größtmögliche Garderobe, hohe Schuhe. Juwelen wären schön, habe ich aber nicht zur Hand. In dieser Email von Elektrolux nun, deren entscheidenden Inhalt, nämlich die Menüfolge, ich erst nach Ablauf der Sperrfrist um 23.30 Uhr (dann geht das Essen los) erzählen darf, wurden die Köche vorgestellt, die für die 648 Galagäste kochen werden. Sterne-Köche selbstverständlich, Anne Sophie Pic und Bruno Oger, die, wie ich erfuhr, in ihren Michelin-Star-gekürten Restaurants an denselben Herden und mit denselben Utensilien kochen wie heute Abend und an vielen weiteren Festivalabenden in dem prächtigen weißen Festzelt am Strand von Cannes.
Es ist wahrscheinlich schwierig herauszufinden, mit welcher Art von Essen selbst so gekrönte Köche die Ansprüche von Leonardo DiCaprio, Tobey Maguire und all den anderen Stars des Eröffnungsfilms, die selbstverständlich kommen werden, von Steven Spielberg, Nicole Kidman, Ang Lee, Christoph Waltz und den anderen Juroren und uns Amöben, die wir auch essen dürfen, zu erfüllen. Ich jedenfalls bin zufrieden. Verraten darf ich wohl eins: Kein Fleisch!