
Muss ich ein Wort über das Wetter verlieren? Alle reden davon, weil es in den letzten Jahren so viel geregnet hat. Aber dieses Jahr: herrlich! Sonne jeden Tag, und wenn es noch einen Tick wärmer würde, sähen wir auch mehr Bikinis. Es gibt ja allen Ernstes Menschen, die während des Filmfestivals nach Cannes in Urlaub fahren. Und dann in Massen über die Promenade schlendern und sich die Hälse Richtung Strände der Strandlokale verrenken, weil da möglicherweise … ja, wer eigentlich? – im Badezeug zu sehen sein würde. Dabei sind doch alle angezogen am schönsten.
Ein Dauerbrenner wie das Wetter ist jährlich die Frage: Wo sind eigentlich die Deutschen in Cannes? Es gibt Kollegen, die finden das eine bedenkenswerte Frage, und es gibt die Presseleute von Förderinstitutionen und einzelnen Projekten, die sehr großen Wert darauf legen, dass es nicht heißt: Wieder keine Deutschen in Cannes! Obwohl doch eine Menge Ko-Produktionen an den Start gehen, in denen ihre Gelder stecken, oder im Kurzfilmprogramm Filme von Deutschen auftauchen oder von Abgängern deutscher Filmschulen. Mich interessiert diese nationale Sicht auf die Dinge nicht besonders, was auch meine Haltung zu Orchestern oder Fussballmannschaften ist. Ich finde, Hauptsache, sie spielen vortrefflich, und das Filmemachen hat sich von solchen nationalen Überlegungen sowieso schon längst verabschiedet. Warum würden sonst regionale deutsche Fördergelder in, nur zum Beispiel, einen dänischen Film wie „Nymphomaniac“ fließen, der auf englisch gedreht wurde? Dennoch, for the record und weil es wirklich toll ist: der Kurzfilm „Torn“ der Regisseure Engin Kundag und Elmar Imanov, beides Absolventen der ifs in Köln, wird in der nächsten Woche in der Reihe „Quinzaine des réalisateurs“ gezeigt, und das soll keinesfalls verschwiegen werden. Und ich erinnere auch gern nochmal daran, dass Elmar Imanov 2012 den Studenten-Oscar gewonnen hat für seinen Film „The Swing of the Coffin Maker“.
Überhaupt hört man erstaunlich viel von den Deutschen hier. „Teuton Youth Seize the Day“ war ein Artikel in einem Branchenblatt überschrieben, und darin ging es um den Hunger Hollywoods auf eine neue Generation deutscher Filmemacher, Regisseure vor allem, und namentlich erwähnt wurde zum Beispiel Christian Ditter und Maximilian Erlenwein, dessen Film “Stereo” in Deutschland gerade angelaufen ist. Martin Moszkowicz von Constantin Film, der dieses Jahr offenbar als Gesprächspartner sehr gefragt ist, erklärte den Vorteil deutscher Filmemacher im selben Artikel mit der Qualität der Filmschulen und dem problemlosen Zugang zu Fördergeldern für den ersten Film. Überall auf der Welt (außer vielleicht in Frankreich, wo die Situation ähnlich ist) ist der Neid auf die großzügige Filmförderung groß, deshalb gibt es ja soviele Ko-Produktionen.
Die Deutsche Veronika Ferres ist übrigens auch in Cannes. Nicht am Strand, sondern bei verschiedenen Parties wird sie erwartet. Die neueste Nachricht von ihr: Sie wird mit John Travolta und Salma Hayek in einem Film spielen. „Germany`s Veronica Ferres Joins ,A Three Dog Life`“ lautete die Überschrift in „Variety“. Na also. Wir sind doch da.